Schweizer Fibus aus der Wolke

Die Nutzung von Cloud-basierten Fibu-Lösungen ist auch in der Schweiz ein Trend. Wir stellen 18 Lösungen für KMU vor und zeigen, was es bei der Evaluation zu beachten gilt.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2014/10

     

Der Software-as-a-Service-Markt ist weltweit stark im Wachsen begriffen. Wie die Marktforscher von IDC melden, wurden vergangenes Jahr global knapp 46 Milliarden Dollar umgesetzt, und für die kommenden vier Jahre wird ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 23 Prozent erwartet. Der Löwenanteil bei den Public-­Cloud-Diensten entfällt mit einem Anteil von 24 Prozent auf den Enterprise-Resource-Management-Bereich, gefolgt von Customer-Relationship-Anwendungen mit 18 Prozent.
Marktübersicht
In unserer Marktübersicht finden Sie 18 Online-FIBU-Lösungen für KMU aus der Schweiz im Überblick.

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Auch in der Schweiz nutzen immer mehr KMU Cloud-Services und migrieren Business-Anwendungen wie Finanzbuchhaltung, CRM oder Personalmanagement zu einem Cloud-Anbieter. Die Vorteile sind denn auch kaum von der Hand zu weisen: «Hosting, Updates und Wartung werden durch den Vertriebspartner übernommen, so dass sich das KMU ganz auf sein Kerngeschäft konzentrieren kann», erklärt etwa Abacus-Geschäftsleitungsmitglied Thomas Köberl. Und Peter Herger, Geschäftsführer von Proffix-Software ergänzt: «Bei Unternehmen mit Mitarbeitenden mit hoher Reisetätigkeit ist der grösste Vorteil sicher der mobile, ortsunabhängige Zugriff.»

Miteinander statt Verdrängung

Ob Cloud-basierte Lösungen wie die 18 Finanzbuchhaltungslösungen, die wir in der nachfolgenden Marktübersicht präsentieren, dereinst klassische On-Premise-­Installationen gänzlich ablösen werden, ist allerdings fraglich. Bei den einschlägigen Anbietern herrscht zu diesem Thema jedenfalls Uneinigkeit: Während Stef Brunner, Marketing Manager bei Easysys überzeugt ist, dass On-Premise-­Anwendungen «eher früher als später» verdrängt werden, sieht Proffix-Mann Peter Herger eher «ein Miteinander der beiden Konzepte». Ebenso urteilt Reststep-Geschäftsführer Andreas Schmid, der von einem «Miteinander für noch sehr viele weitere Jahre» ausgeht. Am überzeugendsten äussert sich hierzu Jean-Jacques Suter, CEO von Sage Schweiz: «Die Online-Angebote werden die installierten Lösungen ebenso wenig verdrängen, wie die EDV das papierlose Büro gebracht hat.»

Entsprechend wird ein Umstieg auf eine Cloud-basierte Lösung denn auch nicht in jedem Fall empfohlen. Dabei sind die Gründe, welche für eine Vor-Ort-­Installation sprechen, vielfältig. Laut ­Sascha Maurer, Geschäftsleitungsmitglied bei Comatic, ist «grösseren Unternehmen mit heiklen Daten, bei denen die Daten­sicherheit und die ständige Verfügbarkeit eine zentrale Rolle spielen, eher von SaaS-Lösungen abzuraten».
Eine wichtige Rolle spielen in diesem Zusammenhang offenbar auch die bereits getätigten Installationen. Europa­3000-Verkaufsleiter Dominic Achermann würde etwa Unternehmen von einer Online-Fibu abraten, «die vor kurzem in eine neue Hardware-Infrastruktur investiert haben».
Für Vemag-Geschäftsführer Edgar Koller ist zudem auch die Performance ein Argument für eine Vor-Ort-Installation: «Bei Unternehmen mit einer kompletten ERP-Lösung ist ab einer gewissen Anzahl User eine Inouse-Lösung immer performanter.» Ec3m-Geschäftsführer Christian Menz führt weiter auch die Komplexität der Geschäftsprozesse ins Feld: «Grossbetriebe, die sehr komplexe und individuelle Prozesse abbilden müssen, werden mit einer meist für die breitere Masse konzipierten Softwarelösung nicht glücklich.» Ähnlich urteilt auch Thomas Köberl von Abacus: «Je mehr Programme unterschiedlicher Anbieter mit Schnittstellen zueinander bei einem KMU zum Einsatz kommen sollen, umso eher wird eine im Unternehmen selbst betriebene Lösung in Frage kommen.»

Sicherheitsbedenken

Wenn man bei Schweizer KMU dem SaaS-Konzept kritisch gegenübersteht, dann oftmals wegen Sicherheitsfragen. Angesichts der jüngsten NAS-Abhör­affären legen mittlerweile offenbar auch viele Kunden Wert darauf, dass die Daten nicht irgendwo im Ausland abgelegt werden. «Viele Kunden wünschen explizit, dass die Daten in der Schweiz gespeichert werden; wir werden regelmässig diesbezüglich angefragt», erklärt etwa Christian Merz von Ec3m und auch Europa­3000-Verkaufsleiter Achermann meint klipp und klar: «Es ist aus unserer Sicht das wichtigste Verkaufsargument.» Allerdings empfiehlt es sich, dies in manchen Fällen genauer abzuklären, denn laut Win­office-Geschäftsführer Josef Mercurio leidet der Nutzen bei der Datenspeicherung im Inland, wenn «die Daten zwar in einem Rechenzentrum in der Schweiz gehostet werden, die RZ-Betreiberin jedoch ein Tochterunternehmen eines ausländischen Konzerns ist.»

Wie ein Blick auf die in unserer Marktübersicht vorgestellten Lösungen zeigt, erfolgt beim Grossteil der Anbieter die Datenspeicherung hierzulande. Von den wenigen Fibu-Anbietern, welche die Daten auch ausserhalb der Schweiz speichern, wird der Faktor Datenstandort denn auch relativiert: So gibt sich Roland Scheidegger, Gründer und Inhaber von Q3, überzeugt, dass «Datendiebstahl praktisch standortunabhängig möglich ist», und auch Sage-Schweiz-CEO Suter argumentiert: «Letztlich ist es nicht entscheidend, wo die Daten gespeichert werden, sondern wie der Kunde mit heiklen Daten firmenintern umgeht.»

Mobilität ist Trumpf

Ein Punkt, der bei SaaS-Anwendungen quasi immer als Vorteil par excellence ins Feld geführt wird, ist die Flexibilität beim mobilen Zugriff; wie auch Datura-CEO Gerhard Weber bemerkt, «ein Muss-Kriterium bei der Wahl einer SaaS-Lösung».
Laut Sascha Maurer von Comatic entscheiden sich denn auch «die meisten Kunden gerade wegen der Flexibilität des mobilen Zugriffs für eine Software in der Cloud».
Wie die nachfolgende Tabelle zeigt, stellen diverse Anbieter ihren Kunden eine dedizierte Mobile App zur Verfügung, wobei meist die Betriebssysteme Android und iOS unterstützt werden. Der Funktionsumfang wird damit vielfach nicht komplett zur Verfügung gestellt, doch bieten die Apps meist Zugriff auf die wichtigsten Funktionen und stellen diese auch auf Smartphones und Tablets zur Verfügung. Wird eine Mobile-App offeriert, wird offenbar auch häufig davon Gebrauch gemacht. So erklärt Easy­sys-Mann Brunner: «Derzeit werden via App täglich zwei bis dreihundert Belege mobil erfasst, dabei handelt es sich insbesondere um Spesenbelege und Kreditorenrechnungen.» Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Feststellungen von Winoffice-Geschäftsführer Josef Mercurio: «Spannenderweise steigen die Zugriffe von mobilen Endgeräten vor allem auch abends, höchstwahrscheinlich dann mit dem Tablet zu Hause vom Sofa aus oder vor dem zu Bett gehen.»

Preisentwicklung

Angesichts stetig sinkender Preise bei Cloud-Angeboten stellt sich die Frage, ob sich die Preisspirale auch bei den Cloud-Fibu-Anbietern weiter nach unten dreht. «Eher nicht», meint etwa Reststep-Geschäftsführer Schmid. «Die Preise sind auf internationalem Niveau, obwohl die Kosten höher sind.» Auch Roland Scheidegger von Q3 glaubt nicht an sinkende Preise: «Eher wird das Funktionsvolumen für die gleichen Kosten zunehmen.»
Anders sieht man das bei Abacus: «Der Wettbewerb bei den SaaS-Angeboten findet statt und dies führt tendenziell zu tieferen Preisen.» Gleichzeitig hält Thomas Köberl aber auch fest, dass KMU gut beraten sind, «nicht nur die Preise, sondern auch die Leistung und Funktionen, welche eine Cloud-Lösung bietet, zu vergleichen».
Bei den in der Marktübersicht vorgestellten Online-Fibus ist die Preis-Bandbreite relativ hoch: Sie bewegt sich zwischen knapp 10 und 239 Franken pro Anwender und Monat, wobei zu beachten ist, dass der Preis bei steigender User-Zahl in vielen Fällen sinkt. Ebenfalls mit ins Kalkül einzubeziehen sind neben den reinen «Mietpreisen» die Kosten für Schulung und Support. Bevor man sich für eine Lösung entscheidet, empfiehlt es sich ohnehin, sich über die allerorts kostenlos verfügbaren Demo-Versionen einen Eindruck zu verschaffen.
(rd)


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