Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung bedeutet weit mehr als nur die elektronische Bereitstellung von Dienstleistungen. Es geht um eine fundamentale Transformation des Verwaltungsmodells. Die gute Nachricht: Es existieren bereits zahlreiche bewährte Lösungen, die diesen Prozess beschleunigen können. Cloud-Computing bietet dabei flexible und skalierbare Rechen- und Speicherkapazitäten mit einer breiten Palette sofort einsetzbarer Dienste. Um diese Vorteile optimal zu nutzen, braucht es jedoch ein Umdenken – weg von traditionellen, kostenintensiven Systemen, die schnell ineffizient und veraltet werden.
Bedürfnisse statt Features als Entscheidungsgrundlage
Eine sorgfältige Analyse der technologischen Landschaft ist entscheidend für die erfolgreiche digitale Transformation. Jede potenzielle Lösung muss dabei konsequent an den bestehenden Bedürfnissen gemessen werden. Es geht nicht darum, neue Technologien wie künstliche Intelligenz einzuführen, nur weil sie modern sind. Ebenso wenig sollte in Werkzeuge investiert werden, nur weil sie besonders viele Funktionen bieten. Erst wenn die Stärken, Schwächen und der Reifegrad der verfügbaren Lösungen verstanden sind, können tragfähige Entscheidungen getroffen werden.
Digitalisierte Systeme bringen zwar erhebliche Vorteile mit sich – von der schnellen Skalierbarkeit über zusätzliche Dienste bis hin zu modernen Sicherheitsfunktionen. Dennoch muss jede Investition in neue Technologie gegen die Kosten für die Wartung bestehender Systeme abgewogen werden. Die Ausgaben für neue Werkzeuge betragen meist nur einen Bruchteil dessen, was für die Aufrechterhaltung veralteter Systeme aufgewendet wird.
Umgang mit bestehenden IT-Systemen
Bei der Ablösung von Legacy-Systemen gilt es, die über Jahrzehnte aufgebauten technologischen Abhängigkeiten zu berücksichtigen – also die Funktionen und Probleme, die sich mit jeder Systemänderung angesammelt haben. Wenn ein System nicht sofort ersetzt werden kann, muss es übergangsweise weiter betrieben werden. Hier können spezialisierte Dienstleister die Verwaltung der Legacy-IT übernehmen, bis eine vollständige Ablösung möglich ist.
Nicht jede bestehende Funktion muss oder sollte in einem neuen System nachgebildet werden. Ein modernes System für Kreditanträge beispielsweise benötigt möglicherweise kein traditionelles Call Center mehr, wenn es bereits Website, E-Mail und mobile Nachrichtenkanäle unterstützt. Gerade jüngere Nutzerinnen und Nutzer bevorzugen oft digitale Kommunikationswege. Neue Finanzdienstleister demonstrieren erfolgreich, wie Apps und Chat-Schnittstellen klassische Callcenter und physische Filialen ersetzen können.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, Fähigkeiten statt Anwendungen auszulagern. Während Anwendungen die Sprache der Technologie sprechen, entsprechen Fähigkeiten der Geschäftslogik. Wenn eine Fähigkeit ausgelagert wird, vereinfacht dies die Ablösung veralteter Technologie erheblich.
Für die öffentliche Verwaltung bedeutet dies konkret: Der Fokus sollte auf den Kernaufgaben und deren bestmöglicher Unterstützung durch moderne Technologie liegen. Dabei muss nicht jeder bestehende Prozess eins zu eins digital nachgebildet werden. Vielmehr bietet die Modernisierung die Chance, Verwaltungsabläufe grundlegend zu überdenken und effizienter zu gestalten.
Der Autor
Peter Ronchetti ist General Manager Switzerland/Austria Public Sector bei AWS. Mit seiner über 20-jährigen Erfahrung im Public Sector, Healthcare- und Government-Bereich unterstützt er mit seiner Organisation öffentliche Einrichtungen bei ihrer digitalen Transformation. Sein Fokus liegt dabei auf der sicheren und effizienten Nutzung von Cloud-Technologien im Gesundheitswesen sowie der digitalen Modernisierung von Verwaltungsstrukturen.