Auszeichnung für den Grossen Bruder
Positivpreis von fragwürdigem Witz
So löblich die Hinweise auf das fragwürdige Informationshandling bei Behörden und Wirtschaft ist, so lächerlich erscheint der Verleih der einzigen positiv gemeinten Auszeichnung. Der "Winkelried Award" wurde einer unter dem Pseudonym "Bert Setzer" operierenden Organisation verliehen, die sich mit den Kundenkartensystemen von Coop und Migros befasst: Statt mit der eigenen Cumulus- und Supercard zu operieren, soll der datensensitive Konsument die "4Q Card" einsetzen. Diese vereint Cumulus und Supercard mit für alle Teilnehmer identischem Barcode. Die gesammelten Punkte werden so dem kollektiven Konto des oben genannten Pseudonyms gutgeschrieben; die einzelnen Benützer der 4Q-Karte bleiben anonym. Die Punkte kommen dann zwar nicht dem Käufer, sondern eben "Bert Setzer" zugute; man kann aber immerhin von Rabattaktionen profitieren, die sonst den Kartenkunden vorbehalten sind. Ein Blick auf die Bert-Setzer-Website macht klar, dass das Ganze wohl ebenso witzig wie ernst gemeint ist. Was ich nicht ganz begreife: Im Gegensatz zur Polizeidatenbank erleide ich keinerlei Schaden, wenn Coop und Migros wissen, was ich einkaufe. Das schlimmste, was passieren kann: Ich erhalte personalisierte Werbung. Manche mögen anderer Meinung sein, aber für mich gehört das Einkaufsverhalten nicht zur Privatsphäre. Auch Tante Emma wusste immer ganz genau, welche Konfitürensorte ihre Kunden am liebsten hatten.
Widerstand gegen überflüssige Datensammlung ist begrüssenswert, aber doch bitte dort, wo es wirklich weh tut. Wer den Grossverteilern seine Einkäufe nicht preisgeben will, kann übrigens ganz leicht gegensteuern: Die Teilnahme bei Cumulus und Supercard ist absolut freiwillig. Den entgangenen Rabatt holt der Zivilcouragierte wieder herein, indem er schlicht nicht den Verlockungen der Werbung erliegt und etwas weniger einkauft.