

Gib uns bitte einen kurzen Überblick über deine Ausbildung und Weiterbildung sowie über deinen beruflichen Werdegang.
Ich habe ursprünglich eine Lehre als Elektroniker absolviert und anschliessend im Innen- und Aussendienst für ein Unternehmen der industriellen Mess- und Regeltechnik gearbeitet. Während dieser Zeit habe ich den Fachausweis zum «Technischen Kaufmann» gemacht.
Anschliessend arbeitete ich bei Internet Access AG und war für Spezial- und Grossprojekte im Bereich Webhosting, Internetaccess und Webpublishing verantwortlich. Nachdem Internet Access von diAx übernommen wurde, war ich bei diAx für die Leitung des Bereichs Internet Engineering verantwortlich, was unter anderem die Plattformen freesurf.ch und dplanet.ch umfasste. Parallel dazu schloss ich 2003 meinen Fachausweis in Wirtschaftsinformatik ab. Anschliessend machte ich eine Ausbildung zum Web Master.
Eine konstante und konsequente Ausbildung war mir immer wichtig, deshalb habe ich 2005 das eidgenössische Diplom für Informatiker mit Fachrichtung «Business Solutions» abgeschlossen. Beruflich war ich anschliessend als Senior Product Manager im Mobile Office Bereich tätig, um meine Erfahrungen auf der Business Seite zu vertiefen. 2008 habe ich mich entschlossen, ein MAS in Business Information Management zu absolvieren und seit Juni 2008 bin ich als CTO bei der ricardo group tätig.
Was hat dich damals dazu bewogen, die Fachausbildung oder den Diplomlehrgang zu absolvieren?
Für den Fachausweis in Wirtschaftsinformatik habe ich mich entschieden, weil ich mehr über die Grundlagen der Informatik erfahren und gleichzeitig mein Know-how und meine Methodenkenntnisse vertiefen wollte. Den diplomierten Informatiker Fachrichtung Business Solutions habe ich hauptsächlich absolviert, um Zugang zu den Fachhochschulen zu haben.
Welche Fachrichtung hast du gewählt und warum?
Als ich mich für die Prüfung Informatiker mit eidg. Fachausweis vorbereitete, gab es nur die Fachrichtung Wirtschaftsinformatik. Im Diplom-Lehrgang entschloss ich mich für die Fachrichtung Business Solutions, da ich der Meinung bin, dass die Schnittstellenfunktion zwischen Business und IT enorm wichtig ist. Ausbildungsschwerpunkte dieser Weiterbildung waren die Definition von Abläufen, Koordination, Organisation, Priorisierung und zielgerichtete Anwendung von Methoden. Besonders wichtig war dabei das Übersetzen der IT-Terminologie in die Business-Sprache, um beide Welten verstehen und vertreten zu können.
Ich bin überzeugt, dass die IT wie auch das Business nur dann ideal funktionieren, zusammenarbeiten und von den Wechselwirkungen der Innovationen profitieren können, wenn es eine Schnittstelle wie den Business Solutions Informatiker gibt.
Hattest du einen konkreten Traumjob während der Ausbildung?
Nein, ich hatte keinen konkreten Traumjob. Ich habe immer das gemacht, was mir Spass bereitete. Deshalb habe ich mich auch während der letzten Jahre stetig weitergebildet, um neue Tätigkeitsfelder zu ergründen.
Welche Qualifikationen, die du in der Ausbildung erworben hast, haben dir am meisten beim Erreichen deiner beruflichen Ziele genützt?
Bei der Prüfungsvorbereitung zum eidg. Fachausweis wurden mir diverse Methoden beigebracht. Ich erhielt während der Ausbildung einen guten Gesamtüberblick über die Informatik
Bei der Ausbildung zum Diplom habe ich gelernt, die Dinge aus der Vogelperspektive zu betrachten und strategisch den Gesamtüberblick zu wahren. Denn beim Diplom ging es nicht mehr um die technische Detailorientierung wie beim Fachausweis.
In all meinen Weiterbildungen konnte ich von einem regen Austausch zwischen Dozenten wie auch Studierenden profitieren. Daraus hat sich – quasi als Nebeneffekt - im Laufe der Jahre ein gut funktionierendes Netzwerk entwickelt.
Hast du deinen persönlichen Traumjob erreicht?
Ja, ich würde schon sagen, dass meine Tätigkeit als CTO meinem momentanen Traumjob entspricht. Die Arbeit macht mir grossen Spass und ich kann vieles, was ich im Laufe meiner Aus- und Weiterbildung gelernt habe, anwenden, was bei meinem Arbeitgeber Ricardo auch geschätzt wird.
Was ist dein positivstes Erlebnis während der Ausbildung?
Ich habe die Dozenten immer sehr praxisorientiert erlebt und sie als Leute aus der Wirtschaft empfunden. Das war mir sehr wichtig, da ich so von ihren Erfahrungen profitieren konnte. Wir verwendeten so wenig Theorie wie nötig und lernten so viel wie möglich von praktischen Beispielen. Die Wechselwirkung von Methoden zur Praxis habe ich als sehr positiv in Erinnerung.
Ich hatte auch oft Aha-Erlebnisse während der Ausbildung: Methoden, die ich intuitiv angewandt habe, wurden mir während der Ausbildung bewusster und ich wurde in deren Anwendung bestätigt.
Was hat dir besonders Spass gemacht und worin warst du besonders stark?
Das Einnehmen der Vogelperspektive beim Lösen von fächerübergreifenden Mini-Fällen hat mir besonders gut gefallen. Die Orchestrierung mehrerer IT-Disziplinen und Business Anforderungen zu einer zielgerichteten Lösungsfindung ist einer meiner Stärken. Vielleicht hat es mir gerade deshalb Spass bereitet.
Was hat dir nicht so viel Spass gemacht?
Ich habe die Ausbildung für das Diplom nach dem modularisierten System absolviert, das heisst, ich musste elf Modulprüfungen bestehen, um an die Abschlussprüfung zugelassen zu werden. Ich habe diese Zerstückelung in elf Module als nicht sehr förderlich für die Ausbildung empfunden, gerade unter dem Aspekt Weitblick, der vermittelt werden sollte.
Wenn du die Ausbildung Revue passieren lässt, bist du mit der Wahl der Ausbildung auch im Nachhinein noch zufrieden und würdest sie noch einmal machen? Kannst du sie weiterempfehlen?
Den Fachausweis kann ich auf jeden Fall weiterempfehlen. Ich habe auch Mitarbeitende bei mir im Team, die sich zum Informatiker mit eidg. Fachausweis weiterbilden. Das Diplom habe ich vor allem angestrebt, um einen Zugang an die Fachhochschule zu bekommen. Ich würde das Diplom, nach dem Modell mit den elf Modulprüfungen nicht mehr machen, weil ich der Meinung bin, dass die Zerstückelung des Stoffes in so viele Module nicht förderlich war. Dennoch war es für mich und meine Weiterbildung hilfreich.
Kannst du etwas bezüglich des Aufwandes und des Ertrages der Ausbildung sagen?
Ich habe für mich das Optimum-Prinzip angewandt (lacht). Ich habe für die Themen, die mich speziell interessierten oder wo ich Wissenslücken hatte, mehr Aufwand betrieben als für die anderen Themen. Da hielt sich der Aufwand in Grenzen. (lacht wieder)
In deinem Job brauchst du sicher auch Kompetenzen wie Verhandlungsgeschickt, Empathie etc. Wo sollte man deiner Meinung nach diese Fähigkeiten erlernen?
Wir alle sind tagtäglich mit dem Thema Sozialkompetenz konfrontiert, im Geschäft wie auch im Privatleben. Ich bin der Meinung, dass Sozialkompetenz vor allem durch Eigeninteresse am Thema selbst, also induktiv, im Alltag erlernt wird. Stetige Reflektion von Situationen und das Einnehmen anderer Sichten und Rollen helfen, Sozialkompetenz auf- und auszubauen. Durch das Kennenlernen von Theorie und Methoden im Unterricht kann dieses lernen erleichtert und verbessert werden.
Ich würde es begrüssen, wenn man während der Ausbildung zum Fachausweis wie auch zum Diplom bezüglich Sozialkompetenz sensibilisiert würde. Es ist mir klar, dass das Prüfen der Sozialkompetenz schwierig ist, dennoch bin ich der Meinung, dass Sozialkompetenz einer der beruflichen Erfolgsfaktoren schlechthin ist und in den Lernplan solcher Ausbildung aufgenommen werden muss.
Welchen Tipp würdest du einem Interessenten des Fachausweises oder des Diplomlehrgangs mit auf den Weg geben?
Angelehnt an Jan Cox («It’s not what you know, it’s what you remember.»): Erfolg verspricht nicht das, was du gelernt hast, sondern das, an das du dich nach dem Lehrgang erinnerst und situationsangepasst umsetzen wirst.
Zudem kann ich eine regelmässige Weiterbildung nur empfehlen, da sie Horizonte öffnet. In Bezug auf den Fachausweis wie auch auf das Diplom würde ich es sehr begrüssen, wenn zusätzliche Aspekte wie VWL, BWL, Budgetierung und Rechtskunde vermittelt würden. Dies insbesondere in der Fachrichtung Business Solutions, die ja den klassischen Wirtschaftsinformatiker II ersetzt hat.
Und ganz zum Schluss vielleicht noch dies: In der IT wird es uns bestimmt nie langweilig und wir lernen jeden Tag viel dazu. Da kommt der Spass automatisch mit.