«Swiss IT Magazine»: Im April sorgte eine Meldung für Aufsehen, wonach sich 60 IT-Mitarbeitende bei Brack.Alltron auf ihre bestehenden Stellen neu bewerben mussten. Was war die Idee hinter dieser Massnahme?
Tobias Quelle: Unser gesamtes Unternehmen befindet sich aktuell in einer umfassenden Transformation. Auch in der Geschäftsleitung gab es in den letzten neun Monaten einige neue Gesichter – ich selbst habe Anfang Januar als CIO begonnen. Vor diesem Hintergrund war es notwendig, auch die IT neu aufzustellen. Ich bin seit über elf Jahren in der Softwareentwicklung tätig und habe Erfahrung darin, moderne IT-Organisationen effizient zu strukturieren. Dies haben wir nun umgesetzt. Im Frontstage-Bereich, also rund um den Onlineshop, haben wir die Teams entlang der Customer Journey organisiert. Dabei ist es aus IT-Sicht zunächst irrelevant, ob der Kunde ein B2B- oder B2C-Kunde oder ein Lieferant ist – entscheidend ist, dass wir uns konsequent an deren Bedürfnissen orientieren.
Was heisst das konkret?Es gibt nun beispielsweise dedizierte Teams für die Produktsuche oder den Checkout. Gleichzeitig haben wir im Backstage-Bereich – also in Bereichen wie Commercial, Logistik oder Finance – ebenfalls entlang der Wertschöpfungskette reorganisiert. Ziel war es, mit kleinen, cross-funktionalen Teams eine wesentlich höhere Kundenorientierung zu erreichen. Wir mussten uns zudem auf einige strategische Punkte fokussieren. Ein Beispiel: Wir hatten zwei verschiedene Shop-Systeme im Einsatz – eines wurde in Krakau entwickelt, das andere hier in Mägenwil und Zürich. Das war weder effizient noch zukunftsfähig. Daher verfolgen wir nun die klare Strategie, auf eine einheitliche Onlineshop-Technologie zu setzen und die Migration entsprechend voranzutreiben. Ein weiterer strategischer Fokus liegt auf den zentralen Funktionen entlang der Wertschöpfungskette. Wir haben dafür eigene Teams für den Einkauf, für Kundendaten, für Pricing sowie für die Partnerintegration geschaffen. Denn Kundenorientierung beginnt bereits beim Einkauf: mit guten Sortimenten, hoher Verfügbarkeit und attraktiven Preisen. Das war ein bewusster strategischer Shift – der auch zusätzliche personelle Ressourcen notwendig machte. Wir haben all das in den ersten drei Monaten des Jahres gemeinsam mit den Teams in Workshops konkretisiert. Das Zielbild, das ich vorgegeben habe, war: Kleine, schlagkräftige, cross-funktionale Teams mit klarer End-to-End-Verantwortung. Die Teams sollen eigenverantwortlich Ideen umsetzen können.
Doch warum mussten sich die Personen ihres rund 120-köpfigen Teams neu bewerben?Nach der Kommunikation des Zielbilds Ende März wurden in der IT insgesamt 36 Jobprofile definiert – wovon es rund 80 Prozent bislang nicht gab. Die neuen Profile sind stärker auf fachliche Themen wie Pricing, Suche oder Checkout fokussiert und mit erheblich mehr Verantwortung ausgestaltet als bislang. Im April konnten sich alle internen Mitarbeitenden melden und ihre Präferenzen angeben. Das war kein formeller Bewerbungsprozess, sondern lief unkompliziert über Teams oder E-Mail. Wir gaben rund drei Wochen Zeit für Rückmeldungen, die meist in Form eines kurzen Einzeilers mit Priorisierung erfolgten: etwa «Ich möchte Fullstack-Entwickler mit Fokus Infrastruktur und Back-end im Team Suche sein.» In über 85 Prozent der Fälle konnten wir diese Wünsche auch erfüllen. Mitte April haben wir die neuen Führungskräfte bestimmt – immer mit dem Versprechen, dass interne Bewerbungen Vorrang haben. Das haben wir auch konsequent so umgesetzt. Doch uns war es wichtig, frühzeitig eine Bewerber-Pipeline aufzubauen.
Tobias Quelle
Tobias Quelle ist seit Anfang 2025 als CIO für Brack.Alltron tätig und sitzt auch in der Geschäftsleitung des Unternehmens. Vor seinem Wechsel war er gut sechs Jahre bei Digitec Galaxus als Head of Product Onlineshops & User Experience tätig. Davor war Tobias Quelle viele Jahre bei Otto.de – unter anderem in leitender Funktion im Bereich Softwareentwicklung – sowie bei Schiesser beschäftigt. Der 45-jährige Familienvater verfügt über einen Abschluss in Betriebswirtschaft mit den Schwerpunkten Controlling sowie Strategisches Management.
Gab es Mitarbeitende, die sich in keinem der neuen Profile wiederfanden?
Ja, es gab einzelne Fälle, bei denen sich Personen entschieden haben, das Unternehmen zu verlassen, weil sie sich in den neuen Rollen nicht mehr gesehen haben. Daneben haben wir mit Freelancern gearbeitet, insbesondere in Krakau, was wir im Zuge der Umstrukturierung ebenfalls neu bewertet haben. Durch die bevorstehende Migration der beiden Onlineshops sinkt kurzfristig unser Bedarf an Mitarbeitenden im Bereich Online-Shop, während wir gleichzeitig mehr Kapazitäten in den Bereichen Commercial, Logistik und Partnerintegration benötigen. Wir haben deshalb einen Abgleich zwischen den vorhandenen Kompetenzen und dem künftigen Bedarf vorgenommen.
Und wie haben Sie die einzelnen Schritte an die Mitarbeitenden jeweils kommuniziert?
Zentral für die Kommunikation war unser zweiwöchentlicher IT-Infotermin – jeweils donnerstagmorgens. Dort haben wir alle Beteiligten regelmässig über den Fortschritt informiert. Natürlich gab es Phasen der Unsicherheit – nach sechs Monaten ohne CIO war das nachvollziehbar (Anm. d. R.: Marcel Rassinger, der die Rolle zuletzt innehatte, verliess das Unternehmen Mitte 2024). Aber durch die transparente und iterative Vorgehensweise konnten wir Vertrauen aufbauen und schliesslich am 3. Juni offiziell mit der neuen Organisation starten – mit 18 agilen, cross-funktionalen Teams.
Gleichzeitig suchen Sie in der IT aber weiterhin Mitarbeitende? In welchen Bereichen suchen Sie? Und wie schwierig gestaltet sich die Suche?
Wir planen, mittelfristig von 120 auf 150 IT-Mitarbeitende zu wachsen. Momentan haben wir 22 offene Stellen ausgeschrieben. Im Data-Science- und Machine-Learning-Umfeld erhalten wir erstaunlich viele gute Bewerbungen – da sehen wir keinen Fachkräftemangel. Auch für konzeptionelle Rollen, etwa als Product Lead mit fachlicher Verantwortung, haben wir sehr positive Resonanz. Unsere Transformation zieht Talente an, die Lust auf Herausforderungen und Gestaltungsfreiräume haben. Mein Credo lautet «Power to the Teams» – alle Führungskräfte unterstützen die Teams bestmöglich. Das leben wir auch in den Stelleninseraten. Etwas schwieriger ist es derzeit bei den Entwicklern, besonders in den Commercial-Teams. Hier suchen wir noch aktiv, weil wir in diesen Bereichen zuvor keine dedizierten Ressourcen hatten. Themen rund um Einkauf, Produktdaten oder Finance mit IT-Bezug sind momentan unsere grösste Baustelle.
Die Reorganisation wurde in relativ kurzer Zeit umgesetzt. Warum diese Eile?
Tatsächlich hatten die meisten Business-Bereiche ihre eigene Reorganisation bereits abgeschlossen – und warteten ein Stück weit auf die IT. Gleichzeitig schläft der E-Commerce nicht. Der Wettbewerbsdruck ist hoch, sei es durch asiatische Player oder durch Amazon, die beide Millionen von Artikeln in die Schweiz liefern. Hinzu kommen starke nationale Mitbewerber. Es war also notwendig, rasch zu handeln.
Nach nun rund sechs Monaten im Amt – gibt es heute etwas, das Sie rückblickend anders machen würden?
Ehrlich gesagt hat vieles sehr gut geklappt. Natürlich wünscht man sich bei so einem Prozess mehr Zeit. Aber es war intensiv und hat auch viel Freude gemacht, weil ich überall auf offene Ohren gestossen bin. Ich würde diesen Weg jederzeit wieder einschlagen. Vielleicht würde ich die externe Ausschreibung etwas später starten. Intern benötigten wir letztlich rund sechs Wochen, um alle Präferenzen sauber abzustimmen. Dadurch hatten externe Kandidaten in Einzelfällen zum Teil Wartezeiten von vier bis sechs Wochen, was nicht ideal war. Hier würde ich heute wohl anders planen.
Wie schwierig war es, langjährige Mitarbeitende aus den alten Strukturen abzuholen? Und wie ist die Stimmung heute?
Es gab in der IT durchaus eine Erwartungshaltung, dass etwas passieren muss – und entsprechend eine hohe Akzeptanz für die Transformation. Es gibt Mitarbeitende, die ihre Führungsrolle abgeben konnten, und nun sehr froh darüber sind. Wir konnten solche Wechsel sehr gesichtswahrend gestalten. Gleichzeitig gab es Aufstiegsmöglichkeiten: Ehemalige Entwickler haben heute Führungsverantwortung als Teamleads. Wir sind jetzt eine produktorientierte Organisation – jedes digitale Element, ob Suche, Filter oder Pricing-Algorithmus, wird als Produkt betrachtet. Für jedes Produkt gibt es einen Product Lead mit starker fachlicher Verantwortung. Das gab es vorher nicht. Früher war die IT eher ein Kostencenter, das Anforderungen abarbeitete. Heute gestaltet die IT aktiv mit und hat eine starke Stimme. Teil jedes neuen Jobprofils ist auch die Lust auf technologische Innovation.
Inwiefern hat die Reorganisation das operative Geschäft der IT in den letzten Monaten tangiert?
Das Business läuft weiter, egal wie sehr man intern mit sich selbst beschäftigt ist. Es war insofern schon ein heisser Ritt. Wir hatten im Wesentlichen drei grosse Stränge parallel zu bewältigen: bestehende Projekte, die Reorganisation und das Recruiting. Das war und ist sportlich. Umso mehr freut es mich – und macht mich auch stolz –, dass wir es dennoch geschafft haben, zentrale Projekte wie den Relaunch von Brack und auch Alltron erfolgreich umzusetzen. Parallel arbeiten wir aktuell an der technischen Konsolidierung der beiden Shop-Plattformen – was im Frontend noch nicht sichtbar ist, im Backend aber eine erhebliche Herausforderung darstellt. Darüber hinaus rollen wir ein neues IT-Service-Management für die gesamte Firma aus – für 1300 Mitarbeitende relevant, etwa bei Bugmeldungen oder Geräteaustausch. Dazu kommt der Windows-11-Rollout, der sich ebenfalls in den letzten Zügen befindet. Diese Erfolge wären ohne das Engagement der IT-Teams und die Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen nicht möglich gewesen – dafür wirklich Chapeau an alle Beteiligten.
Wie stark hat Sie persönlich diese Reorganisation beansprucht? Wie lang waren Ihre Arbeitstage im Durchschnitt?
Sehr lang. Doch es hat trotz der Belastung auch Spass gemacht, weil so viele Menschen mitgezogen haben – mit starkem Commitment aus der Geschäftsleitung, dem Verwaltungsrat und auch von Roland Brack selbst. Es war anstrengend, aber ich weiss genau, wohin wir wollen, und bin überzeugt, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben.
Wie werde ich als B2B- oder B2C-Kunde von dieser Reorganisation profitieren?
Kurzfristig bereits durch spürbare Verbesserungen in den Onlineshops – einige sind ja schon umgesetzt, weitere folgen. Mit dem Rebranding konnten wir auch auf der User-Experience-Seite einiges bewegen. Mittelfristig werden die neuen Teams deutlich schneller, effizienter und innovativer arbeiten. Das wird sich in weiteren sichtbaren Verbesserungen für unsere Kundinnen und Kunden zeigen, rund um das Sortiment, die Verfügbarkeit oder das Pricing.
Sie haben erwähnt, dass der Onlineshop bislang teils in Krakau, teils in Mägenwil entwickelt wurde und dass nun eine Vereinheitlichung geplant ist. Was bedeutet das konkret?
Bisher gab es tatsächlich zwei verschiedene Shop-Technologien, die parallel entwickelt wurden – eine für den B2B-, eine für den B2C-Bereich. Für eine IT unserer Grösse ist das schlicht nicht effizient. Beide Lösungen hatten ihre Berechtigung und waren gut, aber zwei parallele Entwicklungen verursachen unnötigen Aufwand in Wartung und Weiterentwicklung – zumal es sich um unterschiedliche Technologien und Programmiersprachen handelte. Nun haben wir cross-funktionale Teams im Einsatz, die jetzt sowohl für B2B als auch für B2C verantwortlich sind. Beispielsweise arbeitet das Such-Team nun gemeinsam an Lösungen für beide Plattformen – denn es macht keinen Sinn, die gleiche Funktion wie die Suche oder den Checkout doppelt zu entwickeln.
Gibt es für die Migration der beiden Shop-Plattformen einen Zeitplan?
Intern arbeiten wir mit einer agilen Vorgehensweise, sodass es kein festes extern kommuniziertes Datum gibt. Unser Plan ist, möglichst schnell voranzukommen, ohne dabei den Mehrwert für die Kunden aus den Augen zu verlieren.
Wird die Migration für Ihre Kunden spürbar sein – im B2B- oder B2C-Bereich?
Nicht direkt. Das Ziel ist, dass die Umstellung für die Kunden möglichst unsichtbar bleibt. Wir haben sowohl im B2B- als auch im B2C-Bereich sehr gute Shops. Technologisch werden wir uns künftig stärker an der moderneren B2C-Plattform orientieren, die auf Microservices basiert. Damit können wir effizienter arbeiten und neue Funktionalitäten flexibler ausrollen. Gleichzeitig bleiben bewährte B2B-Elemente wie Registrierung und Checkout bestehen – ohne Einschränkungen für die Nutzenden.
Welche weiteren Projekte stehen auf Ihrer Roadmap?
Alle Teams entwickeln aktuell ihre eigenen Roadmaps in enger Abstimmung mit den Business-Abteilungen. Ein strategischer Schwerpunkt in den nächsten drei bis vier Monaten ist unter anderem die Weiterentwicklung unserer Einkaufs- und Pricing-Algorithmen, um die Skalierbarkeit und Effizienz zu erhöhen. Ein weiteres grosses Thema sind unsere Produktdaten. Ein Onlineshop steht und fällt mit der Qualität seiner Produktinformationen – für die interne Nutzung ebenso wie für externe Marketing-Feeds. Wir arbeiten derzeit an Proof of Concepts mit KI-basierten Modellen zur Produktdatenanreicherung. Auch die Logistik ist für uns ein zentraler Schwerpunkt. Hier bauen wir unsere Teams weiter aus. Parallel beschäftigen wir uns intensiv mit dem Ersatz unseres bestehenden ERP-Systems – einer älteren Microsoft-Navision-Lösung. Dieses System ist zwar noch stabil im Betrieb, aber technologisch nicht mehr zukunftsfähig. Unser Ziel ist, uns schrittweise davon zu entkoppeln und moderne, flexible Lösungen einzuführen – auch das ist ein hochkomplexes Vorhaben, bei dem wir gewissermassen am offenen Herzen operieren.
Sie haben KI erwähnt. Welche konkreten Einsatzfelder haben Sie für KI bei Brack.Alltron bereits gefunden?
KI ist bei uns unternehmensweit bereits in verschiedenen Bereichen im Einsatz. Ein Beispiel ist der Kundendienst: Hier nutzen wir Lösungen von Typewise, einem Schweizer Start-up. Dabei werden KI-gestützt Textbausteine für die schriftliche Beantwortung von Kundenanfragen vorgeschlagen – das steigert die Effizienz deutlich und vereinheitlicht die Antworten. Auch in der Produkterfassung und -beschreibung kommt KI zum Einsatz: Ein grosser Teil unserer Produkttexte wird bereits automatisiert erstellt, ebenso wie die Anreicherung von Produktdaten. Besonders sichtbar wurde KI im Rahmen unserer jüngsten Marketingkampagnen: Ich glaube, wir waren das erste Schweizer Unternehmen, das eine so breit angelegte und schnell umgesetzte KI-generierte Werbekampagne lanciert hat.
Sie meinen damit die neuen, KI-generierten Plakatmotive, korrekt?
Genau. Und dahinter steckt viel mehr, als einfach «auf einen Knopf drücken.» Tatsächlich waren über ein Dutzend Personen unserer Agentur sowie intern daran beteiligt – mit verschiedenen Tools und viel Feinarbeit. Das hat gezeigt, dass KI keine Arbeitsplätze ersetzt, sondern Tätigkeiten verändert. Die Kampagne brachte uns enorme Geschwindigkeit und ermöglichte es, tausende Werbemittel in kürzester Zeit in unterschiedlichsten Formaten zu erstellen. Ein weiteres KI-Beispiel ist unser Brack-Produktberater, der bereits seit vor meiner Zeit auf einem LLM basiert. Hier stellen wir uns aktuell spannende Fragen: Wie bereit sind unsere Kunden, mit solchen KI-Bots zu interagieren? Wie sollte die User Experience gestaltet sein? Dabei loten wir aus, ob die Suche und der Bot separate oder integrierte Elemente sein sollen. Auch da wird in nächster Zeit noch einiges kommen. Darüber hinaus setzen wir KI beziehungsweise Machine Learning klassisch bei Pricing-Algorithmen, Einkaufs-Algorithmen, der Produktsuche und unseren Recommender-Systemen ein. Diese ML-Modelle sind bei uns seit Jahren etabliert und werden kontinuierlich weiterentwickelt. KI als Buzzword bringt da oft wenig Neues – aber die Fortschritte bei LLMs und generativer KI eröffnen jetzt zusätzlich spannende Möglichkeiten. Ich selbst nutze KI-Tools für konzeptionelle Aufgaben als Sparringspartner im Alltag. Im Coding-Bereich bringt KI ebenfalls eine enorme Effizienzsteigerung – der Begriff Copilot trifft es hier sehr gut. Wir ermutigen unsere Teams auch, KI im Arbeitsalltag aktiv einzusetzen. Die Frage ist dabei immer: Ist die Technologie schon gut genug? Oder halluziniert sie noch zu oft? Das beobachten wir sehr genau – und die Fortschritte sind beeindruckend. Monat für Monat wird das besser.
Im April gerieten Sie ein zweites Mal in die Schlagzeilen – wegen eines vermeintlichen Hackerangriffs, der sich später als Fehlalarm herausstellte. Wie haben Sie diese Tage erlebt?
Der Vorfall ereignete sich zu einem extrem ungünstigen Zeitpunkt. Es war ein Wochenende, wir steckten mitten in der Erarbeitung unseres neuen Zielbildes für die IT. Der bisherige Leiter Security hatte vier Tage zuvor das Unternehmen verlassen, der Nachfolger war bereits rekrutiert, trat seine Stelle aber erst drei Wochen später an. Ab Montagmorgen waren wir dann im neu etablierten Krisenmodus mit einigen Teilen aus der GL, der internen und externen Kommunikation sowie meinen Technikexperten. Gerade weil unsere Hauptmarke betroffen war, war die Lage hochsensibel. Wir standen im ständigen Austausch mit einem externen Security-Dienstleister, der uns unterstützt. Am Ende stellte sich heraus, dass es sich um neu verpackte Kombolisten handelte, die keinen grösseren Schaden verursacht haben. Aber diese Woche hat mich persönlich in meiner Arbeit an der Reorganisation deutlich zurückgeworfen. Andererseits war es auch eine Art ungewollte Teambuilding-Massnahme, und das Teamwork hat sehr gut funktioniert. Trotzdem: Es war eine anstrengende Woche.
Wie stark beschäftigt Sie das Thema IT-Security grundsätzlich?
Das Thema beschäftigt mich sehr. Die Bedrohungslage ist kontinuierlich hoch, und es bleibt ein Katz-und-Maus-Spiel. Es kann letztlich jedes Unternehmen treffen – dafür gibt es genug Beispiele. Deshalb haben wir eine sehr hohe Awareness und gleichzeitig Vertrauen in unsere Systeme und Abwehrmechanismen. Wir haben für Security auch einen eigenen Bereich aufgebaut, in dem sich unsere Mitarbeitenden kontinuierlich weiterbilden und die Sicherheit proaktiv managen. Zudem arbeiten wir wie bereits erwähnt eng mit einem externen IT-Security-Partner zusammen. Dieser übernimmt unter anderem das Dark-Web-Monitoring und hat Zugriff auf unsere Systeme – etwas, das wir in dieser Tiefe und Breite rein intern nicht stemmen könnten.
Abgesehen von der IT-Security – was ist aktuell die grösste Herausforderung in Ihrem Arbeitsalltag?
Zurzeit ist es ganz klar das Jonglieren zwischen mehreren Ebenen: Wir befinden uns im neuen Setup, uns fehlen noch einige Führungskräfte, und wir starten gerade mit einer modernen IT-Organisation durch. Parallel dazu läuft das Recruiting – und gleichzeitig wollen wir kontinuierlich kundenwirksame Verbesserungen umsetzen. Im Recruiting ist mir Qualität wichtiger als Geschwindigkeit – das lässt sich aber leider nicht 1:1 auf die Produktentwicklung übertragen, dort zählt Geschwindigkeit. Gerade weil wir noch offene Stellen haben, ist es eine Herausforderung, die Menschen zu finden, die wirklich zu Brack.Alltron passen. Daneben ist es eine Herausforderung, das Tempo hochzuhalten. In einem so dynamischen Umfeld, in dem sich KI rasant entwickelt und der Marktdruck hoch bleibt, müssen wir uns unsere Daseinsberechtigung täglich neu verdienen – gegenüber unseren Kunden und im Wettbewerb. Dabei geht es um Geschwindigkeit, Innovationskraft und gleichzeitig um die Qualität im Recruiting. Das sind die zentralen Themen, die uns derzeit fordern.
Und was macht Ihnen persönlich im Job am meisten Spass?
Die Geschwindigkeit, mit der wir hier gemeinsam Dinge bewegen. Besonders Freude macht mir die Zusammenarbeit mit so vielen motivierten Menschen, die Lust haben, den E-Commerce aktiv mitzugestalten – ob im Einkauf, im Front-end oder in den Back-end-Systemen. Hier im Unternehmen stossen neue Ideen und Technologien auf offene Ohren. Wir leben das Prinzip, neue Wege zu gehen – sei es bei Tools, Technologien oder Features. Dass ich die Freiheit hatte und habe, die IT-Organisation modern und zukunftsfähig aufzubauen, ist für mich enorm spannend. Wir haben ein gutes Führungsteam und – noch wichtiger – hoch engagierte, eigenverantwortliche Teams. Mein Credo «Power to the Teams» wird hier gelebt.
(mw)
Zum Unternehmen
Brack.Alltron blickt mittlerweile auf eine über 30-jährige Geschichte zurück. Gegründet wurde die Firma 1994 von Roland Brack, der mit dem Assemblieren von Computern begann. 1998 ging Brack.ch online und läutete die E-Commerce-Ära ein. Um die Jahrtausendwende wurde das Unternehmen als Distributor aktiv, ein Bereich, der 2006 mit der Übernahme von COS (Alltron) deutlich ausgebaut wurde. Seit 2012 betreibt die Firma ein modernes Logistikzentrum in Willisau. 2024 machte Brack.Alltron – unter diesem Namen tritt das Unternehmen nach einem Rebranding seit einigen Monaten auf – einen Umsatz von 1,14 Milliarden Franken, zählte über 1,7 Millionen Kunden, davon 11’000 Fachhändler, und über 1300 Mitarbeitende.