The Voice of America: Vergessen Sie kaufen, schon bald werden Sie Software mieten

David Coursey: "Wir werden uns schon bald Gedanken darüber machen müssen, ob wir Mieter oder Käufer sein wollen."

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/07

     

Wir haben in letzter Zeit eine Menge über "Software als Service" gelesen. Anfang Februar hat Sun seine ONE-Strategie enthüllt, mit der die Firma der .Net-Initiative von Microsoft und Oracles "Dynamic Web Services"-Plänen dicht auf den Fersen ist. Und nur eine Woche später ist Hewlett-Packard mit einer eigenen Vision zu der Gruppe gestossen.



Das sind nur die Berühmten. Dutzende weiterer Unternehmen versuchen, sich ein Stück vom Kuchen abzuschneiden.




Deshalb werden wir uns schon bald Gedanken darüber machen müssen, ob wir Mieter oder Käufer sein wollen. Ob wir Software besitzen wollen oder lieber nur dann zahlen, wenn wir sie effektiv brauchen.


Zwei grosse Trends

Es gibt derzeit zwei grosse Strömungen im Software-Business, die sich in gewisser Hinsicht ergänzen. Bei der einen wird der Zugang zur Software als Dienstleistung verkauft. Bei der anderen wird die Software als jährliches Abonnement verkauft. Und beide haben nur einen Zweck, nämlich den Software-Herstellern voraussagbare und nie versiegende Einnahmen zu bescheren.



Die Vermietung von Hard- und Software hat schon den IBM-Koloss in den 60ern und 70ern genährt. Mainframe-Software wird noch heute auf diese Weise vertrieben, zusammen mit einer obligatorischen jährlichen Gebühr für Dienstleistungen, Support und Upgrades. Im Gegensatz dazu wird Software für Desktops oder KMU nach wie vor auf Produkt- oder User-Basis verkauft.




Das Internet bietet nun aber den Software-Herstellern die Chance, das zu ändern. Während wir uns den Umgang mit herunterladbarer Software angewöhnen, bereiten sich Internet Provider und Software-Anbieter auf das Application-Hosting-Business vor. Daraus ist bereits die neue Unternehmenskategorie der Application Service Providers (ASPs) entstanden.



In diesem Modell ist Ihre Datenbank, Ihr Mailserver oder was auch immer auf der Maschine des Anbieters installiert. Den Zugriff darauf haben Sie über das Internet. Der Anbieter verwaltet die Anwendungen und übernimmt auch das Hosten und Backupen der Daten, was vielen Firmen eine starke Reduzierung ihrer IT-Abteilungen ermöglicht.



Das ASP-Modell verschiebt hauptsächlich die Angestellten vom Kunden zum ASP. Es ermöglicht ausserdem den Anbietern, ihre Investitionen über eine breitere Kundenbasis zu verteilen und damit die Dienstleistung günstiger für alle zu machen.



Richtig angepackt, kann das ASP-Modell deshalb sowohl für die Kunden als auch für die Software-Industrie ein guter Deal sein. Allerdings ist es ein dermassen grosser Bruch mit den Traditionen, dass es noch einige Zeit dauern wird, bis es so richtig einschlägt.




Software im Abonnement

Der andere grosse Trend - Software im Abonnement - dagegen erschreckt mich. Die Idee dahinter ist folgende: Microsoft scheint genauso genug davon zu haben, Software-Updates zu verkaufen, wie wir genug davon haben, sie zu erwerben. Kommt dazu, dass der hohe Gesamtpreis für das ursprüngliche Produkt und die Upgrades beispielsweise bei Office, aber auch bei anderen Business-Applikationen, zu einer weitverbreiteten Software-Piraterie geführt hat.



Microsoft versucht deshalb mit einer zweiteiligen Strategie, seine Gewinne auf einem Markt zu maximieren, der nicht mehr zu zahlen gewillt scheint. Erstens wird die Anzahl von möglichen Kopien einer Software, die man gekauft hat, stark eingeschränkt. Zweitens plant man in Redmond offenbar, jährliche Abonnements für Office anzubieten. Details dazu sind allerdings noch keine bekannt.




Ich verstehe Microsofts Motivation für diese Initiative, und möglicherweise werde ich sie auch unterstützen. Aber ich will zuerst die Details sehen, bevor ich mir eine definitive Meinung bilde.



Software übers Web zu liefern, ist eine Idee, deren Zeit definitiv gekommen ist. Die Abonnierung von Software allerdings - auch wenn dieses Modell für Microsoft notwendig sein sollte, um auch künftig gut zu verdienen - hat allerdings wenig klare Vorteile für Sie und mich.



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