Editorial

Die modulare Zukunft des Mobiltelefons


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/07

     

Die Auswahl an Mobiltelefonen und anderen kabellosen Geräten ist in den letzten Jahren buchstäblich explodiert. Klein oder gross, smart oder «dumm», für den ernsthaften Einsatz oder für den Spass, schwer oder leicht – der Käufer hat die Qual der Wahl. Es gibt teure Geräte und billige, komplexe und einfache, solche mit grossem Bildschirm und solche mit kleinen, schwarze, pinke oder grüne Handys. Das Einzige, was allen gemeinsam ist: Hat man einmal ein Gerät ausgewählt, bleibt man dabei. Wer tagsüber zwischen Office und Meetings ein praktisches, multifunktionales Smartphone benutzt, muss das schwere und massige Gerät halt auch abends im Ausgang und am Wochenende zum Wandern oder Skifahren mit sich rumschleppen.


Zugegeben: Man kann durchaus zwei Handys besitzen und die SIM-Karte vom einen zum anderen wechseln. Dabei bleibt aber alle Information – Adressbuch, Kalender, Musik etc. – auf dem ersten Gerät, ausser den paar Daten, die auf der SIM-Karte selber Platz haben.



Kurz: Aktuelle Mobiltelefone sind in keinster Weise an die Vielfalt von Verhaltensweisen und Umständen in unserem Alltag angepasst. Ich habe mich schon oft gefragt, ob es wirklich keine Möglichkeit gibt, ein Handy so zu modularisieren, dass es tagsüber als Smartphone dient und abends taschentauglicher daherkommt – und zwar so, dass sämtliche Daten ständig zur Verfügung stehen und keine Notwendigkeit besteht, mit mehreren Geräten zu jonglieren.


Ein israelisches Startup hat nun möglicherweise die Lösung für dieses Problem gefunden: Modu (www.modumobile.com) hat ein schickes kleines Handy-Modul entwickelt, das alle essentiellen Funktionen von der Connectivity bis zum Speicher für Adressbuch und Kalender enthält, ergänzt durch einen einfachen Monitor und eine rudimentäre Tastatur. Der Clou: Dieses Basismodul lässt sich in sogenannte «Jackets» stecken. Diese Jackets verleihen dem Grundgerät die gewünschte Form und versehen es – vor allem – mit der benötigten zusätzlichen Funk­tionalität, wie etwa einem grossen Bildschirm, einer Volltastatur, einem Musik-Player oder einem GPS-Navigator. Erweiterungen sind auf diese Weise leicht auch softwareseitig möglich; so lassen sich etwa Office-Anwendungen ergänzen. Wenn gewünscht, benutzt man ein Rudimentär-Jacket und bleibt beim kleinen Gerät mit Basisfunktionen. Das Jacket benötigt dabei nur Sekunden, um das Basismodul zu erkennen und zu aktivieren, danach sieht die Kombination wie ein normales Gerät aus und funktioniert auch wie ein solches.


Jackets können nach Belieben ausgetauscht werden, um das Gerät für bestimmte Aktivitäten fit zu machen, oder auch nur, um es an die aktuelle Stimmung anzupassen (der einzige limitierende Faktor dabei sind wohl die Kosten – Jackets sind zwar günstiger als Mobiltelefone, sind aber dennoch elektronische Geräte und nicht bloss simple Plastikhüllen).
Das Modu ist bereits über das Prototypen-Stadium hinaus: Teilnehmer am Mobile World Congress in Barcelona hatten die Möglichkeit, es kurz auszuprobieren. Gegen Ende des Jahres soll es auf den Markt kommen, erste Anbieter wie TIM in Italien und Cellcom in Israel stehen bereits fest.


Insgesamt ist das Modu ein tolles Beispiel für ein Gerät, das um die Bedürfnisse der Anwender statt um die Technologie herum entwickelt wurde. Wenn sich das Modu als so robust und anpassungsfähig wie erwartet erweist, wird eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten und Entwicklungen denkbar: Firmen könnten Jackets auf die Bedürfnisse ihres Business massschneidern, Sportvereine hätten die Möglichkeit, Jackets zu verschenken, die nur innerhalb ihrer Stadien funktionieren, Sony könnte ein Bundle aus Playstation und passendem Jacket schnüren und so weiter.


Modu ist damit auf dem besten Weg, eine clevere Lösung zu liefern – und möglicherweise einige Unruhe zu stiften.




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