Vereinfachte Geschäftsprozesse dank E-Rechnungen

Elektronische Rechnungen gewinnen zusehends an Attraktivität. Doch es gibt einige Lösungen. Wie sehen die genau aus und wo liegen allfällige Tücken?

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/19

     

Die Kosten einer Papierrechnung können bis zu fünf Franken betragen. Papierrechnungen werden zwar elektronisch erstellt, dann jedoch ausgedruckt und per Post versandt. Der Verlust der Sendung auf dem Postweg oder eine falsche Zustellung lassen weitere Kosten entstehen. Auch beim Empfänger fallen durch die Papierrechnung hohe Kosten an. Die Rechnungsdaten müssen im System erfasst werden, bevor die Rechnung weiterverarbeitet werden kann. Viele dieser aufwendigen Schritte lassen sich heute dank der elektronischen Rechnung vereinfachen.


Unternehmen können die Debitorenverwaltung zur Beschleunigung des Abrechnungs- und Rechnungsprozesses nutzen, wenn sie elektronische Rechnungen an ihre Kunden versenden. So lassen sich Rechnungen schneller zustellen, flexiblere Zahlungsoptionen nutzen sowie die gesamte Korrespondenz nachverfolgen, um so auch Compliance-Anforderungen gerecht zu werden.





Rechnungsausgang (Standard)


Deutliche Einsparungen bei elektronischer Rechnungsstellung

Grundlage für die elektronische, mehrwertsteuerkonforme Rechnungsstellung ist die Verordnung des eidgenössischen Finanzdepartements über elektronisch übermittelte Daten und Informationen (ElDI-V, siehe auch Kasten «Gesetzliche Grundlage»). Auf dieser Grundlage können Unternehmen ihre Prozesse automatisieren, so dass jetzt aufwendige manuelle Prozesse wie Rechnungsdruck, Versand oder Archivierung entfallen und zudem damit verbundene Kosten eingespart werden können.


Diese Einsparungen können sich auf mehr als 85 Prozent der Kosten des traditionellen Rechnungswesens belaufen, wie eine kürzlich in Deutschland durchgeführte Studie ergab. Dabei wurden Einsparungen aus der Optimierung der Geschäftsprozesse noch gar nicht berücksichtigt. Es ist anzunehmen, dass die Grössenordnung in der Schweiz ähnlich gelagert ist.



Neben der elektronischen Übertragung der Rechnungsdaten war bis anhin parallel eine Papierrechnung notwendig. Hohe Prozesskosten beim Rechnungssteller und beim Rechnungsempfänger waren die Folge. Mit dem rein elektronischen, MwSt.-konformen Rechnungsprozess steht nun ein medienbruchfreier Ablauf von der Rechnungsstellung bis zur Rechnungsprüfung zur Verfügung.


Qualifizierte digitale Signatur ist entscheidend

Grundsätzlich existieren drei Möglichkeiten, um Rechnungen elektronisch zu versenden:



- Um Rechnungen via EDI, E-Mail oder Webseite dem Rechnungsempfänger zugänglich zu machen, implementiert der Rechnungssteller eine spezielle Software. Der Rechnungsempfänger bezahlt die Rechnung über klassische Zahlungskanäle, beispielsweise per E-Banking oder direkt auf der Webseite.




- Der Rechnungsempfänger implementiert eine Software, um Rechnungen der Lieferanten elektronisch verarbeiten zu können. Die Lieferanten werden angewiesen, die Daten online zu erfassen oder via EDI zu übermitteln.



- Ein spezieller Service-Provider, Konsolidator genannt, übermittelt die Rechnungsdaten im gewünschten Format an den Rechnungsempfänger. Der Rechnungssteller übermittelt die Rechnungsdaten zuvor an den Service-Provider.
Damit eine Rechnung auch gemäss ElDI-V eingeliefert werden kann, muss der Rechnungssteller eine elektronisch übermittelte Rechnung signieren und GeBüV-konform (siehe Kasten «Gesetzliche Grundlage») archivieren, bevor diese zum Rechnungsempfänger gelangt. Der Rechnungsempfänger führt dann seinerseits eine Signaturprüfung und Archivierung durch.


Entscheidend ist die qualifizierte digitale Signatur der Rechnung. Erst dann erhält die elektronische Rechnung die gleiche Beweiskraft wie Papierrechnungen. Dies ist nicht mit Verschlüsselung zu verwechseln! Die qualifizierte digitale Signatur sichert die Authentizität (Echtheit) der Herkunft (der Rechnungssteller ist eindeutig und sicher identifiziert) sowie die Integrität der Daten (es hat keine Veränderung der Rechnungsdaten auf dem Weg vom Sender zum Empfänger gegeben).


Ablauf der Rechnungsstellung mittels Konsolidator

Am unbekanntesten, aber umfangreichsten und damit effizientesten von den drei Arten der elektronischen Rechnungsstellung ist bestimmt die über einen Konsolidator. Schauen wir uns deshalb den Ablauf mit Einbezug der Grafik auf dieser Seite einmal genauer an:



1. Kunde (Rechnungssteller) generiert die Rechnung.



2. Die Rechnungsdaten werden über einen Gateway auf den Script-Server des Konsolidators übertragen. Dabei ist das Format der Rechnungsdaten unerheblich. Mögliche Anbindungen sind: FTP, HTTP, HTTPS, SMTP, SSH, SOAP, MQ.



3. Auf dem Script-Server werden die Daten aufgeteilt in Rechnungsdaten und Adressdaten. Sollten die Rechnungsdaten nur als sogenannte Rohdaten vorliegen, werden sie in ein beliebiges Datei-Format umgewandelt, beispielsweise ASCII, PDF, TIFF, Postscript, XML, EDI, EDIFACT, ELFE, IDOC. Ebenso sind Varianten unterschiedlicher Formate empfängerspezifisch je Einzeltransaktion möglich. Die anderen mit übergebenen Informationen werden ebenfalls ausgelesen und umgesetzt.




4. Die finale Rechnungsdatei wird in der IN-Directory des Signatur-Servers abgelegt.



5. Der Signatur-Server holt die Datei aus dem IN-Directory ab, erstellt zu der Datei eine qualifizierte elektronische Signatur und legt die signierte Datei in der OUT-Directory ab.

Die Zuordnung der Signatur zur Datei kann auf vier unterschiedliche Arten erfolgen:

a) pk7 – (signed-data/encapsulated) Der Signaturgegenstand, die Signatur und das Signaturzertifikat werden in einem File (einer Kapsel) mit der Endung «.pk7» gespeichert.

b) p7s – (signed-data/detached) Signatur wird in einem separaten File mit gleichem File­namen wie der Signaturgegenstand jedoch der Endung «.p7s» gespeichert.

c) p7m – (S/MIME multipart-signed) Das p7m-Format ist eine Erweiterung des pk7-Formates. Im Unterschied zu den anderen Formaten werden die Daten vor dem Signieren als MIME-Nachricht (multipart-signed) aufbereitet.

d) pdf – (Adobe PDF Reference 1.6) Die Signatur gemäss Adobe-PDF-Standard wird in das entsprechende PDF-Dokument eingebettet. Die signierte Rechnung wird im OUT-Directory des Signatur-Servers abgelegt.



6. Die signierte Rechnung wird vom Scriptserver aus dem OUT-Directory des Signatur-Servers abgeholt. Anhand der Adressdaten wird die signierte Rechnung nun per E-Mail an den betreffenden Empfänger verschickt oder zur Abholung via Gateway (siehe 2.) bereitgestellt. Zusätzlich zum E-Mail-Versand wird eine Kopie der signierten Rechnung zur Abholung per FTP zur zukünftigen Archivierung beim Rechnungssteller bereitgestellt.



7. Nach Empfang der Nachricht prüft der Rechnungsempfänger die Korrektheit der Signatur über eine Prüfsoftware oder einen Verifikations-Dienstleister.



8. Der Empfänger archiviert die signierte Rechnung und Dokumentation über die Prüfung.


Fazit

Mit der Verordnung des eidgenössischen Finanzdepartements über elektronisch übermittelte Daten und Informationen herrscht Klarheit und Rechtssicherheit bezüglich der elektronischen Rechnungsstellung. Damit eröffnen sich den Unternehmen beste Chancen, ihr Rechnungswesen zu automatisieren und so zu deutlichen Einsparungen gegenüber der guten alten Papierzeit zu kommen.


Gesetzliche Grundlagen


· MWSTG: Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer


· MWSTGV: Verordnung des Bundesrates zum
BG über die Mehrwertsteuer


· ELDI-V: Verordnung des EFD über elektronisch übermittelte Daten und Informationen


· Verordnung der ESTV vom 12. Oktober 2007 über Zertifizierungsdienste im Bereich der ELDI-V


· GeBüV: Verordnung über die Führung und
Aufbewahrung der Geschäftsbücher


Steuerrecht

Diese zentralen steuerrechtlichen Punkte gilt es beim vollständig elektronischen Rechnungsaustausch zu berücksichtigen:



· Die Inhaltsanforderungen entsprechen grundsätzlich jenen der Papierrechnung (MWSTG Art. 37).


· Durch die digitale Signatur erhält die elektronische Rechnung die gleiche Beweiskraft wie Papierrechnungen.


· Auf die elektronischen Rechnungsdaten muss bis zur Verjährungsfrist zugegriffen werden können. Dies bedeutet, dass die erforderliche Software und Infrastruktur zur Wiedergabe der Daten für diesen Zeitraum bereitgestellt werden müssen. Die Daten sind ferner gegen Verlust und Beschädigung zu schützen.


· Die elektronische Rechnungsstellung kann durch Unterzeichnen einer Delegationserklärung an einen Service Provider übertragen werden.


Der Autor

Antonio Sirera, Country Manager Schweiz, Premiere Global Services




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