cnt
Sichere Datenverarbeitung - 15 Meter unter der Erde
Quelle: Swiss IT Magazine

Sichere Datenverarbeitung - 15 Meter unter der Erde

In Nottwil betreibt Hosttech ein Colocation-Datacenter in einem ehemaligen ­Militärspital. Der hochsichere Bunkerkomplex eignet sich geradezu ideal als Server-Standort.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2025/09

     

Der Eingang ist unscheinbar. Von aussen ist die unterirdische Infrastruktur ohnehin kaum auszumachen, zudem weist kein grosses Firmenlogo auf den Standort hin. Wer also nicht weiss, was sich hier unter Tage befindet, läuft leicht am Beton-Tor vorbei, das sich am Rande von Nottwil (LU) zwischen Parkplatz und Bauernhofgelände befindet und auch zu einem Versorgungstunnel des nahegelegenen Schweizer Paraplegiker-Zentrums (SPZ) gehören könnte.

Und selbst wer den Eingang kennt (immerhin macht Betreiber Hosttech kein Geheimnis aus der Location): Ohne Kontrolle geht hier wenig. Zutrittsbadge, Handvenenscanner und Personenvereinzelungsanlage mit Gewichtsabgleich – erst wer sich zweifelsfrei identifizieren kann und so die mehrstufige Sicherheitsschleuse überwindet, erhält Einlass in den Datarock von Hosttech. Zugang auf anderem Wege? Schwierig bis unmöglich. Immerhin liegen die Server-Räume des Datacenters 15 Meter unter der Erde, sind Teil eines weitläufigen unterirdischen Bunkerkomplexes, der zwischen der Fertigstellung 1991 und dem Jahr 2012 als Militärspital diente. Die Tunnel und Räume erstrecken sich über fast 9000 Quadratmeter und vier Stockwerke, boten einst vier Operationstische und 500 Patientenplätze, waren bei Mobilmachung für über 500 Mitarbeitende vorgesehen.


Zum ursprünglichen Zweck musste das Militärspital jedoch (glücklicherweise) nie eingesetzt werden. Stattdessen stand es dem direkt angrenzenden SPZ als erweiterter Nutzungsraum zur Verfügung, zudem diente es später auch als provisorisches Rekrutierungszentrum sowie ab 2012 übergangsweise als Asylzentrum. Sprich: Der gesamte Komplex blickt auf eine bewegte Geschichte.

Nutzung als Rechenzentrum

Heute erinnern immer noch Türschilder, übriggebliebenes Mobiliar und die unverkennbar robust-praktische Militär-/Spitaloptik vieler Räume an die Vergangenheit. An anderer Stelle dominieren hingegen mittlerweile Serverracks das Bild. Denn bereits 2018 zog Hosttech mit in die Bunkeranlage und sicherte sich 3000 Quadratmeter im dritten Untergeschoss des Komplexes für den Auf- und Ausbau seines zweiten eigens betriebenen Datacenters. Zuvor befanden sich auf dieser Ebene die Personalunterkunft mit den dazugehörigen Nebenräumen, das Spitalkommando, die Küche mit Ess- und Lagerräumen, die Wäscherei sowie die technischen Räume. Heute sind es wiederum mehrere Serverräume, USV, Kühlsystem, Besprechungsräume, eine kleine Werkstatt und gar eine grössere Location für Veranstaltungen (inkl. Liegestühlen, Plastikpflanzen und Kunstrasenauskleidung).

Für den Schweizer Provider war es ein absoluter Glücksgriff, wie Christoph Mayer, bei Hosttech als Strategic Partner Manager für die DACH-Region tätig, im Interview erklärt. Der Standort in der Innerschweiz gilt als sicher, es gibt theoretisch keine Naturgefahren. Der Bunker dient darüber hinaus als faradayscher Käfig, schützt vor Überspannung und Blitz­einschlägen, zudem ist er bomben-, erdbeben- und überschwemmungssicher, verfügt über Wände aus 60 Zentimeter dickem Stahlbeton, die einer Druckwelle von bis zu 3 bar standhalten können. Das bringt laut Mayer einen weiteren Vorteil mit sich: in Kombination mit einer jeweils unabhängigen Stromversorgung und Datenanbindung lässt sich Redundanz vor Ort abbilden, da jeder Raum weitestgehend abgeschirmt vom nächsten ist. «Jeder Server-Raum ist wie ein eigener Standort», berichtet Mayer.


Zudem bringt auch die Nachbarschaft einen Trumpf mit sich. Das Datarock-Rechenzentrum ist neben einer eigenen USV, die Energie für 51 Minuten in Vollast liefern kann, mittlerweile an die Notstromgeneratoren des SPZ angeschlossen. Und da Spitäler sowie Militär im Falle einer Krise und Ressourcenknappheit Vorkaufsrecht beim Bezug von Benzin beziehungsweise Diesel haben, würden die Server selbst noch laufen, wenn der Betrieb an anderer Stelle schon längst stillsteht, bekräftigt der Hosttech-Experte. «Die Server laufen immer weiter, bis Ultimo.» Andererseits profitiert aber auch die Spezialklinik vom Nachbarn. Denn sie erhält einen Teil der benötigten Wärmeenergie über die Abwärmenutzung (via Wärmetauscher) des Datacenters. Gepaart mit der Stromversorgung rein aus Wasserkraft soll Datarock so auch Nachhaltigkeitsanforderungen genügen.

Aufwendiger Umbau in Eigenregie

Mühelos war der Einzug in das Militärspital für den Provider jedoch nicht. Zwei Jahre hat der Umbau gebraucht, vieles haben die Hosttech-Mitarbeitenden selbst in die Hand genommen, bis hin zur Gestaltung der Meetingräume. Nur in wenigen Fällen, bei Stromversorgung und Kältetechnik, waren externe Dienstleister involviert. Entsprechend stolz spricht Christoph Mayer über das Rechenzentrum – und mutmasst, dass dieser hohe Umbauaufwand letztlich auch der Grund gewesen sein könnte, warum andere Interessenten trotzt der attraktiven Rahmenbedingungen abgesprungen sind.


Hosttech konnte über Nottwil hingegen nicht nur seinen ersten Datacenter-Standort, den Datapark in Wädenswil, entlasten, sondern zudem ein hochsicheres Rechenzentrum errichten, das mittlerweile Colocation-Server von über 30 Kunden (vom KMU bis zum Grossunternehmen) wie Behörden, von Spitälern und Anwaltskanzleien beherbergt, sowie ­Hunderte eigene Server des Virtual Datacenters. Zugesicherte Verfügbarkeit der Location: 99,998 Prozent. Denn hundertprozentige Sicherheit ist laut Mayer schlicht nicht möglich – selbst wenn Data­rock bisher keine relevanten Ausfälle zu vermelden hat. Gleichzeitig zeigt sich Hosttech selbstbewusst. Denn der Anbieter bezieht die zugesicherte Verfügbarkeit auf den Monat und nicht etwa auf das gesamte Jahr, wie so manch anderer Anbieter – was schlussendlich wenigen Minuten pro Monat statt potenziell rund einer Stunde pro Jahr entspricht.

Wachstum über Schweizer Grenzen hinaus

Hosttech will sich aber nicht nur durch hohe Sicherheit und Verfügbarkeit auszeichnen, auch die Zusammenarbeit mit dem lokalen Provider spielt eine entscheidende Rolle, wie Mayer gegenüber «Swiss IT Magazine» erklärt. Ob kurze Reaktionszeiten, schnelle Einrichtung von Servern und Colocation-Hardware (fünf bis sieben Stunden), direkter Support, transparente, faire Preisgestaltung oder auch ein Sofa für den Powernap eines Kunden mit langer Anreise: Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist laut Mayer wichtiges Ziel des 2004 von Manuel Kälin und Marius Meuwly gegründeten Schweizer Unternehmens. Möglich wird das auch durch die Eigenständigkeit von Hosttech. Der Provider ist nicht über Investoren finanziert, kann daher im eigenen Tempo wachsen und die Rahmenbedingungen ohne externen Einfluss bestimmen. «Wir wachsen nicht im Eiltempo, sondern kontinuierlich», so Mayer. Das bietet dem Provider wiederum die Möglichkeit, nicht nur rein zahlenzentriert zu agieren, sondern auch mit Blick auf die Kundenbedürfnisse.

Dabei kann sich Hosttech nicht über fehlendes Wachstum beklagen. Heute betreut das Team rund 70’000 Privat- und Unternehmenskunden im DACH-Raum, unter anderem mit Produkten und Services in den Bereichen Webhosting, dedizierte und virtuelle Server sowie Colocation – und expandiert mit diesem Angebot immer weiter auch über die Schweizer Grenzen hinaus. Mittlerweile gibt es Standorte in Salzburg und Berlin. Und seit kurzem betreibt Hosttech eigene Serverinfrastruktur in der deutschen Hauptstadt, um sich im Nachbarmarkt stärker zu positionieren. «Mit unserem neuen Serverstandort sagen wir der deutschen Konkurrenz den Kampf an», verkündete CEO Marius Meuwly. «Als Anbieter ohne eigene Infrastruktur in Deutschland war es bisher eine Herausforderung, mit den hiesigen Preisen mitzuhalten.» Das soll sich nun ändern, und zwar mit einem klaren Werteversprechen: «Bei Anbietern mit Sitz in den USA oder China kann die volle digitale Souveränität nie gewährleistet werden, auch wenn diese Server-Standorte in Europa betreiben. Als reines DACH-Unternehmen können wir unseren Kunden diese Sicherheit bieten.»


Dafür sorgen ohne Frage auch die 60 Zentimeter dicken Stahlbetonwände in Nottwil. Ausreichend Raum für Expansion bietet das Datacenter ohnehin noch. Der Komplex ist ausladend. Statt 500 Patientenbetten bietet er heute – zumindest im dritten Untergeschoss – bis zu 1500 Serverracks Platz. Und die Nachfrage steigt, bekräftigt Mayer. Dafür sorge eben auch die aktuelle Diskussion rund um in­frastrukturelle Unabhängigkeit, Datensouveränität und Datenschutz. (sta)


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Was für Schuhe trug der gestiefelte Kater?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER