Schnelle und günstige Mietleitungs-Alternativen

WLL, TV-Kabel, ADSL: In den Schweizer Ballungsgebieten sind preiswerte Alternativen zur Mietleitung im Anmarsch.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2000/39

     

Der Internetzugang ist entweder zu langsam oder zu teuer. Mit diesem Problem sehen sich KMU schon seit geraumer Zeit konfrontiert. Mangels Optionen blieb bisher nur die Wahl zwischen konventionellen Zugängen wie dem Analog-/ISDN-Modem oder einer Standleitung.



Olivier Stähli, Communications Manager bei Callino Schweiz, bestätigte diese Tatsache. "An der diesjährigen Orbit haben wir zwei Arten von Schweizer KMU kennen gelernt: Der eine Teil der Unternehmen setzt ISDN ein und ist unzufrieden mit der Kapazität. Der andere Teil besitzt eine Mietleitung und ist unzufrieden mit den hohen Kosten. Jedoch wollen viele, auch kleinere Unternehmen eine permanente Internetverbindung."




Callino Schweiz besitzt eine landesweite WLL-Lizenz (Wireless Local Loop) und ist im Begriff, den KMU ab dem ersten Quartal 2001 eine Alternative zu der Mietleitung anzubieten. Neben anderen Technologien ein weiterer Lichtblick für die gebeutelten KMU - oder etwa doch nicht? Fakt ist, dass den Firmen in Zukunft Alternativen geboten werden, die sowohl schnell wie auch preislich in einem vertretbaren Rahmen sein sollen. Die Schlüsselwörter heissen ADSL, Kabel-TV und der bereits angesprochene Wireless Local Loop.


WLL: Wer ist wo?

Sunrise ist im Besitz von diversen regionalen Lizenzen. Einzig für den Raum Zürich konnte keine Konzession ersteigert werden. Aus einem Gespräch mit Stefan Howeg, Pressesprecher bei Sunrise, ging hervor, dass das Zielpublikum bei Sunrise ganz klar KMU heisst, wobei man den Fokus vor allem auf die Neukunden-Akquisition legen will. Sunrise, seinerseits auch Anbieter von Mietleitungen, will also keine bestehenden Kunden auf den Wireless Local Loop locken.



Wie erwähnt, konnte man bei Sunrise keine Angaben über das Pricing machen. Eine Abstufung der Preise je nach Übertragungsrate - bei Sunrise liegt sie zwischen 2 und 8 Mbits - sei jedoch möglich. Man werde auf jeden Fall versuchen, dass sich WLL ab gewissen Distanzen für die Kunden lohnt, trotz der jüngsten Preissenkungen der Swisscom auf der letzten Meile. Auf die Zukunft angesprochen, antwortete Howeg, dass es sich bei der Mietleitung auch in Zukunft um die beste Variante im Access-Mix handle, speziell angesichts der noch zu erwartenden Preissenkungen. "Ein Unternehmen, das schon heute einen Glasfaseranschluss sein Eigen nennt, besitzt den Rolls-Royce unter den Internetzugängen."




Callino mit ihrer schweizweiten Konzession will wie erwähnt Anfang 2001 erste Anschlüsse anbieten und im Laufe der nächsten zwei Jahre das gesamte Land erschliessen. Dabei sollen grosse Städte und Agglomerationen den Vorzug erhalten, da hier die interessantere Kundschaft sitzt. Communications Manager Olivier Stähli will jedoch festgehalten haben, dass man "nie auf Plakate stossen wird, die besagen, Callino deckt 98 Prozent der Schweiz mit WLL ab". Callino besitzt eine 26-MHz-Konzession und verfügt damit über eine Übertragungsrate von maximal 8 Mbps und eine Reichweite von 3 Kilometern pro Basisstation. Die Aussagen betreffend der Kosten waren nicht vielsagend. "Das Ziel ist, günstiger als eine Standleitung zu sein", so Stähli. "Callino will aber so flexibel wie möglich auf Kundenwünsche und -bedürfnisse eingehen." Damit sind vor allem die Übertragungsraten gemeint, welche Callino auf Wunsch auch garantieren wird. Stähli ist sich der Dringlichkeit eines genauen Pricing allerdings bewusst. Man sei bei Callino mit der Festlegung der definitiven Preise beschäftigt. Am denkbarsten sei ein Raster mit Grundangeboten und möglichst vielen Optionen.



Auch bei der deutschen Star One, die im Moment mit dem Aufbau einer Schweizer Niederlassung beschäftigt ist und eine Lizenz für Basel, Zürich und St. Gallen besitzt, sieht die Situation ähnlich aus. Man will zwar spätestens Anfang 2001 erste Kunden anschliessen, hat aber noch keine Vorstellung von Preisen, Installationsgebühren oder Verfügbarkeit.



Thomas P. Menzel, Managing Director Star One (Switzerland), konnte nicht mehr sagen, als dass die Preise unter denen einer Standleitung oder auf gleichem Niveau zu liegen kommen. Als grossen Vorteil gegenüber der Mietleitung gibt Menzel die variablen Kapazitäten einer WLL-Verbindung an. "Die Übertragungsraten können auf Kundenwunsch nach Bedarf zur Verfügung gestellt werden." Anders als bei der Standleitung, wo man beispielsweise während 24 Stunden eine Übertragungsrate von 2 Mbps besitzt, diese aber an 60 Prozent des Tages gar nicht braucht. Dieses Verabschieden von Flatrate-Preisen könnte eine beachtliche Ersparnis bringen.




Konkretes von Commcare

Urs Loeliger, Managing Director bei Commcare, konnte als einziger der angefragten WLL-Anbieter das Angebot konkretisieren. Bei der Commcare wird der Internetzugang als IP-Multiservice verkauft und nicht als Technologie. "In Gebieten, die mit WLL erschlossen sind, können die Kunden mit einer Preisreduktion von 30 Prozent rechnen, egal, ob der User via Mietleitung oder WLL ans Netz angeschlossen ist." Wird eine Firma via WLL verbunden, übernimmt Commcare die Installationskosten. Das Telekomunternehmen wird zuerst Konsumenten im Raum Zug mit WLL erschliessen. Hier läuft im Moment auch ein Pilotprojekt. Ab dem 1. Januar 2001 sollen dann die Regionen Luzern, St. Gallen, Bellinzona und Lugano sowie eventuell Basel folgen. Wieviel dass der Highspeed-Zugang letztlich kosten wird, hängt von der gewünschten Übertragungsrate sowie der Übertragungsdistanz ab. Die Commcare verrechnet im Moment für eine Standleitung mit einer garantierten Übertragungsrate von 512 kbps in Lokalbereich, das
heisst bis zu einer Distanz von 3,5 Kilometer zum nächsten POP, 1160 Franken im Monat. Dieselbe Leitung wird in Zukunft in den WLL-Regionen, also zum Beispiel in Zug, nur noch etwas mehr als 800 Franken kosten.





ADSL - teuer und zu wenig kostentransparent

Über ADSL haben wir in unseren vergangenen Ausgaben bereits ausführlich berichtet. ADSL wird seit dem 9. Oktober von Bluewin, VTX und EconoPhone in der Schweiz angeboten. Dabei sind die Anbieter weiter auf die letzte Meile der Swisscom angewiesen, die ADSL als Wholesale-Angebot verkauft. ADSL wird mit zwei Übertragungsraten angeboten: 256/64 kbps (Up-/Download) sowie 512/128 kbps. Dabei liegen die Werte deutlich hinter WLL und der Mietleitung.



Das grösste Manko von ADSL ist aber der Preis, denn ein Vergleich der Preise zwischen den Anbietern ist ein äusserst schwieriges Unterfangen. Zu gross sind die Unterschiede der Zugaben bei den Highspeed-Zugängen und den Installationskosten. Am ehesten lässt sich das EconoPhone-Angebot mit anderen Angeboten wie dem Kabel-TV-Zugang vergleichen. Im 512/128-kbps-Datendurchsatz werden keine Mengenbeschränkung, aber auch praktisch keine Zusatzleistungen geboten. EconoPhone will für den Internetzugang 199 Franken im Monat, was vergleichsweise preiswert ist.





Kabel-TV - keine Qual der Wahl

Neben ADSL und der Mietleitung die einzig greifbare Möglichkeit eines Highspeed-Anschlusses stellt der Internetzugang über das Fernsehkabel dar. Der Kabel-TV-Zugang ist dabei äusserst interessant, gerade im Vergleich zu ADSL, werden doch die gleichen Übertragungsraten zu einem massiv tieferen Preis angeboten. Bei der Cablecom, dem grössten Schweizer Kabel-TV-Anbieter, kostet die monatliche Gebühr für einen 512/128-kbps-Anschluss 65 Franken. Hinzu kommt noch die Miete des Modems für 15 Franken. Dabei genügt ein Modem pro Anschluss. Über einen Router können mehrere Rechner mit einem Modem auf das Internet zugreifen. Bei anderen Anbietern muss bei einer Teilung des Modems aber mit höheren Tarifen gerechnet werden. Laut Cablecom-Sprecher Eric Zeller sollen bis Ende Jahr auch Übertragungsraten bis zu 2 Mbps ermöglicht werden. Diese Zugänge sollen dann etwa 250 bis 300 Franken im Monat kosten. Ausserdem wurde bei den Modems endlich ein Standard festgelegt und diese sollen bald auch verkauft werden. Dafür ist in etwa ein Preis von 500 Franken zu veranschlagen. Jedoch bestünden im Moment noch Lieferengpässe bei den Modem-Herstellern.



Der einzige Bremsklotz für den Kabel-TV-Zugang liegt darin, dass viele Gebiete der Schweiz Internet-technisch mit dem Fernsehkabel noch nicht erschlossen sind. Die Kabelstruktur muss dazu bidirektional sein, damit Daten wie beim Fernsehen nicht nur empfangen, sondern auch gesendet werden können. Die Cablecom als grösster Anbieter hat etwa 500'000 ihrer 1,4 Millionen Haushalte bidirektional erschlossen. Bis 2001 sollen aber etwa 90 Prozent die Möglichkeit zum Internet-Access besitzen. Diese Versprechungen wurden aber vor geraumer Zeit schon einmal gemacht, und trotzdem sind grosse Teile des Landes nach wie vor am Warten. Detaillierte Informationen über die jeweiligen regionalen Angebote und deren Verfügbarkeit sind unter www.cablemodem.ch zu finden.





Mietleitung: Teuer, doch zu haben

Nachdem WLL offenbar noch auf sich warten lässt, bleibt als einzige Möglichkeit, die Geschwindigkeiten im Megabit-Bereich erlaubt, vorläufig die Standlinie. Die Möglichkeit der permanenten Internetanbindung hat aber ihren Preis. Dieser ist zum einen abhängig vom gewünschten Datendurchsatz und zum anderen von der Entfernung zum nächsten POP des Anbieters. Die Preise sind mit ADSL und dem Kabel-TV-Zugang kaum vergleichbar, da sie stark orts- und serviceabhängig sind. Jedoch stellt man schnell fest, dass die Preise gegenüber den Alternativ-Technologien um ein Vielfaches höher liegen. Commcare verlangt, wie erwähnt, für eine mit ADSL vergleichbare Leitung 1160 Franken im Monat. Bei Sunrise drückt man sich um eine Preisangabe. Zu viele Faktoren würden den Preis ausmachen - angefangen beim Datendurchsatz über die zu überbrückende Distanz bis hin zu den gebotenen Services. Für jeden Kunden würde eine individuelle Offerte erstellt.



Somit bleibt dem Kunden nichts anderes übrig, als für sich abzuklären, welche Variante am meisten Sinn für ihn macht. Auf jeden Fall ist eine Mietleitung teurer als eine vergleichbare ADSL- oder TV-Kabel-Leitung und ist erst dann sinnvoll, wenn man eine höhere Übertragungsrate beansprucht. Eine Eruierung der Auslastung würde für viele KMU durchaus Sinn machen - bezahlt man doch häufig Kapazitäten, die man gar nicht braucht.





Zuschlagen oder warten?

Wer im Moment an der Budgetierung des Internetzugangs für das nächste Jahr ist und sich angesichts der hohen Kosten der Standleitung eine Alternative überlegt, dürfte auf Probleme stossen oder ganz enttäuscht werden. ADSL sowie der Kabel-TV-Anschluss sind im Moment noch die einzigen Ausweichmöglichkeiten. Beide sind zur Zeit aber nur regional beschränkt verfügbar. WLL ist trotz den grossspurigen Ankündigungen noch Monate entfernt, und aufgrund der unbestimmten Preispolitik der meisten Anbieter wird eine Einplanung ausgeschlossen. Noch weiter in der Zukunft liegt Powerline, der Internetzugang über das Stromkabel, mit dem nicht vor 2002 gerechnet werden sollte.



Die UMTS-Versteigerung in der Schweiz steht vor der Tür, jedoch kann man auf das Highspeed-Mobilnetz im Moment sicherlich noch nicht setzen. Monika Walser von Diax rechnet mit ersten Zugängen nicht vor 2003 oder 2004.




Eine weitere Alternative ist der Internetzugang über Satellit. Das Problem hierbei liegt aber darin, dass über die Schüssel nur Daten heruntergeladen werden können. Der Upload muss konventionell via V.90- oder ISDN-Modem erfolgen. Die einzige Konstellation, in der ein Satellitenzugang Sinn machen würde, wäre laut Stefan Simeon, Inhaber der Firma Blackpoint Net, welche den Zugang via Satellit anbietet: "Wenn eine Firma praktisch nur Daten herunterlädt und für den Upload den ISDN-Anschluss nutzen könnte. Dann müsste eine Rentabilität abgeklärt werden." Diese Zugangsmöglichkeit würde neben den Telefonkosten 240 Franken im Jahr betragen und soll rund drei bis vier mal schneller sein als ISDN.



Wer bereits über die Möglichkeit des Internetzugangs via TV-Kabel verfügt, sollte sich aber am ehesten mit dieser Möglichkeit auseinander setzen. Auch ADSL ist eine Überlegung wert, zumal die Preise wahrscheinlich noch fallen werden. Alle anderen Unternehmen, die keinen Zugang zu einer dieser Technologien besitzen oder eine höhere Übertragungsrate als 512 kbps benötigen, müssen bei der Mietleitung bleiben oder mit dem Warten auf WLL vertröstet werden.



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