Die Haupttrends der Finanz-IT

Flexibilität, Outsourcing und Compliance stehen im Vordergrund der aktuellen Entwicklung.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/19

     

Die Banken-IT befindet sich nach wie vor in einem stetigen Wandel. In den vergangenen Jahren lag der Fokus eindeutig auf der Ablösung veralteter, meist proprietärer Informatiklandschaften, die durch Standardplattformen und Gesamtbankenlösungen von der Stange ersetzt wurden. Dieser Trend wird sich fortsetzen, ist Uwe Krakau von Avaloq Evolution AG überzeugt, da die Standardprodukte trotz der Standardisierung deutlich mehr Flexibilität und Möglichkeiten zur Prozessoptimierung bieten, was den Banken zu mehr Effizienz verhilft. Eine höhere Effizienz und grössere Flexibilität sind auch für Miki Mitric, Business Development Manager bei Sun, die wichtigsten Trends in der Schweizer Finanzindustrie – nur damit gelinge es den Banken, am Markt schneller zu agieren und die eigene Innovationskraft auszuschöpfen.





Daneben üben die zahlreichen Compliance-Anforderungen vor allem auf international tätige Finanzdienstleister einen permanenten Druck aus. Immer mehr spielen dabei Regulierungswerke der EU auch im Schweizer Bankenmarkt eine Rolle. Wie das aktuelle Trendbarometer der European Banking & Insurance Fair (E.B.I.F.), das halbjährlich durchgeführt wird, aufzeigt, wird dabei derzeit vor allem der 8. EU-Richtlinie (sogenannte Abschlussprüferrichtlinie, eine Art Sarbannes-Oxley-Act für Europa) und der 3. EU-Geldwäsche-Richtlinie eine hohe Prioriät zugemessen. Eine nicht ganz so hohe Priorität unter den befragten 34 Experten aus Banken- und Versicherungs-IT geniessen derzeit die MiFID (Markets in Financial Instruments Directive), SEPA (Single Euro Payment Area, die Idee eines Euro-weiten einheitlichen Zahlungsraums) und Solvency II, während Basel II als Treiber zunehmend an Gewicht verliert – die Banken müssen sich heute, zwei Monate vor Inkrafttreten von Basel II am 1.1.2007, bereits mit den nächsten Regulatorien beschäftigen.


MiFID als Herausforderung

So steht etwa für den 1.11.2007 die Richtlinie der EU über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) an, die das europäische Wettbewerbsumfeld harmonisieren soll und weitreichende Anpassungen der IT erfordern wird. Angesichts der immensen Herausforderungen, die sich damit abzeichnen, wächst laut E.B.I.F-Trendbarometer die Verunsicherung bei Banken und Finanzdienstleistern – aber auch bei den Auguren: So spricht etwa Accenture hinsichtlich der geschätzten Kosten für die Umsetzung der MiFID von rund 1,2 Milliarden Euro, während die PPI Consulting Group mit 40 Milliarden Euro rechnet.






Klar ist, dass die bereits 2004 verabschiedete MiFID eine der grössten Herausforderungen für die europäische Finanzbranche der letzten Jahre sein wird und auch Schweizer Banken davon betroffen sind. Ziele der EU-Richtlinie sind ein verstärkter Anlegerschutz sowie die Erhöhung der Markttransparenz und der Markteffizienz durch verstärkten Wettbewerb. Als Massnahmen werden die Finanzdienstleister unter anderem zu umfassender Transparenz vor und nach Handelsaktivitäten, zur Ausführung von Aufträgen zu den für den Kunden günstigsten Bedingungen (Best Execution) und zur Archivierung von Transaktionsdaten für bis zu fünf Jahre verpflichtet. Diese Massnahmen dürften nicht nur zu einem verstärkten Wettbewerb unter den Banken führen, sondern in den meisten Fällen auch die Neuanschaffung und Anpassung von Hard- und Software nötig machen.
MiFID und andere neue oder verschärfte regulatorische Anforderungen, darin sind sich auch Schweizer Experten wie Miki Mitric oder Alain Gut, Manager Financial Services von Microsoft, einig, werden nicht nur eine starke Belastung für die IT-Budgets sein, sondern auch zu mehr Transparenz führen, die letztlich dem Kunden zugute kommt.


Outsourcing noch immer im Trend

Umgetrieben werden die Banken aber nach wie vor auch vom Outsourcing. Die Finanzdienstleister stehen dabei vor dem Problem, welche Bereiche sie überhaupt auslagern können und wo sie selber investieren müssen. Das zeigt sich auch im E.B.I.F.-Trendbarometer: Bei über 50 Prozent der Befragten steht hier die Netzwerktechnik ganz zuoberst auf der Liste der Outsourcing-Kandidaten, gefolgt von der allgemeinen Sachbearbeitung und Verwaltung, dem Wertpapiergeschäft und den Storage-Lösungen. In diesen Bereichen wird dem Trendbarometer zufolge derzeit auch kaum investiert, während sich in Bereichen wie dem Zahlungsverkehr und dem Dokumentenmanagement Investitions- und Outsourcing-Pläne in etwa die Waage halten.
Uwe Krakau von Avaloq sieht denn auch eine Entwicklung in Richtung «Anbieter-Zentren», an die Banken Teile ihrer Wertschöpfungsketten wie beispielsweise Wertschriften- und Kreditabwicklung, Zahlungsverkehr und Devisen effizient und kostengünstig outsourcen können.





Keinerlei Outsourcing kommt für die Experten dagegen in den nächsten 12 Monaten in den Bereichen Risikomanagement, CRM, Kundenservice und Business Intelligence in Frage; hier soll den Prognosen zufolge statt dessen kräftig investiert werden. Hohe Investitionen erwartet man auch beim Vertrieb, der Gesamtbanksteuerung, dem Web-Service, der Geschäftsprozessoptimierung sowie dem Datenschutz und der IT-Sicherheit – wobei sich einige der in der Studie befragten Experten in all diesen Bereichen durchaus auch ein Outsourcing vorstellen könnten.


IT-Sicherheit: Wichtig, aber...

Dem stehen allerdings die Prioritäten gegenüber, die die Finanzdienstleister dem Trendbarometer zufolge mit dem Einsatz von Informationstechnologie verfolgen: Hier liegt nämlich die Optimierung der IT-Sicherheit mit Abstand an der Spitze, gefolgt von der Gesamtbanksteuerung und der Verbesserung des Kundenservice. Die Erfüllung von regulativen Vorgaben folgt erst auf Rang vier, die Senkung der Kosten landet gar abgeschlagen auf dem letzten Platz.




Werden die Experten allerdings nach der Häufigkeit gefragt, in der Banken und Versicherungen derzeit in die Verbesserung ihrer IT-Sicherheit investieren, um sich beispielsweise vor externen Angriffen durch Hacker zu schützen, zeigt sich wiederum ein anderes Bild: Bloss knapp vierzig Prozent haben hier Investitionszyklen von unter einem Jahr, während sich fast die Hälfte mit einem Zyklus von ein bis zwei Jahren begnügt. Überraschend: Dem Trendbarometer zufolge investieren 13 Prozent der Finanzdienstleister bloss alle zwei bis drei Jahre in die Sicherheit, und drei Prozent geben sich sogar mit einer Sicherheitsinvestition nur alle drei bis vier Jahre zufrieden.
Ganze 82 Prozent der Banken beurteilen die Aufwendungen für die Verbesserung der IT-Sicherheit denn auch als ein Muss, als einen Aufwand, dem kein positiver Effekt gegenübersteht. Als lohnende Investition mit einem positiven Return on Investment gilt die Sicherheit laut Trendbarometer bloss bei knapp einem Fünftel der Finanzdienstleister.






Welches primäre Ziel verfolgen Banken und Versicherungen mit dem Einsatz von Informationstechnologien?


Finance Forum 2006

Am 7. und 8. November findet im Kongresshaus Zürich bereits das 16. Finance Forum statt. Im Zentrum steht dabei das Management-Seminar vom 8.11., an dem unter dem Titel «Finanzplatz Schweiz auf Erfolgskurs – Strategien für nachhaltiges Wachstum» CEOs und Top-Executives über aktuellste Trends aus der Banken- und Versicherungswelt referieren. Zu den Themen gehören die Trends im Private Banking oder Wachstumsstrategien für das Retail Banking.
Ergänzt wird das 16. Finance Forum durch eine Ausstellung mit über 160 Ausstellern, zahlreiche kostenlose Kurzreferate zu neuesten Technologien und Bankentrends, eine Sonderschau zum Thema Business-Process-Outsourcing sowie die Möglichkeit zu Einzelgesprächen mit Experten, die über die Web-Plattform meetEX (www.finance-forum.com/meetEX) allerdings bereits vorab gebucht werden müssen.


Info: Finance Forum, www.finance-forum.com




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