Raubkatze mit mehr Biss

Mit OS X 10.3 alias Panther bringt Apple innert Jahresfrist eine neue Version seines Unix-basierenden Desktop-Betriebssystems mit vielen sinnvollen Funktionen und einigen Bugs zuviel.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/02

     

Bei Apple geht es Schlag auf Schlag: Kaum ein Jahr nach der Veröffentlichung des letzten Updates für MacOS X namens Jaguar wurde mit OS X alias Panther schon die nächste Raubkatze von der Leine gelassen. Während das Benutzerinterface und die Funktionalität schon von Anfang an überzeugend waren, hafteten allen bisherigen Versionen mehr oder minder gravierende Bugs an. Auch 10.3 hat vor allem in den ersten Wochen mehr Schlagzeilen durch Datenverluste als durch neue Features gemacht. Doch diese Probleme sind mittlerweile gelöst, und so ist es an der Zeit, sich einige der neuen Funktionen anzuschauen.


Look and Feel

Schon bei der Installation merkt man, dass Apple einmal mehr am Look and Feel von MacOS X gearbeitet hat. Die Titelzeilen aktiver Fenster sind jetzt im Apple-typischen "brushed metal" gehalten, der Finder, der Dreh- und Angelpunkt im Apple-Universum, wurde komplett umgestaltet. Neben dem neuen Look befindet sich auf der linken Seite eine Art Favoritenliste, die aus zwei Teilen besteht. Der obere Teil enthält alle auf dem Schreibtisch eingebundenen Laufwerke wie CD-ROMs, einen USB-Stick oder Apples Online-Festplatte iDisk. Darunter lassen sich eigene Verknüpfungen per Drag & Drop anlegen.



Im Gegensatz zu früheren Versionen lässt sich nun auch mit Hilfe des Finders eine Verbindung zu Fileservern aufbauen, und man kann wie unter Windows durchs Netzwerk browsen. Die Verbindung zum Workgroup-Server und zu diversen SMB-Shares verläuft in der Regel reibungslos. Etwas merkwürdig ist das Verhalten, wenn man den Benutzernamen oder das Passwort eines SMB-Shares falsch eingibt: Der Finder vergisst die gesamte Netzwerkumgebung, eine Verbindung ist erst nach einem Reboot möglich.




Eine runde Sache ist dagegen die Integration von Apples Online-Festplatte iDisk. Sie ist ebenfalls direkt über den Finder zugänglich und wird auf der lokalen Festplatte gespiegelt. Sollte einmal keine Verbindung zum Internet bestehen, beispielsweise, wenn man mit dem Notebook unterwegs ist, lässt sich trotzdem mit den Daten auf der iDisk arbeiten. Sobald wieder eine Verbindung existiert, werden die Daten mit der Online-Festplatte abgeglichen.



Bei der Usability stehen vor allem zwei neue Funktionen im Mittelpunkt: Exposé und die Labels. Exposé dürfte besonders OS-X-Benutzer mit vielen gleichzeitig geöffneten Fenstern begeistern, denn je mehr Fenster offen sind, umso leichter verliert man den Überblick. Ein Druck auf F9, und Exposé zeigt alle Fenster minimiert nebeneinander an. Sie lassen sich selbst auf einem kleinen iBook-Display problemlos unterscheiden, und sollte dies doch nicht gelingen, wird einem der Titel des Fensters angezeigt, wenn man mit der Maus darüberfährt. Beim Druck auf F10 werden alle Fenster des aktiven Programms in einer Zeile angezeigt, F11 blendet alle Fenster aus. In den Systemeinstellungen lässt sich Exposé nach dem eigenen Geschmack konfigurieren. So kann man das Utility beispielsweise nicht nur über einen Tastendruck, sondern auch mit Hilfe von Hotspots auf dem Desktop starten. Insgesamt ist Exposé ein Feature, das man, einmal benutzt, nicht mehr missen möchte.



Ebenfalls angenehm sind die Labels oder Etiketten, die Mac-Nutzer von OS 9 her schon kennen. Mit Hilfe des Kontext-Menüs ist man in der Lage, Dateien und Ordnern eine Farbe zuzuordnen. So lassen sich, ein bisschen eigene Disziplin vorausgesetzt, Files und Folder nach gewissen Themengebieten oder Wichtigkeit markieren. Ein Beispiel wäre, dass man Ordner rot markiert, die man nicht löschen darf - eine optische Abschreckung für müde Systemadministratoren.


Auf Nummer sicher

Eine Funktion, die man als Linux- oder BSD-User schon länger kennt, ist die Möglichkeit, das Filesystem zu verschlüsseln. Während es bei Linux keine Sache ist, ganze Partitionen zu verschlüsseln, beschränkt sich OS X mit der "FileVault" getauften Funktion auf die Home-Directories der lokalen Benutzer. Verwendet wird dazu der Advanced Encryption Standard AES mit einem 128-Bit-Schlüssel. Da das Verschlüsselte vom Typ "sparse image" ist, wächst im Gegensatz zu anderen Typen das Image automatisch mit und man muss bei der Aktivierung keinen Grössenwunsch angeben.




Während das Wachsen noch automatisch geschieht, muss für das Schrumpfen ein spezieller Prozess in Anspruch genommen werden. Dieser prüft beim Herunterfahren des Systems, ob zu viel Luft im Image vorhanden ist, die auf Wunsch des Benutzers herausgelassen wird - ein Mechanismus, der in den ersten Wochen von Panther bei einigen Benutzern zu Datenverlust geführt hat.


Heirat mit dem Pinguin

Bei der Interaktion mit Linux beschränkt man sich bei Apple bisher darauf, sich mit dem zu bedienen, was man als nützlich betrachtet. So ist schon in 10.2 die Druckerverwaltung auf CUPS, das Common Unix Printing System, umgestellt worden, mit dem die Einrichtung eines Druckers weitaus schmerzloser als mit den bisherigen OS-X-Tools vonstatten geht.




Bei den GUI-Applikationen sieht es dagegen weitaus trister aus. Hauptgrund ist, dass es Apple durch die Verwendung eines proprietären X-Servers der Community beinahe verunmöglicht, Software ohne grossen Aufwand auf MacOS X zu portieren. Doch auch hier lässt sich langsam ein Silberstreifen am Horizont ausmachen: Trolltech hat ihr qt-Toolkit für MacOS X als Open Source freigegeben, womit es weitaus leichter wird, KDE-Applikationen auf OS X zu portieren. Erste Screenshots von KOffice auf OS X sind bereits aufgetaucht. Damit dürften Mac-User Zugang zu unzähligen KDE-Applikationen bekommen, was die Attraktivität von OS X stark erhöhen würde.




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