Online-Werbebranche wittert Morgenluft

Schweizer Online-Werber zeigen sich vermehrt optimistisch und prognostizieren ein 20-prozentiges Wachstum für das laufende Jahr.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/03

     

Yahoo konnte für das letzte Quartal 2002 einen Gewinn von knapp 50 Millionen Dollar vermelden und hat im selben Atemzug die Erwartungen für das laufende Jahr erhöht. Diese Erfolgsmeldung war Balsam auf die Seelen all jener Unternehmen, die ihr Geld im Web zu verdienen versuchen - immerhin gilt Yahoo als einer der Indikatoren für den Zustand des Online-Business.




Ein Faktor für den yahoo'schen Erfolg ist das 11-prozentige Wachstum der Online-Werbung, die auf Yahoo geschaltet wurde. Grund genug für InfoWeek, sich auf dem heimischen Markt nach den Online-Werbeaussichten 2003 zu erkundigen. Soviel gleich vorweg: Eine Erholung scheint in Sicht zu sein.


Konservativ 20 Prozent Wachstum

"Wir rechnen konservativ mit zirka 20 Prozent Marktwachstum", zeigt sich Peter Strassmann, Director Operations bei Goldbach Media, optimistisch. "Die Online-Firmen von Goldbach Media haben das neue Jahr sehr vielversprechend begonnen. Viele, vor allem auch grössere Kampagnen sind in der Pipeline."



Alles andere als pessimistisch zeigt sich auch Marcel Bosshard, Managing Director Publimedia Webadvertising: "Ein Wachstum von rund 20 Prozent sollte im Bereich des Möglichen liegen. Der Geschäftsverlauf war schon gegen Ende 2002 erfreulich, und die positive Tendenz hält weiterhin an. Wir sind zuversichtlich, dass 2003 ein erfolgreiches Jahr wird." Er weist aber auf Unsicherheitsfaktoren wie die Irak-Krise hin.




Die gleiche Prognose gibt auch Markus Rusterholz, Director Product Management beim Branchenriesen AdLink: "Wir rechnen mit einem Wachstum von zirka 20 Prozent im Online-Mediaplanungs-Business." Ganz so euphorisch wie Strassmann und auch Bossard ist Rusterholz aber doch nicht. "Der Jahresstart war eher verhalten, das Offertvolumen hingegen entspricht den Erwartungen für 2003. Es wird sicher wieder ein schwieriges Jahr, dem wir aber positiv entgegensehen."



Eher verhalten ist auch die Prognose von Andreas Widmer, CEO Futurecom Interactive: "Wir hoffen auf leichtes Wachstum und sehen uns seit vergangenem Herbst auch darin bestätigt."



Peter Strassmann von Goldbach Media ist jedoch nicht umsonst euphorischer als seine Kollegen: "Wir beobachten seit einigen Monaten, dass vor allem die grossen Consumer-Brands, welche sich lange geziert haben, jetzt beginnen, in Onlinewerbung zu investieren." Die Gründe für dieses Umdenken sieht er darin, dass Studien sowie praktische Erfahrungen die Wirksamkeit von Online-Werbung heute nachweisen können. Ein anderer Punkt, von Markus Rusterholz angeführt, spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle: "Die Agenturen sehen mittlerweile Online als wichtigen Bestandteil des Mediamix und berücksichtigen Internet bereits in der Mediastrategie."




Aufschwung zu Lasten der Printmedien

Profitieren dürften die Online-Werbenden aber sicher auch vom Inserateschwund in den Print-Medien. Laut Strassmann betrifft dies vor allem die Kleininserate, deren Abfluss aus Printerzeugnissen durch Online-Medien substituiert wird. "Zudem muss davon ausgegangen werden, dass der optimale Mediamix einer zukünftigen Brandingkampagne 10 bis 15 Prozent Online-Werbung beinhaltet. Dieser Anteil wird natürlich zu Lasten der klassischen Medien gehen", erklärt Strassmann.



Auch Futurecom-CEO Widmer sieht die schwierige Zeit bei den Printmedien als Vorteil für Online-Werbung: "Günstige, Impact-orientierte Werbeformen profitieren sicherlich vom Inserateschwund. Online-Werbung gehört deshalb zu den Gewinnern, insbesondere da sie sofort Erfolg und Misserfolg ausweisen kann." Er gibt jedoch zu bedenken, dass die Schweiz ein starkes und dementsprechend konservatives Print-Land ist und zudem ein höheres Preisgefüge aufweist als der internationale Markt.




Das Heil für die Online-Branche darf jedoch nicht in der schwierigen Printwerbelage gesucht werden. Dazu Marcel Bosshard: "Es ist nicht so, dass im Print ein massiver Rückgang stattfindet und diese Gelder dann bei uns investiert werden. Wir würden sicher mehr profitieren, wenn es der gesamten Werbebranche wieder besser ginge."




Ein guter Mix für den Erfolg

Mit verantwortlich für das vermeintliche Anziehen des Online-Werbemarktes sind zudem auch neue Werbeformen. Allein schon deshalb, weil der Überraschungsmoment von neuen Formen der Werbung die Wirkung der Anzeige positiv beeinflusst. Online-Werbung müsse letztlich relevante Resultate liefern, so Andreas Widmer. Neue Werbeformen seien im Stande, dies zu tun, wie erste Erfahrungen gezeigt hätten. Nichtsdestotrotz wird man auch in Zukunft klassische Werbeformate wie das Banner und das Pop-up finden, auch wenn der Anteil dieser Formen rückläufig sein wird. "Trotz allen Vorhersagen, das Banner ist nicht tot und wird es in absehbarer Zeit auch nicht sein, denn wie jedes andere Medium, braucht auch das Internet gewisse Standards," spricht sich Bossard von Publimedia Webadvertising für konventionelle Werbeformate aus. Und weiter: "Bildschirmfüllende Einblendewerbung ist sicher nicht der richtige Weg, es bestehen viel attraktivere Möglichkeiten, und die Branche bringt laufend neue Werbeformen auf den Markt."




Und Andreas Widmer hält fest: "Klar ist, dass kreative, innovierende, überraschende und relevante Werbung immer besser funktioniert als langweilige."


"New York Times": Erfolg mit neuem Online-Werbeformat

Ab April diesen Jahres werden Leser der "New York Times" online ein neues Werbeformat finden. Auf der rechten Seite der Internet-Zeitung werden halbseitige Inserate plaziert, die sich an Werbeformaten in der Print-Ausgabe orientieren. Für die neue Werbeform wird die "New York Times" sogar die Navigation anpassen und von der linken Seite nach oben verschieben. Derzeit werde das Format mit Lesern ausprobiert, und das Echo sei positiv, berichten die Verantwortlichen. Die Leser würden sich an der Werbung nicht stören. Das einzige, was sie stören würde, sei Unterbrecherwerbung - zum Beispiel bildschirmfüllende Einblendungen, bevor ein Artikel angezeigt wird. Das Interesse der Werbekunden am neuen Format sei ebenfalls beachtlich. Im letzten Quartal 2002 konnte der Umsatz mit Online-Werbung bei der "New York Times" um rund 20 Prozent gesteigert werden. Zurückzuführen sei dieses Ergebnis auf das Interesse der Werber an neuen Formaten.



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