Zugegebenermassen: Zahnräder und Dampfmaschinen erwähnt Microsoft in der jüngst skizzierten Vorstellung einer «New World of Work» nicht mehr. Dafür aber die sogenannte «Frontier Firm»: Grenzgänger, wagemutige Wegebereiterunternehmen, die voll auf KI setzen und sogenannte Mensch-Agenten-Teams bilden. Sprich: Künstliche Intelligenz ist hier nicht mehr nur Werkzeug, sondern feste Mitarbeiterin an der Seite ihrer Kollegen aus Fleisch und Blut. Und in der finalen Evolutionsstufe soll der Mensch dann nicht mehr selbst zu Werke gehen, sondern nur noch als «Agent Boss» agieren. Er managt, entwickelt und überwacht die KI-Agenten. Von einer «Human-agent ratio» ist dabei die Rede, also einer Metrik, die ein optimales Mensch-Maschine-Verhältnis für bestmögliche Ergebnisse definiert. Der Taylorismus lässt grüssen.
Wie viele Mitarbeiter in diesem weitreichend automatisierten System überhaupt noch notwendig sind? Was die übrigen Angestellten machen? Welche gesamtgesellschaftlichen Veränderungen diese Transformation nach sich ziehen wird? Und ob die KI später nicht doch auch selbst die Rolle als Agent Boss übernehmen könnte? Mit solch rückwärtsgewandten Randnotizen wollen sich die Redmonder in ihrer KI-getriebenen Frontier-Firm-Vision natürlich nicht auseinandersetzen. Stattdessen wird bei Effizienzpotenzialen, Chancen und Geschwindigkeit aus den Vollen geschöpft – und die beschriebene Zukunft ohnehin als gesetzt erachtet.
(Noch etwas mehr) Zündstoff gewinnt das Thema durch eine parallel erfolgte Meldung, dass Microsoft den Druck auf die eigene Belegschaft erhöhen und rigoroser bei Mitarbeitern vorgehen will, die nicht den Leistungsanforderungen des Konzerns entsprechen. Ein Schelm, wer aus diesen doch ganz unabhängigen Informationen ein dystopisches Bild entwirft, das von Performance-Zahlen und einer sich sukzessive verschiebenden «Human-agent ratio» dominiert wird. The New World of Work – oder: Modern Times.