E-Mail ohne Desktop-Fesseln

Die Open-Source-Groupware Zimbra ist nicht nur schön anzusehen, sondern macht auch den Zugriff auf E-Mails leichter.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/22

     

Im Rahmen der Web 2.0 Conference von Anfang Oktober hat der kalifornische Start-up Zimbra seine komplett webbasierte Groupware auf Basis von Open-Source-Komponenten und AJAX vorgestellt. Auch wenn der Funktionsumfang noch limitiert ist, dürfte die Lösung die E-Mail-Bedürfnisse von vielen KMU befriedigen.


Offene Grundlage

Die Serverlösung von Zimbra, die sich momentan noch im Betastadium befindet, unterscheidet sich nicht gross von anderen freien Groupware-Projekten wie beispielsweise dem vom deutschen Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik initiierten Kolab oder OpenXChange der ehemals deutschen Netline. Wie auch die anderen Projekte setzt man bei Zimbra auf bewährte Open-Source-Lösungen, die auf verschiedene Funktionskomponenten verteilt sind. Zentrale Komponente ist der Zimbra Store, der eigentliche Zimbra-Server, der den Anwendern das Webinterface zu ihren Mailboxen zur Verfügung stellt. Zimbra Store besteht aus einem Apache Tomcat, der den Serverlet-Container für die Applikation bereitstellt. Je nach Menge der Anwender können ein oder mehrere Zimbra Stores eingesetzt werden, denen je ein Datenspeicher (MySQL), ein Nachrichtenspeicher (Dateisystem) und ein Index-Speicher (Apache Lucene) für die Suche zur Seite steht.






An den Zimbra Store schliesst sich Zimbra LDAP an. Zimbra LDAP beinhaltet, wie der Name schon sagt, einen LDAP-Server, der zur Authentifizierung und Autorisierung der Anwender verwendet wird. Standardmässig kommt dabei das freie OpenLDAP zum Einsatz, wobei auch die Möglichkeit existiert, bestehende Active Directory Server von Microsoft neben OpenLDAP in Zimbra LDAP zu integrieren.
Das Mail Routing übernimmt Zimbra MTA (Mail Transfer Agent). Zimbra MTA besteht im wesentlichen aus dem freien MTA Postfix sowie Amavis, einer Interface-Software zwischen MTA und Content-Checking-Software wie Anti-Spam- und
Antivirus-Lösungen. In der Standard-Konfiguration von Zimbra werden sowohl der freie Virenscanner ClamAV wie auch die Anti-Spam-Lösung Spamassassin mitgeliefert. Andere, beispielsweise geschlossene Antivirus-Lösungen, lassen sich mit wenig Konfigurationsaufwand in Amavis integrieren.


Schluss mit dem Client-Chaos

Im Gegensatz zu den meisten anderen Groupware-Lösungen, bei denen das Webinterface bestenfalls den Status von Beigemüse hat, ist es bei Zimbra integraler Bestandteil, wobei es dank dem Einsatz von AJAX (Asynchronous Javascript and XML) und DHTML trotzdem Desktop-Flair vermittelt. Dies ist insbesondere in heterogenen Netzwerken von Vorteil, wenn alle Anwender das gleiche Interface benutzen sollen, und bei Aussendienstmitarbeitern, die nicht extra einen VPN-Tunnel aufbauen müssen, um an ihre E-Mails zu gelangen. Eine simple SSL-Verbindung reicht aus, zumal das Firmennetzwerk dabei nicht dem Risiko einer Infektion mit Viren und Schädlingen via Laptops und Heim-Computer ausgesetzt wird.






Auch wenn die Funktionen noch limitiert sind – bislang existieren neben dem eigentlichen Mail-Reader nur noch eine Kontakt- und Terminverwaltung –, deckt die Software bereits jetzt die meisten Anforderungen von KMUs an E-Mail-Lösungen ab und kann vom Handling her die meisten bestehenden Anwendungen hinter sich lassen. Insbesondere die flinke Suche dürfte so manchen Outlook-Anwender neidisch werden lassen genauso wie die Integration externer Services wie Google Maps oder Skype in die Kontakt- und Terminverwaltung.
Die Verwaltung von Zimbra kann weitestgehend per Webinterface erfolgen. Erst die Integration
weiterer Komponenten wie Anti-viren-Scanner oder das Umkonfigurieren des MTA muss auf der Kommandozeilenebene vorgenommen werden. Doch auch da greifen einem speziell entwickelte Helferchen unter die Arme.
Wer dennoch mit einem Desktop-Client auf seine Zimbra-Mailboxen zugreifen will, kann dies über POP3 oder IMAP tun. Bis zur ersten fertigen Version soll zudem noch Unterstützung für Exchange-5.5-Migration sowie für Kunden der «Network Edition» (siehe Kasten) ein MAPI-Connector für Outlook 2003 sowie die Synchronisation mit mobilen Clients hinzukommen.


Einfache Installation

Die Installation von Zimbra ist ziemlich simpel, sofern man auf die vorgefertigten Binaries zurückgreifen kann. Im Moment stehen Binärpakete von Zimbra M2 für Fedora Core 3 und 4, Red Hat Enterprise Linux 4 (RHEL) sowie MacOS X bereit. Die Pakete für RHEL funktionieren auch zusammen mit CentOS 4.2, der freien Version von RHEL, auf der wir Zimbra getestet haben. Nach der Installation des Betriebssystems und des Downloads von Zimbra muss die Software nur noch entpackt und das Installationsscript aufgerufen werden. Nach der Beantwortung von einem guten Dutzend Fragen ist die Software installiert, und es kann mit der Einrichtung der Accounts über die Weboberfläche begonnen werden.


Verschiedene Versionen

Zimbra ist im Moment sowohl als kostenlose Open-Source-Edition
als auch kostenpflichtige «Network Edition» erhältlich. Die «Network Edition» unterscheidet sich unter anderem durch zusätzliche Funktionen für Hot Backup oder Indizierung von Attachments.




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