Seitenblick: swissICT - Nach der Sommerflaute
Quelle: SwissICT

Seitenblick: swissICT - Nach der Sommerflaute


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2014/09

     

Leider kann (oder darf?) ich in meiner Kolumne kein Selfies publizieren. Insbesondere nicht solche, die in meinem Büro aufgenommen wurden. Obwohl “mein” Büro in meinem Fall durchaus wörtlich zu nehmen ist. Also nicht etwa das Büro, welches mir ein Arbeitgeber oder gar eine staatliche Institution zur Verfügung stellt. Nein, mein Büro. Ich kann und darf also durchaus Privates und Geschäftliches vermischen oder trennen, ganz wie es mir beliebt.

Dies schützt mich allerdings nicht davor, dass meine Persönlichkeitsrechte von Dritten mit Füssen getreten werden und Irrelevantes über mein Leben plötzlich mit Schlagzeilen wie „Tausende von Toten in Afrika“, „sportliche Höchstleistungen im Letzigrund“ oder „Regierungsauflösung in unserem Nachbarland“ im Wettbewerb steht. Es schützt mich auch nichts und niemand davor, dass jemand private oder geschäftliche Geräte mit (Staats-)Trojanern versieht und meine Daten und Bilder ausspäht und diese publiziert. Insbesondere schützen mich weder Datenschützer noch Gesetzgeber davor. Wenn die nämlich ins Spiel kommen, ist es bereits zu spät. Auch schützen mich weder journalistische Ethik noch politischer oder persönlicher Respekt davor – diese sind irgendwie verloren gegangen.


Das einzige was mich schützt, ist keine Selfies zu machen und nichts auf meinem Telefon zu speichern, das nicht öffentlich werden soll. Obwohl ein Selfie genau hier und jetzt schon so seinen Reiz hätte. Nicht etwa weil ich darauf abgebildet bin (bekleidet selbstverständlich), sondern wegen meiner Begleitung, die darauf zu sehen wäre. Mit Roger Federers erstem Instagram-Post (RF zusammen mit Air Jordan) konkurrieren wir nicht, aber manch bewundernden oder auch wundernden Blick hat sie schon auf sich gezogen. Sie hat nämlich das Potential, für Bekanntheit –oder eben gerade das Gegenteil – zu sorgen. Aber wie gesagt, es gibt kein Selfie von mir zusammen mit ihr. Man findet sie aber im Internet. Ihr Name ist Erika und sie wurde in den 50er Jahren in der damaligen Deutschen Demokratischen Republik geboren. Für Ihr Alter ist sie noch ganz rüstig und sitzt auf einem Sideboard hinter mir (deshalb wäre sie ja auf meinem Selfie drauf). Jedes Mal wenn ich etwas Vertrauliches verfassen möchte, lächelt sie mich an und fragt, ob ich nicht lieber ihre Dienste in Anspruch nehmen möchte. Erika, die Schreibmaschine meines Grossvaters, die mich an Tugenden aus einer lang vergangenen und sehr analogen Zeit erinnern soll.

PS: Und wer es nicht glaubt, meine Erika gibt es wirklich. Zu sehen auf www.swissict.ch/erika/

Umfrage:
Sollen wir wieder anfangen, wichtige Aktennotizen per Schreibmaschine zu verfassen und sie in den Safe statt in die Dropbox zu legen?
www.swissict.ch/umfrage/


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