Erfolgsfaktoren bei der Personaleinsatzplanung

Die Aufgabe der Ressourcenplanung scheitert immer wieder an überzogenen Erwartungen. Entscheidend ist die Erkenntnis, dass die unterschiedlichen Welten von Projektleitern und Linien-Managern nach differenzierten Ansätzen bei der IT-Unterstützung verlangen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2020/07

     

Seit Unternehmen existieren, sind die Planung und Steuerung der finanziellen Ressourcen als Grundaufgaben des Managements anerkannt. Wenn es jedoch um den Mitarbeitereinsatz geht, navigieren viele Unternehmen auch heute noch im Blindflug. Dabei ist die richtige Dimensionierung und Steuerung der personellen Ressourcen in unserer projektgetriebenen Welt zu einem zentralen Erfolgsfaktor geworden. Nicht zuletzt die Coronakrise führt uns vor Augen, welche Bedeutung der vorausschauenden, dynamischen Planung der Ressource Mensch zukommt.

Ressourcenplanung in der Matrixsituation

Beim Ressourcen-Management geht es darum, das Angebot (die personelle Kapazität) mit der Nachfrage nach Ressourcen – der über alle auszuführenden Arbeiten resultierenden Belastung – in Einklang zu bringen.

Ressourcenplanung ist Teil der Projektplanung. Ein Projekt wird sein Ziel nur dann erreichen, wenn es über die erforderliche personelle Ausstattung verfügt – dies sowohl quantitativ als auch in Bezug auf die Qualifikation der Teammitglieder. Vor allem aber ist Ressourcen?-Management eine Disziplin des Projektportfolio-Managements. Ressourcenplanung aus Sicht der Organisation führt erst dann zu einer verwertbaren Aussage, wenn diese sämtliche Projekte sowie alle laufenden Geschäftsaufgaben einschliesst. Denn Projekte finden selten auf der grünen Wiese statt, sie sind – überwiegend matrixartig – eingebettet in eine bestehende Organisation.
Projekte wetteifern um die begrenzten Ressourcen, die im Unternehmen zur Verfügung stehen. Dabei gilt es, den Mitteleinsatz so zu optimieren, dass der grösstmögliche Nutzen für das Unternehmen ­resultiert. Durch zielgerichtete Projekt­priorisierung und die richtige Dimensionierung der personellen Kapazitäten sollen Engpässe oder Überkapazitäten vermieden werden. Wer diese Aufgabe konsequent angeht, wird die Ziele in den Projekten besser erreichen, Kosten reduzieren, aber auch das Vertrauen und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden erhöhen.


Ressourcenplanung in der Matrixsituation spricht zwei grundlegend verschiedene Dimensionen und Informationsbedürfnisse an. Da ist auf der einen Seite die Welt des Projektleiters, der seine ganze Aufmerksamkeit und Energie auf sein Vorhaben richtet. Er strukturiert das Projekt, plant Termine und Kosten und fordert Kapazitäten und Kompetenzen für sein Projekt an. Der grössere Kontext interessiert ihn unmittelbar wenig. Ihm steht der Linien-Manager gegenüber, der dafür sorgt, dass sein Team oder die Abteilung das vielfältige Aufgabenportfolio – operatives Geschäft und Projektarbeit – mit der verfügbaren personellen Ausstattung bestmöglich bewältigt. Engpässe will er frühzeitig aufdecken und beheben. Und er möchte wissen, welche Kapazitäten und Kompetenzen er mittel- und längerfristig benötigt, um die Abteilungsziele zu erreichen.

Es ist diese Matrixkonstellation von Linie und Projekt mit den unterschiedlichen Interessen, die zur gefürchteten Komplexität der Ressourcenplanung führt. Der Wettstreit zwischen Projektbedürfnissen und Linienaufgaben birgt ein naturgegebenes Konfliktpotenzial. Die Herausforderung, sowohl in organisatorischer Hinsicht als auch in Bezug auf die Konzeption von Software, ­besteht nun darin, diese beiden Dimensionen, Projekt und Linie, gewinnbringend zusammenzuführen.

Die drei Dimensionen der Ressourcenplanung

Dass die Ressourcenplanung mit der Tabellenkalkulation schnell an Grenzen stösst, liegt zu einem guten Teil an den drei Dimensionen, die es dabei abzubilden gilt:

Was: die Projektdimension, die sich in der Liste von Projekten, in Arbeitspaketen, aber auch in Aufgaben aus dem operativen Geschäft manifestiert,

Wer: die Ressourcendimension, beinhaltend Personen und Organisationseinheiten,

Wann: die Zeitdimension (in den Einheiten Tage bis Jahre).

Die Dimensionen lassen sich sehr anschaulich mit dem Ressourcenplanungs-Würfel visualisieren.

Das Ressourcenplanungssystem muss diese drei Dimensionen gleichwertig bedienen. Excel fühlt sich naturgemäss in zwei Dimensionen wohl, die dritte erfordert umständliche und fehleranfällige Hilfskonstruktionen. Idealerweise bietet ein professionelles System die Sicht auf den Datenwürfel aus allen drei resultierenden Perspektiven an – die Frontal- und die Seitenansicht sowie die Sicht von oben.

Das Konzept der zwei Welten

Mancher Manager träumt vom totalintegrierten Projekt- und Projektportfolio-Management-System, das sämtliche Anforderungen, Rollen und Dimensionen ohne Wenn und Aber vereint. Soll mit dem System auch die Ressourcenplanung abgedeckt werden, dann wird es jedoch beim Traum bleiben müssen. Wird dies ignoriert, dann verkehrt sich der Traum in den Albtraum. Die vollintegrierte Planung über sämtliche Ebenen der Projekt- und der Organisationsstruktur unter Ausschaltung aller Datenredundanzen ist eine Fiktion. Die Zahl an gescheiterten Versuchen, denen der Autor bisher begegnet ist, lässt hier keine Zweifel offen. Die Probleme gründen vor allem in der organisatorischen Komplexität. Konkret:

- Projektleiter und Linienvorgesetzte stellen fundamental unterschiedliche Anforderungen an das System. Projektleiter wünschen sich eine geschützte Umgebung für die einfache und transparente Projektplanung, in der sie Projekttermine und gegebenenfalls Projektkosten flexibel managen können. Linien-Manager benötigen Transparenz über das Projekt- und Aufgabenportfolio in ihrer Organisationseinheit sowie deren Ressourcenauslastung.


- Die Verantwortung für den Personaleinsatz über sämtliche Projekte und laufende Geschäftsaufgaben liegt bei den Linienvorgesetzten. Wird die Ressourcenplanung an die Projektleiter delegiert, resultieren inkonsistente oder überholte Planungen. Führt auch nur ein einziger Projektleiter seine Planung nicht konsequent, resultieren falsche Belastungsdaten und in der Folge Fehlentscheide.

- Die Ressourcenplanung auf der Ebene von Projektvorgängen oder Tasks, wie sie im integrierten System angedacht ist, erfordert einen gigantischen Planungs- und Aktualisierungsaufwand.

- Überlastsituationen, die Massnahmen erfordern, lassen sich nicht durch dezentral agierende Projektleiter klären und bereinigen. Dies ist die Aufgabe des Linien-Managements.

Als Antwort auf diese Erkenntnisse wurde das «Konzept der zwei Welten» entwickelt. Bei diesem wird bewusst ein Schnitt zwischen dem Projektportfolio-Management und der Ressourcenplanung einerseits und der Projekt-Detailplanung andererseits gelegt. Während die Projektplanung bis auf die Ebene von Vorgängen (klassisches Projekt-Management) oder Tasks (agil) heruntergebrochen wird, findet die Ressourcenplanung auf einer groben Ebene der Projektstruktur – etwa Phasen oder Releases – statt. Die Abstimmung von Projektplanung und übergeordneter Ressourcenplanung bleibt primär eine kommunikative Aufgabe zwischen Projektleitern und Linienvorgesetzten. Eine «weiche» systemtechnische Integration der beiden Ebenen, etwa der Wechsel zwischen diesen via einfachen Mausklick, muss dabei nicht ausgeschlossen bleiben.

Wer versucht, die Ressourcenplanung über das gesamte Projektportfolio auf die Ebene von Tasks oder Vorgängen herunterzubrechen, wird ebenso schnell wie hart auf dem Boden aufschlagen. Unzählige Flops und Enttäuschungen bei der Einführung von Projekt-Management-Systemen lassen sich auf unrealistische Erwartungen und fragwürdige Integrationsfantasien zurückführen, häufig ermuntert durch praxisfremde Expertenmeinungen oder Consulting-Leistungen. Das Schadenpotenzial in finanzieller und qualitativer Hinsicht ist immens.

IT-Systeme für Ressourcen-Management

Das Konzept der zwei Welten wirkt sich naturgemäss stark auf das Design von Projekt- und Projektportfolio-Management-Systemen aus. Die gute Nachricht: Wer, wie die meisten Organisationen dies tun, die Projekt-Detailplanung getrennt vom Projektportfolio-Management und der Ressourcenplanung betreibt, braucht sich nicht zu verstecken. Microsoft Project für die Ablauf- und Terminplanung des Projekts und Excel für die Ressourcenplanung des Teams sind kein fragwürdiges Tandem. Wer das Ressourcen-Management für mehr als nur eine Handvoll Personen auf ein professionelles Level heben möchte, wird sich indessen mit dem Ersatz der Tabellenkalkulation durch ein professionelles Projektportfolio-Management-System mit überzeugender Ressourcenplanungsfunktion befassen müssen.

Wie gezeigt, lässt sich die Multiprojekt-Ressourcenplanung mit konventionellen Projekt-Management-Tools wie etwa Microsoft Project nicht bewältigen. Wer die Bedürfnisse des Linien-Managements und der Geschäftsleitung abdecken will, benötigt ein System, das sich des Managements des gesamten Projektportfolios annimmt. In Bezug auf die Funktion der Ressourcenplanung, von Experten als die Königsdisziplin des Projekt- und Projektportfolio-Managements bezeichnet, sind dabei unter anderem die folgenden Fähigkeiten zu fordern:


- Die Anwendung stellt nicht das Projekt, sondern das gesamte Projektportfolio ins Zentrum.

- Eine mehrstufige Organisationsstruktur ist abbildbar.

- Die Einlastung geplanter Aufwände kann wahlweise verteilt (automatisiert) zwischen Start- und Endtermin oder direkt (manuell) auf der Zeitachse erfolgen.

- Neben den Plan- lassen sich auch Ist-Daten abbilden, sei dies via integrierte Zeiterfassungsfunktion oder den Import aus dem ERP- oder Zeiterfassungssystem.

- Über die Plan- und Ist-Daten hinaus bietet das System ein Aufwand-Controlling mit Prognosedaten und Abweichungen gegenüber den Ursprungs-/Budgetwerten.

- Soll über das Ressourcen-Management hinaus auch das Projektportfolio-Management umfassend unterstützt werden, müssen Plan- und Ist-Kosten sowohl in Bezug auf die eingesetzten personellen Ressourcen als auch auf Sachkosten sowie die Verwaltung von qualitativen Daten wie Projektstatus, Beschreibung, Beurteilungen, notwendige Entscheide et cetera abgebildet werden können.

Wer vom Gedanken des integralen Systems für alle Ebenen des Projekt- und Projektportfolio-Managements nicht ablassen mag, sollte in der Liste der Features die Unterstützung des Zwei-Welten-Ansatzes fordern, bei dem auf die harte Verbindung von Detailplanung und Ressourcenplanung verzichtet wird. Die Autonomie des Projektleiters bleibt bei dieser weichen Integration gewahrt, während sich seine Welt und jene der Linienvorgesetzten annähern, was die Kommunikation fördern kann. Unter den Begriff der Personaleinsatzplanung fällt nicht nur die Ermittlung von Kapazitäten und Belastungen von Personen und Teams. Auch der dispositive Einsatz von Mitarbeitern etwa auf Baustellen oder bei der Abdeckung von Support- oder Service-Aufgaben ist Teil dieser Disziplin. Auf dem Markt werden Systeme angeboten, die den Schwerpunkt auf diese Anforderung legen.

Neben den funktionalen Anforderungen ist der einfachen Bedienung durch den normalen Anwender höchste Priorität einzuräumen. Die Möglichkeit, das System an die Bedürfnisse der Organisation und des Benutzers anzupassen, ist in dem Zusammenhang zentral.

Prozesse und Organisation

Die Einführung eines passenden Ressourcen-Managements ist ein anspruchsvolles Projekt. Die Evaluation und Auswahl einer geeigneten IT-Applikation muss mit der zweckmässigen Gestaltung der Prozesse und Organisation einhergehen. Das verbreitete Paradigma «Tools Follow Process» ist in diesem Fall zu relativieren. Zwar stehen auch bei der Ressourcenplanung die Prozesse grundsätzlich über der Software. Doch der Pilotbetrieb eines Tools kann umgekehrt dazu beitragen, Prozesse praxisgerecht zu gestalten und potenzielle Probleme und Fragestellungen aufzudecken. Der Testbetrieb kann so als Katalysator wirken.

Der folgende Fragenkatalog zu den Grundlagen und zur konzeptionellen Seite der Ressourcenplanung kann den Gestaltungsprozess unterstützen:


- Wie erfolgt die Planung und Steuerung der Projekte aktuell? Welches sind die Probleme, welches die Potenziale?

- Welche Ziele werden mit der Einführung eines professionellen Ressourcen-Managements verfolgt?

- Welche Erfahrungen machen benachbarte Abteilungen oder befreundete Unternehmen mit dem Thema?

- Wie gestaltet sich die Rollenteilung zwischen Projektleitern und Linienvorgesetzten?

- Welche Aufgaben sind zentral, zum Beispiel durch ein Projektportfolio-Management-Office, durchzuführen oder zu unterstützen?

- Welcher Zeithorizont wird mit der Planung abgedeckt und wie weit in die Zukunft ist die Planung verbindlich?

- Und zentral: Wie soll der Planungsprozess von der Projektidee über die Ressourcenplanung bis zu den Abstimmungs-Meetings auf Management­-Ebene gestaltet werden?

In die Evaluation und den dringend anzuratenden Pilotbetrieb des oder der potenziellen Systeme sollten vor allem die Durchschnittsanwender eingebunden werden. Es sind primär sie, nicht die Power User, die mit dem System klarkommen müssen. Diese sollten für die Teilnahme an der Testphase gesucht, umworben und aktiv gewonnen werden.

Bei dem Projekt sind aber auch einige wichtige Aspekte zur kulturell-psychologischen Dimension zu beachten. So müssen die Mitarbeitenden mit Blick auf eine erfolgreiche Einführung rechtzeitig und glaubhaft über das Vorhaben informiert und in geeigneter Form einbezogen werden. Der Angst, dass mit der Einführung der Lösung für die Betroffenen hauptsächlich Risiken, Druck und Überwachung resultieren, ist aktiv zu begegnen. Wer diese Anregungen beachtet, wird die Chancen auf ein erfolgreiches Ressourcen-Management wesentlich erhöhen.

Erfolgreiches Ressourcenmanagement – in Kürze

Das Linien-Management ist sich seiner führenden Rolle bei der Ressourcenplanung bewusst und übernimmt in dieser Aufgabe aus Überzeugung den Lead.

- Die Vereinbarungen zwischen Projekt und Linie in der Matrixsituation werden von beiden Partnern als Vertrag verstanden und gelebt.

- Die Ressourcenplanung erfolgt auf einer groben Planungsebene.

- Die Trennung der Ressourcenplanung von der Einzelprojekt-Detailplanung ist kein Versagen, sie zeugt von Weisheit.

- Das Tool fokussiert auf das Projektportfolio- und Ressourcen-Management, nicht auf die Planung des einzelnen Projekts.

- Die Gegenüberstellung von Plan und Ist wird als Basis für ein «Learning on the Project Portfolio» verwendet.

- Die Prozesse, Rollen und Standards sind zweckmässig definiert, werden durchgesetzt und gelebt.

Der Autor


Heinz Scheuring ist Inhaber des Unternehmens Scheuring in Möhlin, das Consulting und Schulung sowie mit dem Produkt Ressolution eine Softwarelösung für Projekt(portfolio)- und Ressourcen-Management anbietet. Er ist Autor von Fachbüchern, darunter «Radikale Business Software, nichts als dem Nutzen verpflichtet».


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Vor wem mussten die sieben Geisslein aufpassen?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER