Editorial

Zurück zur staatlichen Regulierung


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2009/02

     

Die grossen Schweizer Kantone wie Zürich, Genf, St. Gallen oder Basel wollen ihre Haushalte möglichst rasch mit einem Glasfasernetz versorgen. Doch der Ausbau der Netze erfolgt alles andere als friedlich, es tobt ein regelrechter Streit zwischen den Elektrizitätswerken und den Telekom-Unternehmen. Und auch die ziehen nicht an einem Strang, sondern bekämpfen sich. Allen voran Sunrise und Orange, die einmal mehr gegen den scheinbar übermächtigen Ex-Monopolisten Swisscom wettern.

Bereits im vergangenen August hatte Swisscom verlauten lassen, dass man in Basel, Genf und Zürich pro Liegenschaft vier Glasfasern einziehen will. Eine will man exklusiv selber nutzen, der Rest soll interessierten Mitbewerbern zum Kauf oder zur Miete angeboten werden. Das Open-Access-Modell mit nur einer Glasfaser, wie es beispielsweise das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (EWZ) plane, käme nicht in Frage.


Der Ursprung des Streites liegt also bei der Anzahl Glasfasern. Swisscom will die Infrastruktur nicht nur bauen, sondern darauf auch direkt eigene Dienste wie Telefonie oder Internet anbieten. Die Elektrizitätswerke der verschiedenen Städte hingegen wollen die Infrastruktur lediglich bereitstellen und sie den verschiedenen Telekomanbietern zu gleichen Bedingungen zur Verfügung stellen. So soll ein Monopolnetz von Swisscom verhindert werden. Der diskriminierungsfreie Zugang für alle Dienstleister könne nur so gewährleistet werden, argumentierten die Elektrizitätswerke. Zudem reiche die Kapazität der Leitungsrohre nicht für vier Glasfasern.

Die Industriellen Werke Basel (IWB) lehnen eine Investitionspartnerschaft mit Swisscom zum Aufbau eines Glasfasernetzes nicht per se ab, ganz im Gegensatz zu Zürich. Die IWB führen laut eigenen Angaben Gespräche mit allen Marktteilnehmern. Am Verhandlungstisch sitzen neben Swisscom unter anderem auch Sunrise und Cablecom. Das hiess es zumindest Mitte Dezember noch in einer Mitteilung. Nun droht die Situation allerdings zu eskalieren. Eine für Ende Januar anberaumte Sitzung der IWB wurde von Orange und Sunrise boykottiert und auch das EWZ sah von einer Teilnahme ab. Die Unternehmen sind verärgert, weil sich die halbstaatliche Swisscom bereits im Vorfeld mit den staatlichen IWB zu bilateralen Gesprächen getroffen hat. Dabei soll man sich auf das von Swisscom favorisierte Modell mit mehreren Glasfasern pro Liegenschaft geeinigt haben, welches sowohl von Sunrise als auch Orange und dem EWZ als diskriminierend eingestuft wird. Die IWB streiten eine Absprache mit Swisscom im Vorfeld der Sitzung derweil ab, es sei noch alles offen. Nun steht man wieder am Anfang der Verhandlungen, im März soll ein weiterer Gesprächsanlauf mit allen Marktteilnehmern genommen werden.

Die Fronten sind verhärtet. Trotz runder Tische der Eidgenössischen Kommunikationskommission (Comcom), die die Glasfasernetz-Installationen in den Schweizer Haushalten koordinieren will, um Doppelspurigkeiten zu vermeiden, nähern sich die verschiedenen Wettbewerber nicht an. Dabei scheinen sie allerdings den zentralen Punkt aus den Augen zu verlieren: die Kunden. Die Comcom plädiert bislang vergeblich für einen standardisierten, fairen Zugang für alle Anbieter, damit die Kunden die freie Wahl zwischen den verschiedenen Breitbandangeboten und Diensten haben.

Die Teilnehmer im Streit um die Glasfasernetze betonten derweil fleissig weiter, dass sie an Kooperationen interessiert sind. Allerdings scheint niemand von seiner Position abweichen zu wollen, was konstruktive Verhandlungen und Gespräche auch in Zukunft erschweren dürfte. Eine staatliche Regulierung wäre im Sinne der Kunden vielleicht doch nicht die schlechteste Lösung. (abr)


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