Artur P. Schmidt: Glasfaserentwicklung - der Ausweg aus der Krise?

Amerikanische IT-Experten wie George Gilder sehen in Technologien, die grössere Bandbreiten erlauben, die wichtigsten zukünftigen Expansionsmotoren für die amerikanische Volkswirtschaft.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/29

     

Amerikanische IT-Experten wie George Gilder sehen in Technologien, die grössere Bandbreiten erlauben, die wichtigsten zukünftigen Expansionsmotoren für die amerikanische Volkswirtschaft. Die Glasfaserübertragung erzielt beispielsweise gegenüber klassischen Kupferkabeln grosse Reichweiten und hohe Übertragungskapazitäten. Im kommerziellen Betrieb eingesetzte optische Systeme übertragen derzeit weniger als 2 Terabit pro Sekunde. Wissenschaftler der Bell Labs haben als potentielle Informationsmenge, die sich über eine Glasfaserverbindung übertragen lässt, allerdings rund 100 Terabit pro Sekunde errechnet. Dies entspricht einer gleichzeitigen Übertragungsmenge von etwa 20 Milliarden einseitiger E-Mails. Doch trotz dieser Entwicklungsmöglichkeiten ist die Glasfaserbranche ebenfalls in eine tiefgreifende Krise geraten.


Crash im Glasfaserbereich

In der Telekommunikationsbranche überbietet aktuell eine Negativmeldung die nächste. Nortel Networks, der weltgrösste Hersteller von optischem Telekommunikationszubehör, hat vor kurzem mit einem operativen Rekordverlust von über 1,5 Milliarden Dollar im 2. Quartal den Vogel abgeschossen. Der Umsatzeinbruch für das 2. Quartal um 36 Prozent hat dazu geführt, dass der Aktienkurs um über 90 Prozent in den Keller gerauscht ist.



Investitionen werden in der aktuellen Situation nur noch dort getätigt, wo Netzwerkengpässe bestehen und sich neue gewinnträchtige Erlösmöglichkeiten ergeben könnten. Doch Nortel ist nicht allein in dieser Situation. Auch die Aktien der Firmen Corning (einer der führenden Glasfaserhersteller) und JDS Uniphase (führender Komponentenhersteller für die Lichtübertragung) sind wegen des starken Nachfragerückganges massiv eingebrochen.





Neue Lösungsansätze

In den USA gibt es eine neue Gruppe von Netzbetreibern, die modernste Glasfasernetze mit enormen Bandbreiten aufbauen will. Unternehmen wie Qwest, Level 3 und Global Crossing setzen auf IP als Übertragungsprotokoll und verzichten gänzlich auf den klassischen, leitungsvermittelten Netzbetrieb - auch für die Sprachtelefonie. Insbesondere Qwest baut auf den Telefondienst über IP-Netze. Ein wesentlicher Vorteil des Qwest-Netzes liegt in den geringeren Investitionskosten gegenüber den bestehenden Netzbetreibern. Hinzu kommt, dass die Glasfaser in Kombination mit dem allgegenwärtigen Internetprotokoll viele Anwendungen auf der gleichen Infrastruktur erlaubt.




Beim Kommunikationsunternehmen Global Crossing ist zwar nach vier Jahren der Aufbau eines weltweiten Breitband-Glasfasernetzes (es verbindet 200 Städte in 27 Ländern) abgeschlossen, die Kostenintensität dieses Aufbaus hat jedoch auch hier zu erheblichen Verlusten geführt. Es dürfte sich aber abzeichnen, dass es wegen seines globalen Charakters zunehmend neue Kunden anziehen wird. Vor kurzem hat die NATO einen Rahmenvertrag mit Global Crossing unterzeichnet, um in einem auf 10 Jahre angelegten Projekt 10'000 User in 240 Botschaften und Konsulaten weltweit über das Netzwerk miteinander zu verbinden.




Der Flaschenhals

Da vor allem die Nachfrage nach neuen Diensten, die einen schnellen Internetzugang benötigen, weiter zunehmen wird, werden die Forschungsanstrengungen gerade in diesem Bereich intensiviert. Der Medienkonvergenz, die TV, Radio, Printmedien und Internet miteinander verschmelzen soll, stehen allerdings Hindernisse in Form schmalbandiger Leitungen und zu klein dimensionierter Bandbreiten für die Datenübertragung im Wege. Zwar werden die Backbones stetig erweitert, doch werden nunmehr die Datenleitungen selbst zu einem Flaschenhals. Langfristig wird nur die Glasfaser einen Ausweg bieten, um die Übertragungskapazitäten deutlich zu erhöhen.




Während uns das Jahr 1995 ein Neubeschaffungszyklus von PCs und ein starkes Wachstum im LAN- und WAN-Bereich brachte, das Jahr 1999 von Wireless-, Internet-Boom und den Y2K-Vorbereitungen gekennzeichnet war, ist ein Breitband-Boom für das Jahr 2002 aktuell noch nicht in Sicht. Sollten aber in den nächsten Monaten neue Mehrwertdienste in diesem Sektor geschaffen werden, könnte uns der Markt allerdings eines Besseren belehren.



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