Apfel mit virtuellem Fenster

Mit Parallels Desktop for Mac steht die erste Virtualisierungslösung für Intel-Macs bereit. Wir haben sie auf Herz und Nieren getestet.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/14

     

Der Intel-Switch bringt den Mac-Usern nicht nur schnellere Rechner und flachere Notebooks, sondern auch schnellere Virtualisierungssoftware. Dies verdanken die Mac-Anwender weniger den Intel-Prozessoren als der Tatsache, dass nun auf einer x86-Plattform x86-Software virtualisiert werden kann. Dies ist deutlich weniger aufwendig, als wenn x86-Software auf PowerPC «übersetzt» werden muss. Zudem sind alle aktuellen Intel-Macs mit Intels Virtualization Technology ausgestattet, welche die CPU-Virtualisierung vereinfacht und damit beschleunigen soll. Eine erste Virtualisierungssoftware für Intel-Macs, die zudem Intels Virtualization Technology unterstützt, ist das neu auf den Markt gekommene Parallels Desktop for Mac.


Einfache Bedienung

Wie bereits erwähnt, setzt Parallels Desktop for Mac einen Mac mit Intel-Prozessor voraus. In Frage kommen somit im Moment aktuelle Modelle von iMac, Mac Mini, MacBook, MacBook Pro und Mac Pro. Zudem benötigt man eine aktuelle Version von MacOS X 10.4, mindestens 512 MB Arbeitsspeicher und 30 MB freien Speicherplatz auf der Festplatte für die Virtualisierungssoftware selber und dazu noch ausreichend Speicherplatz für die virtuellen Maschinen. Als Testmaschine kam ein MacBook Pro zum Einsatz, das mit einem Core Duo mit 2,0 GHz Taktfrequenz und 2 GB RAM ausgestattet war.
Die Software kommt als Disk Image daher und lässt sich mit Hilfe eines Installers mit wenigen Klicks einrichten. Installiert wird neben der eigentlichen Virtualisierungssoftware ein Programm zur Bearbeitung der Disk Images, in denen die virtuellen Maschinen aufbewahrt werden.
Die Erstellung und Konfiguration der virtuellen Maschinen unterscheidet sich nur leicht zur Konkurrenz wie Microsofts Virtual PC. Ein Wizard leitet einen durch die verschiedenen Schritte, wobei man wählen kann, ob man die einzelnen Aspekte der virtuellen Maschine von Hand konfigurieren oder einfach den Vorschlag von Parallels Desktop for Mac übernehmen möchte. Übernimmt man den Konfigurationsvorschlag, braucht man nur noch das Gast-Betriebssystem auszuwählen, und schon kann man loslegen.


Komplettes System

Dem Gastsystem wird eine Standard-Intel-CPU mit SSE-Instruktionsset, ein generisches Mainboard auf Basis von Intels i815-Chipsatz und eine VESA-3.0-kompatible Grafik vorgegaukelt. Dazu kommen zwischen 4 und 1500 MB Arbeitsspeicher, ein Standard-Disketten-Laufwerk, das auf ein Image gemappt wird, und bis zu 4 IDE-Geräte. Diese können auf Festplatten, die auf ein Image gemappt werden, oder auf CD/DVD-ROM-Laufwerke, die auf physikalisch vorhandene Laufwerke oder Images zeigen, verteilt werden. Die Grösse der Festplatten-Images kann dabei zwischen 20 MB und 128 GB liegen. Ebenfalls emuliert werden eine virtuelle Netzwerkkarte, die sich wie ein RTL8029-Chip verhält und sich entweder mit dem Ethernet- oder Airport-Anschluss des Macs verbindet, zwei virtuelle USB-1.1-Controller, die sich ebenfalls mit den Geräteanschlüssen verbinden, eine AC‘97-kompatible Soundkarte, eine Standard-Tastatur und eine PS/2-Wheel-Mouse. Abschliessend lassen sich bis zu vier serielle und zwei LPT-Anschlüsse auf Ausgabedateien oder Sockets mappen.
Der Standard-Konfiguration werden 256 MB RAM, eine 8 GB fassende Image-Datei, ein optisches Laufwerk, Netzwerk-, Sound- und USB-Controller zugewiesen. Dies reicht für den Hausgebrauch und die Installation aller Betriebssysteme aus. Wer mehr Arbeitsspeicher oder zusätzliche Laufwerke möchte, kann diese auch zu einem späteren Zeitpunkt erstellen.
Im Gegensatz zu den Workstation- oder Serverprodukten der Konkurrenz unterstützt Parallels Desktop for Mac im Moment weder 64-Bit-Instruktionen noch die Verwendung von mehreren Prozessoren. Diese soll zwar noch irgendwann nachgerüstet werden, der genaue Zeitpunkt ist bislang aber noch nicht bekannt. Allerdings ist dies auch nicht allzu dramatisch, da sich die Software nicht an Serverbetreiber richtet und Multi-Prozessor-Support erst dort seine Wirkung entfalten kann.


3...2...1...

Startet man die virtuelle Maschine, wird nach der in der Konfiguration eingestellten Bootreihenfolge nach bootbaren Medien gesucht. Die Betriebssystem-Installation kann so über eine bootbare Diskette oder CD initialisiert werden.
Die Installation der von uns getesteten Betriebssysteme Windows XP, Windows 2000, Windows 98, Fedora Core und Debian GNU/Linux verlief soweit problemlos. Sämtliche Hardware wurde entweder sofort oder spätestens nach der Installation der Parallels Tools, welche den Virtual Machine Additions von Virtual PC entsprechen, erkannt. Diese bringen nebst dem Hardware-Support unter Windows auch noch Unterstützung für Shared Folder mit, mit denen sich Dateien zwischen der Virtual Maschine und dem Host-Bestriebssystem austauschen lassen. Sie sind aber nur für Windows verfügbar. Anwender von Linux, BSD oder Solaris schauen mindestens im Moment noch in die Röhre.
Einzig OpenSuse hatte in der Version 10.1 Probleme, den Installer zu laden, allerdings dürfte es sich angesichts der sonst problemlosen Installationen eher um Probleme von OpenSuse handeln.
Ist das Betriebssystem geladen, lässt es sich so benutzen, als wäre es direkt auf der Maschine installiert worden. Dabei kann zwischen der klassischen Fensteransicht und einem Fullscreen-Modus gewechselt werden, der ähnlich wie der Fast User Switch von MacOS X funktioniert und bei dem das Dock ausgeblendet wird.
Möchte man die Arbeit an der virtuellen Maschine unterbrechen, lassen sich wie bei anderen Lösungen die Maschinen nicht nur herunterfahren, sondern auch einfrieren (Suspend). So kann die virtuelle Maschine später jederzeit mit einem Doppelklick wieder gestartet werden, und man kann an der gleichen Stelle mit der Arbeit fortfahren.


Hohe Leistung

Die Performance der virtuellen Maschinen ist für Anwender von Virtual PC auf PowerPC ausgesprochen beeindruckend. Liess sich selbst auf einem PowerMac mit zwei G5-Prozessoren mit je 2,0 GHz Windows 2000 nur mit grossen Rucklern bedienen, ist die Arbeit unter Parallels Desktop for Mac und Windows XP äusserst flüssig. Es lässt sich nicht nur problemlos mit einem ER Modeler, Photoshop oder Dreamweaver arbeiten, sondern auch Quicktime-HD-Videos in voller Auflösung anschauen.
Spielen und das Anschauen von DVDs wäre von der Geschwindigkeit der virtuellen Maschine her auch möglich. Allerdings ist weder ein sogenannter Overlay noch ein Direktzugriff auf die Grafikhardware möglich, wodurch Spielen und das Anschauen von DVDs verunmöglicht wird. Dies ist aber kein Makel von Parallels Desktop for Mac, sondern allgemein der Virtualisierungslösungen.
Applikationen, die abgesehen von den erwähnten Einschränkungen nicht liefen, haben wir bei unseren Tests nicht gefunden. Doch empfiehlt es sich insbesondere bei exotischeren Produkten, vorab mit der Testversion auszuprobieren, ob wirklich alles reibungslos läuft.
Den äusserst positiven Eindruck bezüglich Ausführungsgeschwindigkeit unterstreichen die Benchmarks, die mit Futuremarks PCMark 2005 ausgeführt wurden (siehe Grafik auf Seite 20). Im Vergleich zum direkt auf der Maschine laufenden Windows XP ist die virtualisierte Ausgabe ca. 30 Prozent langsamer, liegt aber noch immer über der Leistung eines Athlon XP 3200+. Der gleiche Benchmark, ausgeführt auf dem erwähnten PowerMac mit Virtual PC 2007 for Mac und Windows XP, ist um 73 Prozent langsamer als Windows XP im Rahmen von Parallels Desktop for Mac und gar 81 Prozent langsamer als der native Betrieb.


VT bringt wenig

Interessant ist dabei, dass die Ausführungsgeschwindigkeit kaum von Intels Virtualization Technology (VT) profitiert. Deaktiviert man den VT-Support in Parallels Desktop for Mac, beträgt der Geschwindigkeitsunterschied nur wenige PCMark05-Punkte. Dies ist weit unter der Wahrnehmungsgrenze, so dass man sagen kann, dass Windows XP mit und ohne VT gleich schnell ist. Dies würde man zwar auf den ersten Blick nicht erwarten, allerdings entspricht dies den Aussagen von Intel. Denn VT soll sich erst in massiven Multi-User-Szenarien besser in Szene setzen können.
Ebenfalls in die Benchmarks mit einbezogen haben wir Microsoft Virtual PC 2004 SP1, das wir auf Windows XP im nativen Betrieb laufen liessen. Dabei zeigte sich, dass Virtual PC 2004 (abzüglich der Messungenauigkeit) genau gleich schnell wie Parallels Desktop for Mac ohne VT-Unterstützung ist. So kann man sagen, dass die Produkte bezüglich Ausführungsgeschwindigkeit gleichwertig sind. Ein Vergleich der beiden Produkte bezüglich VT-Unterstützung war nicht möglich, da Virtual PC erst 2007 VT-Support erhalten soll.


Defekte Images

Sollte sich während des Betriebs herausstellen, dass ein Festplatten-Image zu klein ist, ist die einfachste Möglichkeit zur Erhöhung der Festplatten-Kapazität, weitere Laufwerke einzubinden. Ist dies nicht möglich, weil schon alle IDE-Anschlüsse der Virtualisierungssoftware belegt sind oder man die Systemplatte vergrössern muss, kann man mit Hilfe eines speziellen Werkzeugs die Festplatten-Images vergrössern. Dazu muss man die virtuelle Maschine herunterfahren und das bereits genannte Image Tool laden. Nachdem man ein Festplatten-Image ausgewählt hat, kann man die neue Grösse auswählen und den Vergrösserungsprozess anstossen. Sobald er fertiggestellt ist, lässt sich die virtuelle Maschine wieder hochfahren und man kann den neuen Speicherplatz nutzen. Dies funktioniert unter anderem beim Linux-Dateisystem ext3 tadellos, sorgt bei NTFS und Windows 2000 respektive XP aber unter Umständen dafür, dass sich die virtuelle Maschine nicht mehr booten lässt. Eine Nachfrage beim Hersteller für den Grund dieses Problems blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Es empfiehlt sich deshalb dringend, vor einer derartigen Operation eine Sicherungskopie anzulegen.
Neben der Vergrösserung der Images dient das Werkzeug dazu, neue Images zu erzeugen oder deren Typ zu konvertieren.


Betriebssysteme

Parallels Desktop for Mac
unterstützt die folgenden Betriebssysteme:

Windows 3.1 und höher bis
Windows XP Professional


Windows NT Server 4.0 und höher bis Windows 2003 Server


Red Hat Enterprise Linux


Red Hat Linux >= 7.3


Debian Linux 3.1


Fedora Core >= 3


Suse Linux >= 9.0


Mandriva Linux >= 9.2


FreeBSD >= 4.1


OS/2 Warp >= 3


eComStation >= 1.1


Solaris >= 9


MS-DOS 6.22




Benchmark-Ergebnisse PCMark05 CPU





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