Editorial

Ein Brett vor dem Kopf oder wieso niemand auf das iPad gewartet hat


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2010/03

     

Da ist es nun also, Apples sehnlichst erwartetes Tablet. Was von den Apple-Jüngern so lang herbeigesehnt wurde, lässt bislang grosse Begeisterungsstürme schmerzlich vermissen. So sieht unser Kolumnist Daniel Meierhans den möglichen Erfolg des iPad allenfalls als E-Reader (lesen Sie dazu mehr auf S. 40). Ich persönlich würde das Apple-Gerät nicht einmal dafür einsetzen. Zu einem wahren Lesegenuss gehört für mich ein richtiges Buch. Auch schlafe ich beim Lesen ständig ein. Was zur Folge hat, dass mir regelmässig das Buch aufs Gesicht fällt – bei einem iPad eine wohl eher schmerzhafte Erfahrung. Oder stellen Sie sich vor, Sie liegen am Strand mit dem iPad. Wie mühsam ist es doch, ständig darauf zu achten, dass ja kein Sand und kein Salzwasser auf oder in das Gerät gelangen. Auch übermässige Sonneneinstrahlung sollten Sie vermeiden – zuviel Wärme schadet Ihrem teuren Spielzeug. Und würden Sie sich überhaupt ins Wasser getrauen, ohne Angst, ihr heissgeliebtes – und hoffentlich noch nicht heissgelaufenes – iPad könnte gestohlen werden?



Nun ja, jedem das Seine. Nicht bestreiten lässt sich aber, dass sich anlässlich der Swisscom-Pressekonferenz zur Lancierung des iPhone in der Schweiz im Sommer 2008 hunderte Schweizer Journalisten in den kleinen Hiltl-Club in Zürich drängten, und das notabene um Mitternacht, währenddem sich die Apple-Fans vor dem Swisscom-Shop seit Stunden die Beine in die Füsse standen, um zu den ersten offiziellen iPhone-Besitzern zu gehören. Dass die Lancierung des iPad einen ähnlichen Ansturm auslöst, ist schwer denkbar.



Während die meisten Apple-Produkte bislang unweigerlich mehr oder weniger erfolgreiche Nachahmer – man denke da zum Beispiel an den «iPod-Killer» Zune aus Redmond – auf den Plan gerufen haben, ist dies beim iPad wohl erstmalig nicht so. Diesmal scheinen die Neider in der Minderheit zu sein. Microsoft-Gründer Bill Gates lies gar verlauten, dass er beim iPad nicht denke: «Mist – Wieso hat nicht Microsoft dieses Produkt entwickelt?». Beim iPhone war das damals noch ganz anders. Doch was hat Apple beim iPad falsch gemacht?



Das iPad schliesst die Lücke zwischen Smartphone und Notebook, so das vollmundige Versprechen von Apple-Guru Steve Jobs. Ob die Lücke zuvor wirklich existiert hat, sei dahingestellt. Eines ist allerdings klar: Um eine neue Produktekategorie erfolgreich lancieren zu können, muss das erste Gerät einschlagen wie eine Bombe. Das iPad ist dazu aber zu wenig revolutionär.



Zu verärgern scheint die möglichen User vor allem, dass Flash nicht unterstützt wird. Ja, auch das iPhone kann damit nicht dienen, ist aber ansonsten unschlagbar, weshalb ihm die Anwender dieses Manko verzeihen. Ebenso störend für den wirklich effizienten Gebrauch der Apple-Flunder ist die fehlende Multitasking-Fähigkeit. Heutzutage sind sich die User gewohnt, mehrere Anwendungen gleichzeitig zu bedienen. Und da ist ja noch der etwas seltsam anmutende Name sowie der mögliche Rechtsstreit mit Fujitsu um ebendiesen, die Apple und seinen Fans die Freude am iPad vermiesen könnten. Vor allem Frauen aus dem englischen Sprachraum können sich ein Grinsen angesichts der Namenswahl nämlich wohl nur schwer verkneifen. Pad steht im Englischen auch für Slipeinlage, was die Fantasie von zahlreichen Tweetern und Bloggern angeregt hat: Die kleinere Version des iPad könnte man dann iTampon nennen.





(abr)


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