Gut brauchbar, aber kein Sharepoint-Killer

Mit Google Sites erstellt man in Rekordzeit eine Website mit überraschend vielfältigen Möglichkeiten - eine echte Alternative zur MOSS-Plattform ist der Dienst jedoch nicht.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/17

     

Nachdem Google den Hosted-Wiki-Anbieter Jotspot übernahm, war dessen Dienst unter dem neuen Namen Google Sites zunächst nur für die zahlenden Google-Apps-Kunden zugänglich. Heute steht Google Sites der Allgemeinheit offen: Jeder Inhaber eines Google-Kontos kann nach Herzenslust Websites mit jeweils 100 Megabyte Speicherplatz einrichten. Gleichzeitig hat der neue Inhaber den Dienst general­überholt und in die Google-Servicelandschaft integriert.


Website, sekundenschnell

Mit Google Sites erstellte Websites können wahlweise der Internetallgemeinheit zur Verfügung gestellt oder nur für bestimmte Benutzer freigegeben werden, die man dazu per E-Mail einlädt. Nur der Site-Inhaber benötigt einen Google-Account, Viewer (nur ansehen) oder Collaborator (Seiten erstellen und editieren) können über beliebige Mail-Adressen eingeladen werden.
Das Aufsetzen einer Site ist mit wenigen Mausklicks erledigt: Nach dem Einloggen mit einem Google-Account und einem Klick auf «Create New Site» erscheint ein Formular zur Angabe von Site-Name und Kurzbeschreibung und zur Auswahl eines von derzeit 23 vorgegebenen Farbschemata. Bereits in diesem ersten Schritt legt man ausserdem fest, ob die Site öffentlich oder nur für eingeladene Teilnehmer zugänglich sein soll und ob sie allenfalls «mature content» enthält – dies zeigt, dass Google mit dem umgestalteten Dienst vermehrt auch Privatanwender anzielt.
Das Layout ist standardisiert und nur bedingt anpassbar: Wahlweise links oder rechts neben dem zentralen Inhaltsbereich wird eine Sidebar angezeigt, die neben dem Navigationsmenü auch eine Liste der letzten Änderungen, einen Countdown-Tageszähler sowie beliebige Textblöcke enthalten kann. Zuoberst erscheint ein Header, der den Site-Namen und optional zusätzlich ein Logo präsentiert.
Die Option «Site Settings» erlaubt darüber hinaus zwar die Einstellung der Sidebar-Breite und der Header-Höhe sowie der Gesamtbreite in Prozent der Fensterbreite. Auch Hintergrundfarben und -bilder für die verschiedenen Seitenbereiche lassen sich einstellen. Der Seitenaufbau an sich lässt sich hingegen nicht weiter verändern. Einzig beim Inhaltsbereich lässt Google Sites die Wahl zwischen ein- und zweispaltiger Darstellung.


Fünf Seitenarten

Nach dem Erstellen besteht eine Google-Site aus einer einzigen Seite vom Typ «Webpage»: Mit Hilfe eines Rich-Text-Editors lassen sich darauf Texte, Bilder, Tabellen, Hyperlinks zu internen und externen Seiten erfassen sowie Inhalte aus anderen Google-Diensten einbinden (Dokumente, Spreadsheets, Präsentatio­nen, Picasa-Alben und Kalender). Die Google-Inhalte werden bei jedem Aufruf der Seite aktualisiert, aber im Read-only-Modus präsentiert – bearbeiten kann man sie nur in der ursprünglichen Google-Anwendung. Über spezielle Gadgets lassen sich auch dynamisch generierte Informationen von anderen Seiten der Site anzeigen, zum Beispiel eine Liste der fünf letzten Beiträge.
Zusätzliche Seiten erstellt man mit einem Klick auf «Create Page». Die Seite wird je nach Wunsch entweder auf der ersten Navigationsebene oder als Subpage einer bestehenden Seite angelegt. Google Sites ermöglicht neben Webpages vier weitere Seitenarten:



- Ein Dashboard präsentiert ein vordefiniertes Gitter mit vier Positionen, in denen sich beliebige Google-Gadgets plazieren lassen. Gadgets lassen sich via Insert-Menü auch auf einer gewöhnlichen Webpage anbringen – nur halt eben nicht in einer präparierten Dashboard-artigen Gitteranordnung.




- Auf einer Announcement-Seite erscheint als Erstes nur ein Button zum Erfassen eines neuen Beitrags. Sobald Beiträge vorhanden sind, werden sie im Blog-Stil samt Datum, Zeit und Name des Erfassers untereinander angezeigt. Wie auf Webpages können auch auf Announcement-Seiten zusätzlich Attachments und Kommentare angefügt werden. Der Unterschied: Kommentare und Attachments sind hier jeweils einem bestimmten Beitrag zugeordnet und nicht der ganzen Seite.



- Ein File Cabinet fasst Links zu hochgeladenen Dateien in einer Liste zusammen. Im Gegensatz zu den Attachments auf gewöhnlichen Webpages kann hier zu jedem File auch eine Kurzbeschreibung erfasst werden. Eine File-Cabinet-Seite zeigt allerdings nur diejenigen Dateien an, die über die Seite selbst hochgeladen wurden. Eine Liste von Attachments, die auf anderen Seiten angehängt wurden, lässt sich damit nicht anzeigen.



- Beim Erstellen einer Seite vom Typ List bietet Google Sites die Wahl zwischen drei Vorlagen mit passenden Feldern für Pendenzenverwaltung, Problembehandlung und Statusverfolgung – diese Optionen stammen vom Vorgänger Jotspot und sollen einfaches Projektmanagement ermöglichen. Mit einer vierten Option lassen sich Listen mit beliebig vielen Feldern pro Eintrag frei zusammenstellen. Neben Textfeldern sind auch Datums- und URL-Felder sowie Checkboxen und Dropdown-Menüs zur vereinfachten Dateneingabe möglich.



Bei allen Seitentypen speichert Google Sites nicht nur den aktuellen Stand samt Zeitstempel, sondern auch frühere Versionen. Sie lassen sich über einen Link einsehen und bei Bedarf wieder als aktuelle Seite anzeigen. Ein integriertes Tool, das hinzugefügte und gelöschte Stellen markiert, erlaubt zudem den Vergleich von zwei beliebigen Versionen.


Schwachstelle Integration

Der Gratis-Dienst Google Sites ist ein überraschend vielseitiger Webbaukasten, mit dem sowohl Privatanwender als auch Teams in Firmen und Organisationen ohne HTML-Kenntnisse eine brauchbare Website zusammenstellen können.
Eine wichtige Eigenschaft von Team-Sites ist die Integration mit den übrigen IT-Anwendungen, die von den Teammitgliedern eingesetzt werden. Die Messlatte setzt hier wohl Microsofts Sharepoint-Server, der die nahtlose Office-Einbindung ermöglicht und Schnittstellen zu anderen IT-Systemen bietet. Google Sites ist hier klar unterlegen: Direkt einbinden lassen sich nur Inhalte von anderen Google-Services. Sogar den bei Jotspot noch vorhandenen Word- und Excel-Import hat Google entfernt – Office-Dokumente lassen sich nur indirekt präsentieren, indem man sie zuerst in Google Docs, Spreadsheets oder Presentations importiert und dann einbindet. Ein weiteres Jotspot-Feature, das Google gestrichen hat, ist die Möglichkeit, Beiträge via E-Mail nachzuführen.
Ein «Sharepoint-Killer», wie der Dienst in der Blogosphäre gelegentlich positioniert wird, ist Google Sites sicher nicht. Neben den fehlenden Integrations- und der deutlich weniger flexiblen Konfigurationsmöglichkeiten trägt dazu nicht zuletzt auch die generelle Skepsis der CIOs gegenüber den Google Apps bei.

(ubi)


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