Qualitätssteigerung durch Auslagerung

Outsourcing kann eine bessere Qualität der Dienste zur Folge haben. Die Universität St. Gallen arbeitet an einer Metrik, die auch qualitative Aspekte des Auslagerns messbar macht.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/11

     

Laut einer kürzlich veröffentlichten Gartner-Studie sind 80 Prozent der Outsourcing-Vorhaben, die einseitig auf Kostenreduktion ausgerichtet sind, zum Scheitern verurteilt. Kein Wunder also, wenn in jüngster Zeit verstärkt die mögliche Qualitätssteigerung als zweiter wichtiger Punkt, der für ein Auslagern von IT-Aktivitäten spricht, hervorgehoben wird.





Karl Landert, Head of Information Technology bei der Credit Suisse, hat am letzten Finance Forum mit eindrücklichem Zahlenmaterial gezeigt, wie die Offshoring-Aktivitäten und die Servicequalität bei der Grossbank korrelieren. So ist die Zufriedenheit der internen Kunden markant gestiegen, seit Credit Suisse 2002 eine eigentliche Offshore-Strategie für die Software-Entwicklung implementierte. Parallel dazu ist die Fehlerhäufigkeit gesunken.






Für Rainer Alt, der sich am Institut für Wirtschaftsinformatik (IWI) der Universität St. Gallen mit Sourcing-Modellen für Finanzinstitute beschäftigt, sind solche Qualitätssteigerungen durch Outsourcing nicht überraschend. Allerdings bestünden häufig keine geeigneten Instrumentarien zur Messung qualitativer Effekte, vielmehr werden klassische Investitionskostenrechnungen eingesetzt. Alt entwickelt derzeit zusammen mit Thomas Zerndt von The Information Management Group (IMG) eine Metrik, mit deren Hilfe Sourcing-Vorhaben qualitativ und quantitativ bewertet werden können. Anhand des Zahlungsverkehrsprozesses wurde ein erster Prototyp (siehe Abbildung) erstellt, der nun durch Anwendung bei weiteren Bankprozessen wie Wertschriftenhandel, Kreditgeschäft und Konto-/Depot-Führung verfeinert wird. Eine solche Metrik wäre ein sehr effektives Optimierungsinstrument für Auslagerungsprojekte, denn je besser mess- und damit kontrollierbar ein Vorhaben ist, desto grösser sind die Erfolgschancen.



Modell für die qualitative Sourcing-Bewertung


Know-how, Komplexität und Definitionen

Im Wesentlichen sehen Alt und Zerndt beim Auslagern drei Faktoren, die zu einer Qualitätsverbesserung führen können. Zum einen ist der Outsourcer meist ein Spezialist, der über mehr spezifisches Know-how verfügt und der auch Massnahmen zur Qualitätssicherung durchgeführt hat, wie beispielsweise eine Zertifizierung nach ISO-Richtlinien.
Ebeso muss ein Unternehmen, damit die Einbindung des Outsourcers effizient ist, erst einmal die Komplexität der eigenen Prozesse in den Griff bekommen. Auch die über Jahre gewachsene Systemlandschaft ist ein Komplexitätsfaktor, der durch den Umstieg auf eine Standardlösung (Avaloq, Finnova oder SBP im Bankenumfeld) verbunden mit einer Auslagerung des Betriebs reduziert werden kann.






Als dritter Faktor kommt der Zwang zu mehr Disziplin dazu. Er beruht auf einem prinzipiellen Nachteil des Outsourcings: Die Kommunikation mit einem externen Dienstleister erfordert grundsätzlich eine stärkere Strukturierung als mit einer internen Abteilung. Dies zwingt die Fachabteilungen beispielsweise, ihre Anforderungen genauer zu formulieren und sich darum vorgängig auch mehr Gedanken über den Sinn und Zweck eines Projektes zu machen.


Keine Gefälligkeiten mehr

Holger von Jouanne-Diedrich, Outsourcing-Experte am IWI, identifiziert einen weiteren generellen Faktor, der beim Outsourcing häufig zu Qualitätssteigerungen führt: Die Call Center der Sourcer sind meist länger erreichbar als interne Abteilungen, teilweise bis zu 7 x 24 Stunden. Dass Qualitätsaspekte in letzter Zeit an Bedeutung gewonnen haben, ist für von Jouanne-Diedrich unter anderem auch ein Zeichen, dass auf Kundenseite eine deutliche Professionalisierung stattgefunden hat. Die Anwender können das Auslagern allerdings auch als Qualitätsverschlechterung wahrnehmen, gibt von Jouanne-Diedrich zu bedenken. Denn für sie geht mit dem Outsourcing auch die Möglichkeit von nicht verrechneten Gefälligkeitsleistungen durch die interne Abteilung verloren.




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