In Eigenregie auf Office 365
Quelle: Eisberg

In Eigenregie auf Office 365

Eisberg hat von den unterschiedlichsten Office- und Exchange-Versionen auf Office 365 migriert, und das ohne die Hilfe eines Partners. Probleme gab es kaum, so das Unternehmen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2013/09

     

Das Unternehmen Eisberg mit Hauptsitz im zürcherischen Geroldswil produziert Convenience-Salate für Gastro-Betriebe sowie den Einzelhandel und ist in ganz Europa tätig. Nebst der Schweiz unterhält Eisberg Standorte in Polen, Rumänien, Italien, Ungarn und Spanien. Bezüglich Informatik wird die Strategie zwar von der Schweiz aus vorgegeben, die Umsetzung aber erfolgt unabhängig vor Ort in den jeweiligen Ländern. «Im Bereich Office hatte das zur Folge, dass wir praktisch in jedem Land eine andere Lösung im Einsatz hatten, von Exchange 2003, 2007 und 2010 über POP/IMAP-Server bis hin zu ersten Office-365-Installationen», erklärt Matthias Hummler, Head of IT bei Eisberg, gegenüber «Swiss IT Magazine». Diese Situation sei nicht befriedigend gewesen, weshalb man sich letztes Jahr entschieden habe, die Office-Umgebung beziehungsweise die gesamte Kollaborations-Plattform unternehmensweit auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.

Einfache Migration, geringere Investitionen


Der Entscheid fiel dabei nicht sofort auf Office 365. Ursprünglich war geplant, alles ins bestehende On-Premise-Exchange (Version 2010) einzubinden, wie Hummler erzählt. «Wir haben dies in unserer Niederlassung in Polen auch umgesetzt, dabei aber gemerkt, dass diese Migration enorm zeitaufwendig ist.» Ausserdem hätten sich zahlreiche Probleme abgezeichnet, bedingt unter anderem durch die unterschiedlichen Office-Versionen in den einzelnen Ländern sowie die unterschiedlichen Sprachsätze, die verwendet werden. «Bevor wir dann den nächsten Standort in Angriff nahmen, haben wir unsere Möglichkeiten nochmals evaluiert und Office 365 im Detail geprüft.» Microsofts Cloud-Lösung hat sich dabei als der passende Weg erwiesen. Zum einen, weil die Migration verhältnismässig einfach ist. Zum anderen aber auch, weil Eisberg durch Office 365 das Problem der unterschiedlichen Office-Versionen und gleichzeitig der passenden Lizenzierung vom Tisch bekommen konnte.
In diesem Zusammenhang nennt Matthias Hummler auch die Kosten, die für Office 365 gesprochen haben. Dadurch, dass bei Eisberg teilweise noch relativ alte Office-und Exchange-Versionen im Einsatz waren, wären bei einer On-Premise-Variante beträchtliche Investitionen notwendig geworden, um alles auf den neuesten Stand zu bringen. Hinzu komme, dass die On-Premise-Variante wahrscheinlich im eigenen Rechenzentrum in der Schweiz gelaufen und dann die Frage aufgetaucht wäre, welche Kosten für diesen Betrieb man in welcher Form auf welches Land abwälzt. «Mit Office 365 ist alles sehr transparent. Braucht ein Land zehn zusätzliche Nutzer oder zehn zusätzliche Mail-Adressen, kann ich ziemlich genau sagen, wie viel das kostet», erklärt der Head of IT.

Alte Zöpfe abschneiden


Bei der Migration auf Office 365 gingen Hummler und sein Team dann nicht unbedingt strikt nach Lehrbuch vor. «Wir haben zwar eine kleine Testumgebung mit einigen Usern aufgebaut, um zu testen, wie die Installation und die Anbindung von der Hand gehen. Aber wir haben keine sanfte Migration auf Office 365 vorgenommen.» Eine sanfte Migration hätte beispielsweise so aussehen können, dass die bestehenden On-Premise-Exchange-Server zusammen mit Office 365 simultan laufen gelassen werden. «Wir wollten allerdings vorwärts machen, und ein solcher Parallelbetrieb hätte Zeit gekostet, weshalb wir uns dagegen entschieden haben», berichtet Hummler.
Und so hat Eisberg an Ostern 2013 einen harten Schnitt vollzogen – sprich die bestehenden Exchange-Server ausser Betrieb genommen und alle User auf einen Schlag auf Office 365 migriert. «Dadurch konnten wir auch gleich alle alten Zöpfe abschneiden», zieht Hummler Bilanz. Die Migration wurde so vorbereitet, dass bei jedem Nutzer bis Karfreitag bereits die neue Mailbox unter Office 365 eingerichtet war, einfach mit einer «falschen» E-Mail-Adresse im Hintergrund. Der Nutzer konnte aber bereits auf seine neue Mailbox zugreifen. Danach wurden die DNS-Settings auf den neuen Exchange-Server eingestellt, die lokalen Office-Applikationen auf den Clients installiert, und die Migration war im Wesentlichen durch.

Mit Hilfe von Dritt-Tools


Als grösste Herausforderung des Projekts bezeichnet Hummler ganz klar das Migrieren der Postfächer: «Wir haben uns im Vorfeld überlegt, wie wir die Daten am einfachsten von der On-Premise-Installation auf Office 365 schieben können. Der erste Ansatz, den wir versucht haben, war das einfache Exportieren und Importieren des PST-Files in Outlook. Das hat allerdings nicht überall reibungslos funktioniert, unter anderem weil das PST an den jeweiligen Client gekoppelt war. Deshalb haben wir uns auf die Suche nach Zusatz-Tools gemacht, und von Anbieter Messageops sowie mit dem Dienst Migrationwiz.com Lösungen gefunden, die bei der Migration helfen. Die Messageops-Lösung etwa erlaubt es, die PST-Files losgelöst vom Client zu importieren und das Ganze als Server-Job laufen zu lassen kann. Solche Tools kann ich wärmstens empfehlen.»
Doch die Migration brachte noch weitere Herausforderungen mit sich. In Polen beispielsweise setzen einige Mitarbeiter Blackberrys ein. «Doch nur wegen einer guten Handvoll Mitarbeiter wollten wir den Backberry-Service, den Microsoft rund um Office 365 anbietet, nicht implementieren», erklärt Matthias Hummler. Deshalb müssen sich diese Mitarbeiter nun entweder mit IMAP und damit mit eingeschränkter Funktionalität begnügen, oder sich ein anderes Smartphone anschaffen. In Italien arbeiteten die Nutzer derweil noch mit Office 2003 und teils mit Windows XP. Die Kombination aus Windows XP, Office 2003 und Office 365 beziehungsweise im konkreten Fall Exchange 2010 habe sich Out of the Box aber nicht vertragen, erzählt Matthias Hummler weiter. «Hier mussten wir einige Zeit investieren und die Fehler suchen, um die Systeme zum Laufen zu bringen.»
Grundsätzlich sei die Migration aber weitgehend problemlos verlaufen. Und für den Fall, dass doch etwas schiefgelaufen wäre, wäre es für Hummler ein Einfaches gewesen, die Domänen beziehungsweise die DNS-Settings wieder auf die alte Infrastruktur zu hängen. «Der Wechsel von der alten auf die neue Infrastruktur wurde über die DNS-Settings gemacht und hätte so auch wieder rückgängig gemacht werden können. Sobald die DNS-Einträge weltweit wieder repliziert gewesen wären, wäre alles wieder gelaufen wie zuvor. Denn es war schon nicht so, dass wir die alte Infrastruktur unmittelbar nach dem Wechsel abgeschaltet haben», so Hummler. Allerdings setze dieses Vorgehen einiges an Know-how in der DNS-Umgebung voraus.

Geschätzte Investition


Eisberg setzt für seine 150 Nutzer den Office-365-Plan E3 ein, der ein unlimitiertes Archivpostfach beinhaltet. Ebenfalls Teil des E3-Plans ist Sharepoint. Basierend auf Sharepoint ist Eisberg aktuell daran, zusammen mit dem IT-Dienstleister IOZ eine Business-Process-Management-Plattform Out of the Box, die auf Office 365 basiert, zu implementieren. Betriebssystem-seitig läuft bei Eisberg heute praktisch auf jedem Rechner Windows 7. Einzelne letzte XP-Maschinen sollen spätestens nächstes Jahr ersetzt werden – nicht zuletzt auch deshalb, weil Office 2013 auf XP nicht mehr läuft. «Bis spätestens nächstes Jahr wollen wir, dass auf allen Clients Office 2013 läuft. Während früher die Länder selbst entscheiden konnten, mit welchen Versionen sie arbeiten wollen, geben wir dies mit Office 365 nun aus dem Hauptsitz heraus vor», erklärt dazu Peter Ettrich, Chief ERP System und zusammen mit Matthias Hummler für die Eisberg-IT verantwortlich. «Wir wollen, gerade im Hinblick auch auf das Sharepoint-Projekt, dass immer die neueste Office-Version eingesetzt wird.»

Einmal implementiert, seien Office 365 beziehungsweise Office 2010/2013 von den Nutzern sehr positiv aufgenommen worden. «Es ist schon so, meist kommen neue Tools bei Mitarbeitern nicht so gut an, weil diese ja Veränderung bedeuten. Doch gerade IT-seitig haben wir in einigen unserer Ländergesellschaften schon länger nichts mehr investiert. Entsprechend haben die Mitarbeiter dort die Migration und Investition auch als Wertschätzung seitens der IT gesehen», erklärt Peter Ettrich. Auf Schulung hat man weitgehend verzichtet. Dies, weil die meisten Nutzer zuhause ohnehin schon mit aktueller Office-Software arbeiten würden, womit die neuen Releases auch für Office-2003-Nutzer kein völliges Neuland waren, so Ettrich weiter. Zudem gehöre es zur Firmen-Philosophie, dass man bei den Mitarbeitern auf weitergehende Eigeninitiative und Eigenverantwortung setze. «Und kommt der Anwender trotzdem mal an einen Punkt, an dem er ansteht, haben wir ja in den Ländern IT-Spezialisten, die helfen.»
Eine Besonderheit bei Eisberg betrifft noch das Thema Active Directory. Die Identifikation in Office 365 läuft derzeit mittels Active Directory in Azure, ist aber nicht mit dem lokalen Active Directory von Eisberg verknüpft. Allerdings werden die Passwörter zwischen dem lokalen und dem Azure-Active-Directory mittels eines Dritthersteller-Tools abgeglichen. «Wenn ein Nutzer also lokal sein Passwort ändert, wird das innert 30 Sekunden abgeglichen und gilt dann auch für Office 365. Das funktioniert eigentlich recht gut», so Hummler.

Projekt ohne Partner


Speziell beim Fall Eisberg ist zudem sicherlich, dass man für das Office-365-Projekt nicht mit einem Microsoft-Partner zusammengearbeitet hat. «Wir beziehen die Lizenzen direkt bei Microsoft und haben das Projekt auch selbst umgesetzt», so Hummler. «Der Grund dafür ist einfach: Wir haben uns Office 365 angeschaut, und dabei gesehen, dass wir die Migration auch selbst stemmen können.» Allerdings hatte Eisberg mit dem Dienstleister IOZ quasi ein Backup im Rücken, falls man bei einem Problem angestanden wäre. «Es war dann tatsächlich so, dass ein Problem mit der Lizenzierung aufgetaucht ist und Microsoft zusätzliche Lizenzen nicht liefern konnte beziehungsweise der Prozess ins Stocken geriet. Hier hat IOZ uns unterstützt und uns die richtigen Kontakte gegeben, damit das Projekt weiterlaufen konnte.»
Hummler bereut rückblickend auch nicht, dass er das Projekt ohne Partner durchgezogen hat. «Das Projekt lief – abgesehen von den angesprochenen kleinen Problemen, die wir selbst lösen konnten – sehr gut. Von den Kosten einmal abgesehen: Hätten wir mit einem Partner gearbeitet, hätten ich und Peter Ettrich trotzdem als Schnittstelle zu den einzelnen Ländergesellschaften fungieren müssen. Einen Partner zu finden, der in all den Ländern mit all den Sprachen tätig ist, wäre wohl ziemlich schwierig geworden.»
Die pauschale Empfehlung, Office 365 ohne Partner zu implementieren, kann man aber nicht abgeben. «Das hängt immer auch mit dem Know-how zusammen, das man im eigenen Unternehmen hat», erklärt Peter Ettrich. Allerdings wird das Anforderungsprofil immer kleiner. Office 365 mit Office 2010 zum Beispiel habe noch Powershell-Erfahrung vorausgesetzt, etwa zum Wechseln von Mail-Adressen. Mit Office 2013 würden diese Funktionen nun auch über das User Interface bereitgestellt.

Keine Kontrolle über die Datenhaltung


Ein Aspekt im Zusammenhang mit Office 365, der zum Abschluss erwähnt sein sollte und den auch Hummler mit seinem Team im Vorfeld der Migration diskutiert hat, ist das Thema Datenhaltung. Er wisse heute ziemlich genau, wo seine Daten liegen – nämlich verteilt auf 60 verschiedene Server an den zwei Standorten Irland und Amsterdam, meint Hummler. Das kommuniziere Microsoft zwar nicht so direkt, aber das könne man herausfinden. «Datenschutz war ein Thema im Vorfeld des Office-365-Entscheids, und wir haben uns gut überlegt, ob wir unser Daten im Ausland gelagert haben wollen. Doch wir sind ohnehin international unterwegs, und E-Mail gilt bei uns so oder so nicht als sicheres Medium – insofern spielt es letztlich eigentlich keine Rolle, wo die Daten liegen», erklärt der Head of IT zu dem Thema weiter. Nicht möglich gewesen wäre es jedoch, Office 365 zu nutzen und auf die Datenhaltung in der Schweiz zu bestehen. «Microsoft hat uns dazu erklärt, dass die Daten auf dem nächstgelegenen Server abgelegt werden und zudem an drei Orten gespiegelt sind. Wo die Server aber liegen, kann man nicht mitbestimmen.» (mw)


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Vor wem mussten die sieben Geisslein aufpassen?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER