WorldSkills führt ein Angebot von 60 Berufskampfmöglichkeiten. Jedes Mitgliedsland darf einen Teilnehmer je Beruf nominieren – muss dann aber auch einen Experten stellen. Die Experten tragen die Vorbereitungsverantwortung für die Nominierten und anderseits organisieren sie mit ihren Kollegen/-innen die Prüfungsaufgaben. Entsprechend verdienen unsere drei Experten Raffaele Stefanelli, Manuel Schaffner und Claudio Violi die Anerkennung von Verband und Firmen. Raffaele Stefanelli wurde in London für seinen langjährigen Einsatz als Experte zusätzlich geehrt: Er ist schon seit 1999 dabei.
SwissICT: Raffaele Stefanelli, Manuel Schaffner, Claudio Violi, herzlichen Dank für euren hohen Einsatz für die Berufsmeisterschaften. Ihr Einsatz hat zum guten Abschliessen unserer drei Teilnehmer geführt. Ihr Erfolg ist auch derjenige der Experten. Wie bereiten denn die Experten ihre Schweizer Teilnehmer/-innen vor?
Claudio Violi: Ich habe mit der Kandidatin Schwerpunkte ermittelt und setzte Meilensteine zur Vorbereitung. Da waren unterschiedliche Aufgaben darunter und frühere WM-Aufgaben, auch externe Schulungen bei unserem Sponsor Digicomp, Lösen von früheren Wettbewerbsprüfungen sowie persönliche Motivationsmodule.
Manuel Schaffner: Als erstes werden allfällige Lücken im erforderlichen breiten Anforderungsspektrum eruiert, gestopft und ein Trainingsplan zusammengestellt. Danach werden Aufgaben der vergangenen Weltmeisterschaften durchgearbeitet, um die Art der Aufgabenstellung kennen zu lernen. Drei Monate vor dem Wettkampf sind die Wettbewerbsaufgaben, welche direkt vor dem Wettbewerb noch um mindestens 30 Prozent geändert werden, verfügbar und werden mehrmals trainiert. Das Schwergewicht für den Experten liegt auf dem Geben von Feedback zu den erarbeiteten Ergebnissen. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Unterstützung des Arbeitgebers des Kandidaten: Die berufliche Tätigkeit sollte möglichst den Themen am Wettbewerb (HTML, CSS, JS, PHP, Design) entsprechen.
Raffaele Stefanelli: Ende 2010 wurde der Zeitplan für die Vorbereitungen festgelegt. Der Kandidat durchläuft ein eng abgestecktes Vorbereitungsprogramm. Dies fängt bei der Mitarbeit bzw. Erstellung der Testprojekte an und endet mit einer intensiven Übungswoche kurz vor dem Wettbewerb. Total bereitet sich ein Kandidat gut ein halbes Jahr auf die WM vor. Meistens findet die Vorbereitung am Abend oder am Wochenende statt, da der Kandidat seiner üblichen Arbeit nachgeht.
Wie sieht das in anderen Ländern aus?
Stefanelli: Dies ist je Land sehr unterschiedlich. Die asiatischen Länder z.B. bereiten ihre Kandidaten bis zu zwei Jahre intensiv und ausschliesslich auf den Wettbewerb vor. Den Kandidaten werden persönliche Trainer sowie die gesamte Infrastruktur zur Verfügung gestellt. Andere Länder wiederum bereiten ihre Kandidaten kaum auf die WM vor.
Violi: Viele andere Länder sehen die Berufsweltmeisterschaften wie eine Olympiade und trainieren ihre Kandidaten entsprechend. Dies bedeutet, dass sie, im Gegensatz zu uns, ausschliesslich auf dieses eine Ereignis getrimmt werden (Korea beispielsweise bis zu vier Jahre). Unsere Kandidaten üben weiterhin ihren Beruf aus und können sich lediglich zu einem gewissen Prozentsatz auf die Weltmeisterschaften vorbereiten.
Schaffner: In anderen Ländern fehlt die praktische Berufslehre und die Vorbereitung dauert meist mehr als zwei Jahre. Der Kandidat ist oft bereits an der vorhergehenden WM als Besucher dabei und trainiert danach ähnliche Aufgaben unzählige Male, auch auf Geschwindigkeit, und nimmt teils an kontinentalen Wettbewerben teil. Die Spitzenländer investieren dabei grosse Summen Geld.
Was bedeutet die WM für Sie als Experte?
Schaffner: Einerseits ist die Vorbereitung, insbesondere die webbasierte Erarbeitung der Wettbewerbsaufgaben zusammen mit den weltweiten Experten, enorm freizeitintensiv. Andererseits macht mir die Arbeit in einem internationalen Team grossen Spass - selten erlebe ich in einem andern Projektteam eine solch lösungsorientierte und konstruktive Zusammenarbeit.
Violi: Die WM ist für mich persönlich ein sehr stark emotionales Ereignis. Hier können wir Schweizer so richtig beweisen, wie gut wir in unseren Fachkompetenzen sind. Nirgends sieht man so viele höchstmotivierte Jugendliche, die sich zu hundertprozentig für ihren Beruf einsetzen.
Stefanelli: Jede Berufsweltmeisterschaft ist ein einmaliges Erlebnis. Mit Kandidaten und Experten aus unterschiedlichsten Nationen zusammenzuarbeiten kann anstrengend sein, macht aber auch viel Spass und ist in jeder Hinsicht lehrreich. Sehr interessant ist der internationale Vergleich der Fähigkeiten. Das Niveau in unserem Beruf ist sehr hoch und zeigt auf, in welche spezifischen Skills die Schweiz investieren muss und wo sie eine dominierende Rolle einnimmt.
Die Schweiz hat wieder den dritten Rang in der Nationenwertung erreicht. Was bedeutet das für Sie?
Stefanelli: Die Berufs-WM kann als internationale Messlatte betrachtet werden. Mit zu sehen und mit zu erleben, wie gut die Schweiz dabei abschneidet, erfüllt mit Stolz und zeigt auf, dass die Schweiz ein effektives und erfolgreiches Berufsbildungsmodell hat.
Schaffner: Diese Spitzenposition zeigt den Wert der Berufslehre - ganz abgesehen davon, dass Berufsleute früh im rauhen Leben stehen und täglich Mehrwert für Kunden schaffen. Mit einem Diplomrang im Webdesign konnten wir auch etwas zu dieser Nationenwertung beitragen.
Violi: Für mich keine Frage. Wir sind die Besten! Wenn sich unsere Leute gegenüber Ländern wie Korea, die vier Jahre ausschliesslich auf dieses Ereignis hin trainieren, bestätigen können, daneben aber dem ordentlichen Beruf nachgehen, so ist dies eine Glanzleistung. Das soll uns jemand nachmachen!
Noch eine Schlussbemerkung?
Schaffner: Ich möchte interessierte Lernende oder Lehrabgänger bereits jetzt dazu motivieren, an den Schweizermeisterschaften 2012 ihr Können unter Beweis zu stellen. Jede Wettbewerbserfahrung ist ein Türöffner in einer Bewerbung!
Violi: Ich bin sehr stolz auf unsere Kandidaten und hoffe, noch lange einen Beitrag an diesem Wettbewerb zu leisten.