Jan Marco Rüegg und Michael Fehr haben sich vor einigen Jahren im Rahmen ihres Baumanagement-Studiums an der Hochschule Luzern kennengelernt. Zugegebenermassen, die Anknüpfungspunkte zur Welt der IT sind hier möglicherweise nicht sofort ersichtlich. Aber Rüegg und Fehr haben damals schnell gemerkt, dass viele Prozesse im Projekt- und Portfoliomanagement der Baubranche nicht mehr zeitgemäss und effizient umgesetzt werden – vor allem mit Blick auf den über die Jahre rasant beschleunigten Informationsfluss. Ein Missstand, der sich für die Privatwirtschaft schnell zum Fallstrick entwickeln kann. Nicht nur im Sinne einer möglichen Fehlerquelle in Projekten, sondern als Kostenfaktor, wenn es im Prozess hakt und lahmt. «Die Konzepte, die wir im Studium kenngelernt haben, deckten die Bedürfnisse im heutigen, anspruchsvollen Projektmanagement nicht ab», berichtet Fehr rückblickend. «Sie haben schlicht nicht das abgebildet, was wir uns unter einem neuzeitlichen Projekt- und Portfoliomanagement vorstellen. Auf dieser Basis haben wir uns dann vertiefte Gedanken gemacht, 2017 mit ersten Ideen begonnen und das Konzept dann einige Jahre später im Rahmen der Masterarbeit zu einem Handbuch entwickelt.»
Das Potenzial der Idee war an diesem Punkt aber noch nicht ausgeschöpft. Nach ihrem Studium holten Rüegg und Fehr Entwickler Etienne Schorro an Bord, um nun die Brücken zur IT-Welt zu schlagen und das Konzept in eine Software-Lösung zu übersetzen. Und Schorro zeigte sich schnell begeistert: «Ich kenne sehr viele ERP-Systeme. Aber eine Lösung, die Portfolioübersicht und Projektmanagement von Anfang an in ein System packt; das hatte ich zuvor noch nicht gesehen.»
Hohe Modularität
Das Ergebnis der gemeinsamen Arbeit:
P-Flow, ein Hybrid aus ERP, CRM und Projekt- sowie Portfoliomanagement. Das System zeichnet sich neben seiner innovativen visuellen Gestaltung vor allem durch seinen modularen Aufbau aus. Teams können sich ihre Arbeitsoberfläche in grossen Teilen so gestalten, wie es für die eigenen Anforderungen am besten passt. Beispielsweise mit Modulen zu Kontaktdaten, Ressourcenplanung, Standorten, Terminen und Projekten. Neben vorgefertigten sind zusammen mit P-Flow auch massgeschneiderte Module umsetzbar, hinzu kommen gängige Collaboration-Funktionen und natürlich die zylinderförmige Projektübersicht als Herzstück der Oberfläche. «Am Anfang haben wir gedacht, dass wir das weitestgehend vorgeben. Dann haben wir aber gesehen, dass wir über den modularen Aufbau viel mehr Möglichkeiten zur Individualisierung haben und Mehrwerte bieten können», erklärt P-Flow-Mitgründer Jan Marco Rüegg.
P-Flow kann (im SaaS-Modell oder On-Premises) als eigenständige Lösung zum Einsatz kommen oder aber über Schnittstellen in andere Systeme wie ein bestehendes ERP integriert werden, um Daten auszulesen, zu ergänzen und sie zu aggregieren. Letztgenannte Option ist vor allem für Unternehmen interessant, die nicht auf der grünen Wiese anfangen, bereits ein ERP oder CRM betreiben und keine Migration planen. In diesen Fällen läuft P-Flow parallel als reine Lösung für das Projekt- und Portfoliomanagement. «Wichtig ist, dass P-Flow kein bestehendes ERP ablösen muss, jedoch kann. Das Ziel ist vielmehr, das Projekt- und Unternehmensmanagement wie auch die Unternehmensgesamtübersicht auf ein anderes Level zu bringen», erklärt Michael Fehr. Entsprechend flexibel zeigt sich die Lösung. Ein Kunde nutzt P-Flow beispielsweise neben den ERP mit zwei weiteren Systemen, um die Daten aus drei Quellen wertbringend zu bündeln und den Teams im Rahmen des Projektmanagements zur Verfügung zu stellen.
«Wir kommen aus dem Projektmanagement und fühlen uns dafür verantwortlich, dass die Unternehmen ihr Portfolio bestmöglich im Griff haben. Daraus ergibt sich der Mehrwert von P-Flow», bekräftigt Rüegg. Es gehe darum, Daten nicht nur darzustellen, sondern die richtigen Verbindungen zu schaffen und den Fokus auf wichtige Punkte im Projekt und Projektmanagement zu lenken.
«Wie eine Unternehmensberatung»
Mit diesem Konzept ist das junge Unternehmen aus Opfikon längst über die Baubranche hinausgewachsen. Mittlerweile stehen Kunden jeglicher Couleur und potenziell aller Branchen im Fokus der Vertriebsaktivitäten. Damit tritt
P-Flow aber auch in den Wettbewerb mit den etablierten ERP-Grössen des Marktes. Verstecken muss sich der Rookie aber nicht. Denn neben der integrativen und auf Individualisierbarkeit ausgelegten Herangehensweise kann sich das Team durch viel Flexibilität beim Kunden auszeichnen. Während Software-Anpassungen gerade für kleine Unternehmen bei der Konkurrenz oft viel Geld kosten können, verspricht P-Flow Zusammenarbeit auf Augenhöhe und schnelle Reaktionszeiten, ergänzt um den ohnehin modularen Aufbau des Systems sowie die enge Begleitung des Teams bei der Implementierung. «Bei massgeschneiderten Kundenlösungen geht es darum, einen transparenten Einblick ins Unternehmen zu erlangen, um zu prüfen, wo die Herausforderungen sind und wie man die Unternehmen mit einer bestmöglichen Lösung unterstützen kann», erklärt Michael Fehr. Jan Marco Rüegg ergänzt: «Für uns ist jedes massgeschneiderte Projekt am Anfang wie eine Unternehmensberatung. Es schult die Projektleiter und -mitarbeiter bei der optimierten Bearbeitung ihrer Projekte.»
Kontinuierlich verbessern und wachsen
Bewusst ist den Gründern aber auch, dass diese enge Zusammenarbeit mit den Unternehmen in aktueller Konstellation – sieben Mitarbeiter mit unterschiedlichen Pensen bei aktuell 20 bis 25 Kunden – bei weiterem Wachstum nicht unbegrenzt abbildbar ist. Denn schon jetzt sei es immer herausfordernder und zeitintensiv, die steigenden Anforderungen zu bewältigen, so Rüegg. «Manchmal sprechen wir bis abends um 10 Uhr und dann morgens wieder um 5 Uhr. Das gibt es nicht selten. Aber wir sind mit Herzblut dabei und ein Thema, das man gemeinsam schon seit mehr als 8 Jahren pusht, das macht einfach Spass.»
Gleichzeitig steht bei
P-Flow nun aber die Entwicklung der Organisationsstrukturen an, um das forcierte Wachstum stemmen zu können. Für das zweite Halbjahr ist der Auf- und Ausbau des eigenen Vertriebskanals geplant, auch der Weg über externe Vertriebspartner ist für P-Flow dabei attraktiv. So oder so will das Team aber stets am Ansatz festhalten, nicht nur schlicht eine Software anzubieten, sondern den Kunden den tatsächlichen Mehrwert auch in Hinblick auf die eigenen, individuellen Prozesse aufzuzeigen. Parallel dazu erfolgt aber auch eine sukzessive Standardisierung des Angebots. Einerseits durch eingespielte Prozesse und Erfahrungen aus erfolgreichen Projekten, andererseits denkt das Gründerteam aber auch über vorgefertigte Modul-Baukästen beispielsweise für Bäckereien und Elektrobetriebe nach, um entsprechenden Unternehmen möglichst schnelle Mehrwerte bieten zu können.
Ohnehin können die Gründer – trotz anspruchsvoller Arbeitstage – entspannt in die Zukunft blicken. Nicht nur ist die Basis geschaffen und die Nachfrage da, wie Rüegg berichtet, auch ist der Break-Event-Punkt des selbstfinanzierten Unternehmens bereits überschritten. Nun kann sich das Team ganz auf Optimierung, Entwicklung und Wachstum konzentrieren.
(sta)