The Voice of America: Transmeta - der Chip auf dem Buckel von Intel
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2000/41
Ich war kürzlich an einem Insider-Anlass, um Software-Grössen über ihre Produkte bluffen und angeben zu hören. Just als ich dabei war, die hübsch verpackten Aussagen zu entwirren, hörte ich, wie Intel-CEO Craig Barrett über den Chip-Startup und Rivalen Transmeta herzog. Da wurde mir zum ersten Mal bewusst, dass Transmeta wahrscheinlich mit grossen Problemen zu kämpfen hat.
Intel ist berühmt für seine Paranoia. Wenn man da Transmeta nicht ernst nähme, könnte der junge Chip-Hersteller tatsächlich gefährlich werden.
Dann tauchten noch mehr schlechte Nachrichten über Transmeta auf, kurz vor dem Börsengang. Lassen Sie uns Transmeta näher betrachten und dann werde ich Ihnen erzählen, wieso eine prosperierenden Transmeta uns allen nützt.
Gegründet 1995, arbeitete Transmeta im Versteckten, bis anfangs dieses Jahres die Firma auf den Markt preschte, und behauptete, man habe fünf Jahre Vorsprung auf die Chip-Hersteller Intel und AMD.
Diese Startup-Firma aus dem Silicon Valley setzt ihre Zukunft auf Halbleiter - für Notebooks und andere schlanke Geräte -, die wenig Wärme entwickeln und stromsparend arbeiten, ohne die Performance zu beeinträchtigen. Transmeta macht das mit der sogenannten Code-Morphing-Technologie. Software führt Funktionen aus, die sonst eigentlich die Hardware bietet. Im Betrieb verarbeitet der Crusoe-Chip x86-Code in nativen Crusoe-Code, was die Performance vermindert. Aber nur für einen kurzen Moment, weil der Vorgang nur einmal erfolgen muss.
Die resultierende Stromersparnis soll es erlauben, die Akkubetriebsdauer eines Notebooks auf bis zu 12 Stunden zu erhöhen - bei Taktraten zwischen 100 und 600 MHz.
Das ist das Versprechen von Transmeta, aber in der Realität funktioniert das nicht so reibungslos.
Drei für die Zukunft von Transmeta wichtige Ereignisse geschahen vorletzte Woche:
• IBM gab die Pläne für ein ThinkPad-
Mini-Notebook mit Transmetas Crusoe-Chip vorläufig auf.
• Compaq gab bekannt, man werde den Crusoe-Chip zugunsten eines Low-Power-Chips von Intel überspringen.
• Transmeta vollzog den Börsengang, der nicht nur gut verlief, sondern angesichts der schlechten Nachrichten sogar grossartig.
Die Absagen von IBM und Compaq trieben Transmeta nicht in untiefe Meeresengen. Ende September hatte Transmeta an Fujitsu, Gateway, Hitachi und Sony ausgeliefert.
Die Hintergründe zu diesen Nachrichten zeigen, dass um sehr viel Geld gespielt wird. Als Hersteller ihre Absicht öffentlich bekannt gaben, die Transmeta-Chips auszuprobieren, jubelten viele, es sei eine unglaubliche David-und-Goliath-Geschichte. Die Realität sieht aber anders aus. Hardware-Hersteller brauchen Transmeta auf die gleiche Weise, wie sie AMD brauchen: Um Wettbewerb in das Chip-Rennen einzuspritzen und um sich Macht zu geben, wenn sie über die Preise verhandeln, selbst wenn sie immer noch Geschäftsbeziehung mit Intel unterhalten. Intel hat zweifelsohne die Produktion des Low-Power-Pentium-III-Chips vorangetrieben, gerade weil Transmeta eine wahre Bedrohung war. Wieso haben dann IBM und Compaq den Crusoe-Chip kurz vor dem Börsengang von Transmeta fallengelassen? Zwei Gründe:
• Performance: Crusoe arbeitete schlicht nicht so schnell, wie versprochen wurde.
• Zorn der Aktionäre: Kein Unternehmen wollte sich vorwerfen lassen, auf schlechten Nachrichten zu sitzen, bevor die Transmeta-Aktien himmelwärts stürmten.
Zweifelsohne war die Angeberei von Transmeta, dass man der Konkurrenten um fünf Jahre voraus sei, hochtrabend, aber Transmeta bringt den benötigten Wettbewerb in den Markt der stromsparenden Highspeed-Chips.
Hardware-Hersteller haben das bereits erkannt. Der wahre Gewinner in dieser Welt, in der Transmeta gedeiht, sind Sie. Was Craig Barret (CEO Intel) angeht, so hoffe ich, dass er falsch liegt. Sie hoffen das besser auch.