Software für den IT-Help-Desk

Ticket-Handling oder IT-Service-Management? Service-Desk-Lösungen gibt es in den unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/07

     

Sobald ein Unternehmen mehr als ein paar computerbasierte Arbeitsplätze hat, wird der Benutzersupport per Turnschuh-Methode schwierig. Auch die heute selbst im Kleinunternehmen immer komplexere IT-Infrastruktur im Back-end ruft nach systematischem Management, das mit Softwareunterstützung leichter fällt als mit Papier und Bleistift. Neben den umfassenden ITSM-Plattformen (IT-Service-Management) der Branchengrössen hält der Softwaremarkt eine grosse Zahl von Help-Desk-Lösungen bereit – im ak­tuellen Herstellerjargon oft auch «Service Desk» genannt.


Funktionsumfang unterschiedlich

Die Hauptdisziplin solcher Lösungen ist der Umgang mit den Supportanfragen der Benutzer, den sogenannten Tickets: Der Help Desk oder Service Desk ist das «Gesicht der IT zu ihren Kunden».


Die ideale Service-Desk-Software nimmt Supportanfragen und Problemmeldungen von Mitarbeitern und Systemen auf unterschiedlichen Kanälen entgegen – direkte Eingabe über ein Web-Portal oder eine Clientanwendung, Telefon, E-Mail, SMS und so weiter – und präsentiert die zu bearbeitenden Fälle auf einer möglichst rasch erfassbaren Oberfläche.



Viele Lösungen integrieren auch eine Wissensdatenbank, mit der sich bereits erfolgreich angewendete Problemlösungen passend zum aktuellen Fall rasch auffinden lassen. Eine weitere wichtige Funktion: Die Service-Desk-Software sollte dem Management jederzeit Auskunft über die Anzahl und Art der Probleme, die Auslas­tung des Supportpersonals, die problematischen Stellen in der Infrastruktur, die Einhaltung von Service Level Agreements und weitere Aspekte des IT-Service-Managements geben.


Die meisten Hersteller offerieren heute aber auch weitere Funktionalität, entweder mit modular ergänzbaren Optionen oder in Form eigenständiger Anwendungen, die sich mit dem Help Desk kombinieren und integrieren lassen und verschiedene Aspekte des IT-Service-Managements abdecken.


ITIL als Leitlinie

Es gibt heute praktisch keinen Anbieter von Help-Desk-Lösungen, der seine Produkte nicht mit dem Hinweis auf die IT Infrastructure Library ITIL bewirbt. Die aktuelle dritte ITIL-Version beschreibt sämtliche Aspekte einer IT-Infrastruktur von Strategie und Design bis zu Betrieb und laufender Verbesserung in Form von Prozessen samt den zugehörigen Rollen der Mitarbeiter und den benötigten Arbeitsmitteln.


ITIL stellt aber keine konkreten Anforderungen an bestimmte Software – der Hinweis auf ITIL-Konformität bedeutet bei einer Help-Desk-Lösung lediglich, dass sie zum Beispiel die Funktion «Service Desk» und die Disziplinen «Incident Management» und «Problem Management» so zur Verfügung stellt, dass sich damit eine ITIL-konforme Service-Strategie umsetzen lässt.
ITIL-Konformität lässt sich also nicht in konkreten Features ausdrücken. Dennoch sind manche der vorgestellten Lösungen «ITIL-zertifiziert». Das meistverbreitete Zertifikat heisst «Pinkverify» und stammt von der auf IT-Service-Management spezialisierten, global tätigen Consulting-Organisation Pink Elephant. Die Firma betont auf ihrer Website selbst, ihr Zertifikat bestätige bloss generell, dass die Lösung zu den Anforderungen von ITIL kompatibel sei. Das Pinkverify-Zertifikat sagt nichts darüber aus, wie gut die Anforderungen erfüllt werden und wie ausgereift das Produkt ist.



Im Hinblick auf Service-Desk-Lösungen sind vor allem drei ITIL-Prozesse wesentlich:



- Incident Management beschreibt den Umgang mit Ereignissen, die nicht Bestandteil des normalen IT-Betriebs sind und den Dienst unterbrechen oder in der Qualität beeinträchtigen. Beispiel: Ein Mitarbeiter meldet, er könne nicht drucken.



- Problem Management geht Störungen auf den Grund und beseitigt die Ursachen, so dass aus der Quelle künftig keine Störungen mehr entstehen. Beispiel: Der Drucker ist nicht konfiguriert oder das Papierfach ist leer.



- Change Management befasst sich mit den Änderungen, die zur nachhaltigen Behebung von Problemen nötig sind. Beispiel: Ein Drucker, der immer wieder ausfällt, muss ersetzt werden.


Als Hilfsmittel zur Unterstützung sämtlicher Service-Management-Prozesse nutzen die meisten Service-Desk-Lösungen eine Configuration Management Database (CMDB). Darin sind detaillierte Angaben zu sämtlichen Mitarbeitern, Workstations, Peripheriegeräten sowie alle Incidents, Problemlösungen und Änderungen der Infrastruktur zentral erfasst. Damit dient die CMDB auch als Basis für ein Self-Help-Portal, über das die Mitarbeiter bei einfacheren Störfällen selbst nach einer Lösung suchen können.


Ein Teil der Informationen, zum Beispiel Benutzerdaten oder Angaben zum Software- und Hardware-Inventar, lässt sich bei den meisten Lösungen über entsprechende Schnittstellen von bestehenden Datenbanken wie Directory-Services oder Asset-Management-Systemen beziehen. Bei einigen Produkten, vor allem im Einstiegssegment, sind Funk­tionen zur Inventarisierung gleich im Grundprodukt integriert.


Unübersichtlicher Markt

Wir haben aus dem ziemlich unübersichtlichen Markt an Service-Desk-Lösungen rund zwei Dutzend Produkte ausgewählt, die entweder von bekannten Branchengrössen stammen oder lokal im deutschen Sprachraum entwickelt wurden.


Bei den auf Grosskunden fokussierten Herstellern BMC, CA, HP und IBM ist die Service-Desk-Komponente fast immer Teil einer umfassenderen ITSM-Lösung und befasst sich in erster Linie mit dem Incident Management – für weitergehende Prozesse wie Problem und Change Management gibt es oft separate Anwendungen. Die CMDB wird bei einigen Enterprise-Herstellern als separates Produkt geführt, bei den Produkten für mittelgrosse Unternehmen ist sie meist im Service-Desk-Paket integriert.



Aus Platzgründen ist in der Tabelle pro Hersteller nur ein Produkt aufgeführt, wir haben in solchen Fällen jeweils die Einstiegsvariante gewählt. Viele Anbieter offerieren ihre Lösung entweder in verschiedenen Edi­tionen, oder es gibt je nach Grösse und Anforderungen des Kunden zwei oder mehrere unterschiedliche Produkte.


So ist die kombinierte Service-Desk/Asset-Management-Lösung von Adventnet für unterschiedlich viele Servicemitarbeiter und verwaltete Geräte als Standard, Professional und Enterprise Edition erhältlich, ausserdem gibt es eine kostenlose, ansonsten voll funk­tionsfähige Ausgabe für einen Techniker und maximal 25 Assets. Auch das Help-Desk- und Monitoring-Produkt Sysaid vom israelischen Entwickler Ilient ist neben der kostenpflichtigen Vollausgabe auch in einer Gratisversion enthalten, die unter anderem auf LDAP-Integration verzichtet und sich laut Hersteller für Unternehmen mit unter 100 Computern eignet.


Einige Lösungen werden nicht nur zur Installation auf einem eigenen Server, sondern auch im On-demand-Abonnement angeboten, so zum Beispiel die .NET-basierte Schweizer Entwicklung Ticketxpert.net, die in der Enterprise-Edition mit einem grafischen Workflow-Editor und umfassendem Service-Level-Management aufwartet. Saas für den Help Desk gibt es aber auch von Enterprise-Anbietern: HP bietet die Help-Desk-Komponenten seines Service Manager ebenfalls als On-demand-Lösung an.



Softwarelösungen für den IT-Help-Desk

(ubi)


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