Editorial

ISPs aufgepasst: So werden Sie Ihre Privatkunden los!

Übernahmen waren in den vergangenen zwei Jahren in der Schweizer Providerszene gang und gäbe. Bei vielen internationalen Unternehmen wurde nach der Übernahme dann festgestellt, dass zwar die grossen Accounts prächtig ins Konzept passen, dass man aber mit all den Klein- und Kleinstfirmen kaum etwas anzufangen weiss.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/16

     

Übernahmen waren in den vergangenen zwei Jahren in der Schweizer Providerszene gang und gäbe. Kaum ein Monat verging, in dem nicht ein international tätiger Koloss einen hierzulande angestammten Internetanbieter sang- und klanglos übernommen hatte. Stets wurde dabei versucht, die bestehende Klientel in die eigene Kundenstrategie einzubinden. "Versucht" ist dabei der richtige Ausdruck. Bei vielen internationalen Unternehmen wurde nach der Übernahme dann festgestellt, dass zwar die grossen Accounts prächtig ins Konzept passen, dass man aber mit all den Klein- und Kleinstfirmen kaum etwas anzufangen weiss, von der privaten Surfergemeinschaft ganz zu schweigen.


Der Fall Cable & Wireless

Ein gutes Beispiel ist die Übernahme von Agri.ch durch Cable & Wireless. Während man die grösseren Business Accounts hätschelt und streichelt, werden die Small-Office- und Home-Office-Kunden zwar weiterhin bedient, doch werden Leistungen gestrichen, auf die eben gerade diese Kundengruppe Wert gelegt hat. So will Cable & Wireless den Internetzugang über den Sunrise-Megapop aufgeben, der günstigere Surftouren erlaubt als über die Swisscom-Infrastruktur. Auf InfoWeek-Anfrage wurde erklärt, der Zugang sei ohnehin mehrheitlich von Privatkunden genutzt worden, womit man Otto Normalsurfer offensichtlich zur persona non grata erklärt. Wir berichten darüber auf Seite 11.



Klar, private Anwender lassen die Kassen kaum klingeln, und die Einkünfte aus diesem Segment dürften eher bescheiden sein. Doch darf man dabei eines nicht vergessen: So mancher "kleine Private" hat ein paar Jahre später sein eigenes Business und wird sich spätestens dann wieder daran erinnern, wie man damals mit ihm umgesprungen ist.





Es geht auch anders

Vor einer ähnlichen Situation wie Cable & Wireless sah sich PSINet bei der Übernahme des Providers TIC. Auch hier bestand die Kundschaft vorwiegend aus privaten Usern sowie Kleinunternehmen und hat eigentlich kaum in die Strategie des weltweit tätigen Konzerns gepasst.



Über ein Jahr nach der Übernahme hat sich PSINet dann aber anders entschieden und TIC wieder als eigenständiges Tochterunternehmen ausgelagert.




Eine geschickte Entscheidung, denn ein kleineres Team wird den Bedürfnissen und Anforderungen der SOHO-Kunden deutlich besser gerecht als ein globaler Konzern, der den Fokus auf Unternehmen mit über 1000 Arbeitsplätzen gelegt hat. Bei TIC zeigt sich die Kundschaft im übrigen mit der Neustrukturierung zufrieden.




Keine Angst vor Gratis-Providern

Angesichts der zahllosen Gratis-Provider, zu denen (vorläufig noch) auch Cable & Wireless zählt, muss man sich ohnehin fragen, ob sich die jährlich anfallenden Kosten zwischen 100 und 300 Franken für den Internetzugang überhaupt lohnen. Immerhin war die Konfiguration auf dem PC noch nie so einfach, womit auch der Support nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Dazu gibt es kostenlosen Webspace wie auch Gratis-Mail-Accounts rund um den Globus zur Genüge.



Die Nutzung der Gratisangebote kann ich deshalb ohne Wenn und Aber empfehlen. Immerhin müssen in Sachen Geschwindigkeit überhaupt keine Abstriche gemacht werden, wie jüngst der Provider-Test in InfoWeek 12/2001 gezeigt hat. Für den gesparten Betrag lassen Sie sich besser in einem lokalen Gourmet-Restaurant verwöhnen.




Wenn Sie sich als Privatkunde oder Kleinbetrieb bei Ihrem Provider auch aufs Abstellgleis abgeschoben fühlen, schreiben Sie mir und berichten Sie über Ihre Erfahrungen!



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