Internet Explorer 6.0: Unspektakulär verbessert

Mit dem Internet Explorer 6 veröffentlicht Microsoft den Stammbrowser für Windows in einer neuen Version mit einigen, aber nicht allzu spektakulären Detailverbesserungen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/31

     

Microsoft hat letzte Woche nach mehrfacher Verschiebung den neuen Internet Explorer 6.0 freigegeben, der auch mit Windows XP ausgeliefert wird. Wie bis anhin üblich, hat Microsoft einen öffentlichen Betatest durchgeführt, bei dem sich jeder selber vom neuen Browser überzeugen konnte. So sind die neuen Features zwar schon aus den Betaversionen bekannt, dafür ist der Browser, soviel schon im Voraus, sehr stabil und ein ausgereiftes Produkt.


Features im Detail

Im Gegensatz zum Update auf Version 5.5 sind nun mehrere neue Features hinzugekommen. Vor allem hat Microsoft verstärkt auf die Wünsche der Nutzer gehört und endlich einen Cookie-Manager eingebaut, dafür aber die aus den Betas bekannte Persönliche Leiste wieder abgespeckt. Weiter ist auch auf die Integration des MSN Messengers verzichtet worden. Wer auf eine neue Optik gewartet hat, muss sich bis auf Windows XP gedulden, da erst die XP-Oberfläche Luna für ein modernes Aussehen sorgt.





Persönliche Leiste

Bei der Persönlichen Leiste handelt es sich wohl um die auffälligste Neuerung im Browser. So lassen sich neu nicht nur wie bisher Favoriten, Suchmaske, Verlauf und lokale Ordner anzeigen, sondern es wurde auch ein Media Player integriert, welcher ohne installierten Windows Media Player Video-Streams und Audiodateien aus dem Internet abspielt. Allerdings ist das Fenster für die Video-Streams so klein, dass man zur Lupe greifen muss, um ?etwas erkennen zu können. Erst wenn man das Fenster aus der Leiste löst, sind Details zu erkennen.



In den frühen Betaversionen war es noch möglich, Audio-Dateien von CD und Festplatte abzuspielen, allerdings wurde diese Option stark eingeschränkt - ohne grossen Aufwand ist es nicht mehr möglich, die Audio-Dateien direkt im Browser abzuspielen.




Weiterhin ist neu eine Image-Toolbar zu finden, welche erscheint, sobald der Mauszeiger auf einer Grafik ruht, welche grösser als 130 mal 130 Pixel ist. Dank dieser lassen sich direkt Bilder abspeichern, per E-Mail verschicken oder ausdrucken.



Ein weiteres neues Feature ist die automatische Bildgrössenanpassung: Wenn eine Grafik grösser als das aktuelle Fenster ist, wird sie proportional zum Original auf Fenstergrösse verkleinert. Es erscheint dann ein Button, mit welchem man die Grafik wieder in ursprünglicher Grösse anzeigen lassen kann.




Neues zur Sicherheit

Microsoft hat einiges für die Privatsphäre der User des IE 6.0 getan. So wurde ausser dem bereits erwähnten Cookie-Manager auch ein Privacy-Manager eingebaut; beide basieren auf dem P3P-Standard des W3C. Die Konfiguration ist unter Extras, Internetoptionen und Datenschutz zu finden. Mittels eines Schiebereglers lässt sich dort aus sechs vordefinierten Einstellungen wählen, die sich manuell editieren lassen. So ist es auch möglich, bestimmte URLs von den Einstellungen auszunehmen.




Eine Verschlüsselung von 128 Bit wurde wegen der amerikanischen Gesetze noch immer nicht eingebaut, sollte sich aber, wie bisher, nachträglich problemlos integrieren lassen.


Standardunterstützung

Der Internet Explorer 6.0 unterstützt nun endlich HTML 4.0 vollständig. Dadurch können Webdesigner unter anderem gruppierte Listen (optgroups) einsetzen. In Hinsicht auf CSS gibt es allerdings nur wenige Detailverbesserungen. So wurden die Grössendarstellung überarbeitet und Elemente wie first-letter, first-line und word-spacing implementiert. Dadurch erfüllt der Browser nun die CSS1-Spezifikation und zieht mit den Mozilla-basierenden Browsern gleich. Ausserdem sind noch einige neue DHTML-Transition-Effekte hinzugefügt worden.





Umstrittene Änderungen

Die von Microsoft angekündigten Smart-Tags wurden zwar implementiert, sind in der Standardeinstellung aber deaktiviert. Dies, nachdem die Ankündigung der Technologie heftige Proteste auf Seiten der Anwender hervorgerufen hatte.



Bei den Smart-Tags handelt es sich um eine Technologie, mit deren Hilfe der Internet Explorer in der Lage sein soll, jedes beliebige Wort auf einer Homepage in einen Hyperlink zu verwandeln. Dieser Link verweist dann auf eine von Microsoft bestimmte Seite. Dies hätte einen erheblichen Eingriff in die Selbstbestimmung der Anwender und Seitenbetreiber bedeutet. Die Proteste haben dazu geführt, dass die Smart-Tags nicht nur deaktiviert, sondern auch ein Meta-Tag geschaffen wurde, welches das Anzeigen der Smart-Tags auf einer Seite unterbindet.




Ebenfalls für Wirbel gesorgt hat der Entscheid von Microsoft, dass Java nicht mehr mit dem Browser ausgeliefert werden würde. Wenn zum ersten Mal eine Seite mit Java aufgerufen wird, kann man die Virtual Machine von Microsoft herunterladen, welche aber veraltet ist.



Das aktuelle Runtime Environment für Windows kann entweder von Sun direkt bezogen werden oder ist nach einer Installation von Netscape 6 verfügbar. Allerdings scheint die Java-Umgebung nicht absolut fehlerfrei mit dem Browser zu interagieren, was vor allem daran liegen soll, dass die externe Engine nicht auf den Tag <applet> reagiert.



Ärgerlich ist auch Microsofts Entscheid, keine Netscape-Plug-ins mehr zu unterstützen, so dass unter anderem die klassische Quicktime-Version nicht mehr im IE 6.0 funktioniert. Statt dessen müssen die Plug-ins im Microsoft-eigenen ActiveX-Format vorliegen. Quicktime-Hersteller Apple hat dabei sehr schnell reagiert und eine entsprechende Version zu Verfügung gestellt. Macromedia und Adobe haben ihre Software bereits früher angepasst.




Lohnt sich der Umstieg?

Microsofts neuer Browser hinterlässt einen sehr zwiespältigen Eindruck. Ausser der Cookie-Verwaltung und der Image-Toolbar sind die neuen Funktionen nicht sehr nützlich und rechtfertigen ein Update nicht wirklich. Die Verbesserungen in Hinsicht auf die Webstandards sind derart minim, dass sie im Alltag kaum auffallen. Dafür ist der Browser sehr stabil und noch schneller geworden, was vor allem von Abstürzen geplagte Anwender erfreuen wird. Outlook Express, der mitgelieferte Mail-Client, wurde in seiner Funktionalität nicht verändert.



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