Editorial

Ist Ihr Chef eine Katastrophe?


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/13

     

Wenn nur gerade ein Drittel aller Angestellten findet, ihr Vorgesetzter sei sowohl menschlich wie fachlich kompetent, sollte das - so meine ich - zu denken geben. Sind unsere Chefs tatsächlich so schlecht?
Ist es nicht viel mehr so, dass wir es uns bloss einfach machen und die eigene Unzufriedenheit gerne auf die nächsthöhere Instanz abschieben?

Unbestritten, es gibt immer wieder Situationen, in denen auch ich mich über meinen Vorgesetzten nerve - in welcher Firma gibt es die nicht? Doch deswegen kann ich meinen Chef doch nicht als Katastrophe hinstellen (vor allem nicht in Anbetracht dessen, dass er diesen Text mit Bestimmtheit lesen wird).




Führen ist eine Gratwanderung: Versucht ein Vorgesetzter vehement, Teil des Teams und somit auch ein guter Arbeitskollege zu sein, wird das ausgenutzt und er selbst letztlich als menschlich inkompetent und als Führungskraft als ungeeignet hingestellt. Fährt er eine strenge und klare Linie: zu hart und stur - menschlich inkompetent! Passiert ihm auf seinem Gebiet ein Fehler oder ein Fehlentscheid, ist er - ganz klar - fachlich inkompetent. Fällt er hingegen keine schwierigen oder kritischen Entscheide: voilà - fachlich inkompetent.

Es gibt bestimmt Vorgesetzte, die auf ihrem Stuhl nichts verloren haben. Dass die Situation so dramatisch ist, wie sie in unserer Online-Umfrage dargestellt wird (S. 16), will ich aber nicht glauben. In diesem Land wird zu gerne gejammert, gemotzt und gestänkert. Fehler der Vorgesetzten werden lieber an der Kaffeemaschine anstatt mit den Direktbetroffenen diskutiert. Hinter dem Rücken zu tuscheln ist halt einfacher als klaren Tisch zu machen.



Sind wir doch zufrieden, mit dem was wir haben. Sprechen wir Probleme doch offen an und aus, kommunizieren wir. Und wenn es wirklich nicht geht, ziehen wir doch die Konsequenzen, denn gewisse Vorgesetzte kann man einfach nicht ändern, also liegt es an uns, den Hintern zu bewegen. Sicher ist es im Moment nicht einfach, sich neu zu orientieren. Doch lieber eine Zeit lang untendurch, bis ein neuer Job gefunden ist, als solange unzufrieden auf seinem Stuhl zu kleben, bis man verbittert ist, und es noch nicht einmal merkt.

Für das InfoWeek-Team heisst es jetzt aber: Sommerzeit, Ferienzeit! Und wenn unser Chef eine Katastrophe wäre (was er im übrigen nicht ist, um allfällige Missverständnisse aus dem Weg zu räumen), soll uns das bis zum 16. August nicht mehr interessieren. Dann erscheint die erste Ausgabe nach den Sommerferien.

(mw)


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