Arbeitsplatzvernichtung durch Outsourcing


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/17

     

Outsourcing spart Geld, so zumindest lautet die landläufige Meinung. In der Realität ist eine Auslagerung aber meist nur dann signifikant billiger als der Eigenbetrieb, wenn die Dienste in Billiglohnländer verschoben werden. "Offshore Outsourcing" heisst das Schlagwort, das in den USA inzwischen auch die Gewerkschaften aktiviert. Denn Offshore Outsourcing heisst nichts anderes als Arbeitsplatzvernichtung im Inland. Die kleinmaschige KMU-Struktur unseres Landes dürfte den Trend allerdings abschwächen.




Glaubt man den Marktauguren von Gartner, steht das Offshore Outsourcing erst am Anfang. Denn was bei der Softwareentwicklung schon länger gang und gäbe ist, soll jetzt auch mit dem Datacenter gemacht werden. Schliesslich winkt zurzeit ein Sparpotential von bis zu 40 Prozent. Bereits im nächsten Jahr werden dadurch in den USA IT-Arbeitsplätze im grossen Stil verlorengehen. Acht von zehn in den USA befragte CIOs haben auf 2004 von der Geschäftsleitung den konkreten Auftrag erhalten, mindestens Teile der IT in Billiglohnländer zu transferieren. Die Hälfte von ihnen wird bis im nächsten Jahr entsprechende Projekte bereits in die Tat umgesetzt haben. Über die nächsten zwölf Monate sollen in den USA so 450'000 IT-Spezialisten ihren Job an Inder, Osteuropäer und Chinesen verlieren, wie Forrester Research vorrechnet. Das wären in einem einzigen Jahr acht Prozent aller IT-Arbeitsplätze.


Offshore indirekt

In der Schweiz wird der Trend ausser bei den internationalen Konzernen kaum im gleichen Ausmass zum Tragen kommen. Die relativ kleinen Schweizer KMU wollen die Nähe zu einem Outsourcing-Partner ihrer Grösse und Kultur. Aber auch wer mit einem heimischen Anbieter zusammenarbeitet, wird indirekt je länger je mehr Stellen in sogenannte Schwellenländer auslagern. Denn weltweite, aber auch lokale Outsourcer versuchen selber, ihre Dienste möglichst billig zu erbringen. Sie bauen dafür Datencenter in den entsprechenden Ländern oder vergeben Teile ihrer Aufträge an dortige Anbieter weiter. IBM Global Services ist bereits heute der fünftgrösste Arbeitgeber Indiens. EDS plant auf dem Subkontinent Dienstleistungszentren mit insgesamt 20'000 Arbeitsplätzen. Oracle will die Belegschaft in Indien von 3200 auf 6000 aufstocken. HP Europa baut derzeit in Budapest ein Datencenter, in dem die Sourcing-Dienste von ganz Europa zusammengefasst werden sollen.



Wie gross das Arbeitsvolumen ist, das aus der Schweiz in die Schwellenländer abwandern wird, lässt sich ungefähr aus den erwarteten Zahlen für Deutschland ableiten. Deloitte & Touche schätzt, dass der Umsatz indischer Dienstleister in unserem nördlichen Nachbarland in den nächsten Jahren von zurzeit 200 Millionen Euro auf 14 Milliarden emporschnellen wird.





Absehbares Ende

Der Grund für den Offshore-Trend bedeutet aber gleichzeitig auch sein absehbares Ende. Die Löhne in den Auslagerungsländern sind heute rund zehnmal tiefer als bei uns. Je mehr qualifizierte Arbeit aber in diese Länder kommt, desto mehr steigt der Lebensstandard und desto kleiner wird die Differenz. Wie die Halbleiterfachzeitschrift "EE
Times" meldet, gebe es inzwischen schon wieder eine Rückkehrbewegung von Tausenden von indischen Spezialisten, die wegen der besseren Jobaussichten und der verbesserten Lebensqualität in ihrer Heimat den USA wieder den Rücken kehren. Im Entwicklungszentrum von Network Associates in Bangalore beispielsweise seien heute rund 15 Prozent der Mitarbeiter solche Rückkehrer.




Auch Gartner sieht diesen Trend. In etwa fünf Jahren übersteige in Indien die Nachfrage das Angebot, und dann werden die Preise steigen. Wer nicht schon jetzt mit dem Offshore Outsourcing begonnen hat, kommt zu spät, so die Folgerung der Marktbeobachter. Und wer es getan hat oder dabei ist, es zu tun, hat besser eine durchgedachte Resourcing-Strategie in der Rückhand.



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