Swiss Made: Gratis-Online-Speicher für Tauschwillige

Online-Speicher-Dienste sind heute keine Seltenheit mehr. Stammen sie aber aus der Schweiz und wollen sich wie Wuala mit ganz neuen Methoden von der Konkurrenz abheben, dann wird’s interessant.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/16

     

Nicht nur Zattoo, das wir in unserer letzten Ausgabe von «Swiss Made» in InfoWeek Nr. 14 vorgestellt haben, reitet aktuell auf der Erfolgswelle. Auch ein anderes, kleines Zürcher Start-up macht derzeit das Web 2.0 unsicher: Caleido. Der Name dieses in Altstetten beheimateten Unternehmens wird allerdings wohl nur Insidern einen Aha-Effekt entlocken, viel bekannter ist nämlich ihr Produkt. Das nennt sich Wuala und ist ein Online-Speicher, aber nicht irgendeiner.



Wuala ist ein Peer-To-Peer-(P2P)-Speicher, entwickelt und entworfen an der ETH Zürich. Entstanden ist er im Rahmen der Masterarbeit von Dominik Grolimund und Luzius Meisser zum Thema «Verteilte Systeme». Mittlerweile umfasst das Team, das hinter Wuala steht, sechs Leute. Doch nicht nur das Unternehmen, vor allem das Produkt wächst rasant. Mehr als 50’000 User schwören heute bereits auf Wuala. Damit steigt auch die Anzahl der im P2P-Netz gespeicherten Files. Seitdem Wuala im öffentlichen Beta-Stadium ist, also seit Mitte August, ist sie um 6 Millionen auf gut 15 Millionen gestiegen. «Wir sind noch nicht dazu gekommen, detaillierte Statistiken zu machen», erklärt Luzius Meisser, «aber das dürfte ungefähr einer aktuellen Gesamt-Datenmenge von 50 Terabyte entsprechen – Tendenz natürlich steigend!»


Was Wuala anders macht

Mit der Grösse des Speicher-platzbedarfs wächst auch die Infrastruktur beziehungsweise die Server-Landschaft von Wuala – und damit wären wir schon mitten im Thema: Was ist Wuala überhaupt, wie funktioniert es und was ist das Besondere daran, im Vergleich zu allen anderen, unzähligen Online-Speicherdiensten wie SkyDrive von Microsoft oder X-Drive.



Konkret unterscheidet sich Wuala (siehe auch Kasten: «Das bietet Wuala») von der Konkurrenz durch den Grid-Storage-Ansatz. Das heisst, der Datenverkehr geschieht nicht nur in eine beziehungsweise zwei Richtungen, also vom User-PC auf einen Server und zurück. Die Daten sind zwar auch zentral auf einem Server abgelegt, dazu später mehr, ansonsten sind sie jedoch bei den anderen Wuala-Usern gespeichert.



Viele werden jetzt aufschrekken: «Meine Daten bei anderen gespeichert? Das will ich doch nicht!» Aber keine Angst, die Wuala-Entwickler geben Entwarnung: «Die Daten werden noch vor dem Upload verschlüsselt, in 100 Fragmente geteilt und dann frei sowie redundant im Netz verteilt», erklärt Dominik Grolimund. Die Verschlüsselung erfolgt mit 128-Bit AES, die Authentifizierung mit RSA 2048. «Nicht einmal wir können die Daten entschlüsseln oder anschauen», ergänzt Grolimund.


Daten immer verfügbar

Eine zweite Frage, die sich beim Gebrauch von P2P-Software immer stellt, ist die nach dem Speed und damit gekoppelt der Verfügbarkeit. Und wenn es sich beim Produkt wie hier erst noch um einen Online-Speicher handelt, dann sind diese zwei Punkte umso wichtiger. Die Wuala-Entwickler haben sich natürlich auch damit befasst, denn die abgelegten Dateien sollen jederzeit verfügbar sein. Das gewährleistet man dadurch, dass jedes File auch auf den Wuala-Servern, die immer in Betrieb sind, abgelegt wird.


Nicht ständig online sind in der Regel die Wuala-User. Um trotzdem ein Maximum herauszuholen, kommt die vermeintlich revolutionärste Technologie an Wuala zum Einsatz: Die Files werden nicht wie bei anderen P2P-Diensten von Start bis Ende in genau 100 Fragmente geteilt. Es entstehen zwar bei Wuala auch 100 Teile, die aber punkto Inhalt redundant sind, das heisst auch Informationen von anderen Teilen enthalten. Beim Zusammensetzen der Dateien braucht es also nicht genau 100 bestimmte Teile, sondern einfach beliebige 100 Teile. Zusätzlich werden die Files auch noch mehrfach verteilt, in der Regel fünf Mal.



Wir wollten es noch etwas genauer wissen: Was ist, wenn andere Wuala-Nutzer Teile, vielleicht sogar alle, meiner Dateien löschen? «Das ist kein Problem», erzählt Dominik Grolimund, «Wuala erkennt das, stellt neue Stücke her und verteilt sie wieder im Netzwerk. Natürlich liegen die Dateien auch immer komplett auf unseren eigenen Servern».


Sehr schnell, sehr günstig

Die oben beschriebenen Technologien von Wuala sorgen nicht nur für eine hohe Verfügbarkeit, sondern führen, dank sehr vielen Verbindungen, die damit aufgebaut werden können, auch für viel Speed. «Das ist ein weiterer Vorteil unseres Systems», erklärt Grolimund. Andere Online-Speicher hätten limitierte Speeds, da alle User alle Files von einem Server beziehungsweise Standort laden müssen. Mit ihrem Ansatz verhindern die Wuala-Betreiber gleichzeitig auch hohe Rechnungen für Traffic und Strom.



Wie Wuala-Tests von InfoWeek bestätigten, stimmt der Speed und es kann mit einem heute ganz üblichen Internet-Abo, mit Speeds von 5000 kbps Download und 500 kbps Upload, in der Regel mit vollem Tempo herunter- oder hochgeladen werden. Da man in Wuala die Dateien auch direkt streamen und bearbeiten kann, ist viel Speed auch sehr wünschenswert, um die Wartezeiten möglichst minim zu halten und diese Dienste so überhaupt erst zu ermöglichen.


File-Sharing: Nein, danke!

Schnelle Tempi, keine Limits bei den Dateigrössen und offen für alle – das dürfte unweigerlich auch File-Sharer auf den Plan rufen, die ohne grosse Rücksicht auf die rechtliche Lage Dateien aller Art untereinander austauschen. Wie verhindern die Wuala-Macher, dass Wuala für illegale Machenschaften missbraucht wird?


Sie arbeiten einerseits mit der KOBIK, der nationalen Koordina­tionsstelle zur Bekämpfung der Internet-Kriminalität, und anderen Organisationen zusammen. Andererseits verhindert das Grundprinzip von Wuala, dass es für File-Sharer und Konsorten beliebt ist, wie Luzius Meisser erklärt: «Es ist in Wuala nicht möglich, Dateien anonym jemandem zur Verfügung zu stellen. Das heisst, wenn man Zugriff auf eine Datei hat, kann man stets ihren Besitzer ermitteln. Das macht Missbrauch wenig attraktiv». Zudem hat auf öffentliche Dateien jeder Zugang, und somit kann auch eine direkte Kontrolle darüber ausgeübt und problematische Inhalte gegebenenfalls gesperrt werden.



Zudem gelten strenge Regeln für das Veröffentlichen von Dateien in Wuala. So ist auch eine «Kindersicherung» eingebaut. User, die legales Material, das nicht für Kinder gedacht ist, uploaden, müssen das mit einem «18+»-Symbol versehen. Diese Files können dann nur noch gefunden und betrachtet werden, wenn man den als Default aktiven Filter ausschaltet.


Was die Zukunft bringt

Den kleinen technologischen und durchaus auch politischen Blick auf Wuala möchten wir mit einem letzten Punkt beenden: Der Finanzierung. Wuala ist bisher komplett eigenfinanziert, durch die Ersparnisse der beiden Gründer. Nun kommen die ersten Einnahmen rein, durch Werbung und durch den Verkauf von Speicher. Bei Letzterem zeigt sich ein Dilemma: Nach idealistischem Peer-To-Peer-Ansatz müsste man sich ja eigentlich wünschen,
dass die User nur teilen. Aus pragmatischer Sicht freut man sich natürlich auch darüber, wenn viele User Speicher kaufen.



In Zukunft wird Wuala wohl vor allem über genau diesen Speicherverkauf und durch die angesprochene Werbung Geld verdienen. Die nächsten Monate werden für Dominik Grolimund und Luzius Meisser also bestimmt spannend. Aber auch für alle User oder die, die es noch werden, denn die beiden haben viele weitere Ideen, die sie demnächst noch in ihr «Kind» Wuala integrieren möchten.


Das bietet Wuala

Wuala (www.wua.la) ist ein Online-Speicher nach Peer-To-Peer-Art, der direkt aus dem Browser gestartet wird. Jedermann, ob Windows-, Mac- oder Linux-User, kann sich dafür anmelden und erhält gratis 1 GB an Speicherplatz, mit unbeschränktem Datenvolumen und Download-Speed sowie beliebiger File-Grösse. Dieser kann ausgebaut werden, indem man auf seiner Harddisk für die Community weiteren Speicherplatz freigibt. Dieser wird je nach Online-Zeit berechnet. Wer zum Beispiel 50 Prozent im Monat online ist und 100 GB freigibt, der erhält nach Adam Riese 50 GB Speicherplatz. Das Limit liegt aktuell bei 100 GB pro User beziehungsweise IP-Adresse. Zusätzlicher Speicher kann aber auch gekauft werden. 100 GB kosten aktuell beispielsweise 100 Euro.

(mv)


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