Start-up Acodis: Die Nadel im Heuhaufen finden
Quelle: Acodis

Start-up Acodis: Die Nadel im Heuhaufen finden

Unstrukturierte Daten bereiten Unternehmen Kopfschmerzen, da sie zwar viele geschäftsrelevante Informationen beherbergen, aber für Maschinen nicht zu lesen und damit nicht zu verarbeiten sind. Die Software von Acodis verspricht Abhilfe.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2022/11

     

Unternehmen sammeln jährlich Millionen von Daten, die dabei helfen, interne Prozesse zu verstehen und zu verbessern, um so den Erfolg voranzutreiben. Meist kommen diese Daten aber unstrukturiert daher und müssen erst in strukturierte Daten umgewandelt werden, damit sie für Maschinen leicht lesbar sind – ein Prozess, der sich Datenextraktion nennt. Hier kehrt man der manuellen Verarbeitung durch den Menschen immer mehr den Rücken, zu Gunsten von digitalen und automatisierten Lösungen. Diese sparen nämlich nicht nur Zeit und Geld, sondern führen auch zu weniger Fehlern bei der Datenextraktion. Genau dies hat ein Schweizer Start-up namens Acodis erkannt und umgesetzt.

Digitale und automatisierte Dokumentenverarbeitung

Dokumentenverarbeitung
Acodis hat sich auf die intelligente Dokumentenverarbeitung (IDP) spezialisiert. «Wir haben uns als Ziel gesetzt, die unstrukturierten Informationen aus Dokumenten wie beispielsweise PDFs zugänglich und nutzbar zu machen», so CEO Martin Keller. Aus diesem Grund bietet das Schweizer Start-up eine Plattform, die dabei hilft, relevante Daten aus jeglichem Dokumenttyp und jeglicher Sprache zu extrahieren, und stellt die daraus gewonnen Daten in einem strukturierten Format zur Verfügung. Zurückgegriffen wird dabei auf maschinelles Lernen (ML). Verschiedene Modelle, die auf unterschiedliche Dokumenttypen trainiert sind, stehen für die Datenextraktion zur Verfügung und ermöglichen es, sofort mit der Extraktion von Daten aus Dokumenten zu beginnen. So gibt es beispielsweise Modelle, die auf die Datenextraktion aus Tabellen oder Bildern spezialisiert sind. Der Kunde muss nur noch die Dokumente per Drag-and-Drop hochladen, den Prozess der Datenextraktion starten und dann spucken die ML-Modelle von Acodis strukturierte Daten aus. Darüber hinaus besteht für Kunden die Möglichkeit, die Modelle spezifisch den individuellen Anforderungen anzupassen – also benutzerdefinierte Modelle zu erstellen. «Die Kunden können unsere Modelle ihrer jeweiligen Dokumentenwelt anpassen, wobei unsere Modelle als Basis dienen, die mit weiteren Beispieldokumenten der Kunden gefüttert werden. Auf diese Weise lernen die Modelle dazu und passen die Datenextraktion den Eigenheiten der jeweiligen Dokumente an, was Fehler und Ungenauigkeiten minimiert», erläutert Martin Keller. Dieser Prozess verlangt allerdings erstmals ein paar Trainingseinheiten für die KI, um sicherzustellen, dass auch alles wunschgemäss funktioniert. Dank der No-Code-Plattform von Acodis sollte dies jedoch kein Problem darstellen.

Eine Plattform für alle

Neben der Vielfalt an ML-Modellen bietet die Plattform von Acodis nämlich besonders einen Vorteil. «Das spannende an unseren Modellen respektive an unserer Plattform ist, dass unsere Kunden diese ohne jegliche Programmierkenntnisse verwenden können», erläutert Martin Keller. Die ML-Modelle von Acodis können demnach verwendet werden, ohne dass dafür ein Informatik-Hintergrund benötigt wird. Dasselbe gilt für das Training von benutzerdefinierten Modellen. Dieses muss zwar manuell eingeleitet und im besten Fall auch überwacht werden, doch sind auch hier keinerlei Programmierkenntnisse vonnöten. «Per Mausklick können die Kunden bestimmen, welches die relevanten Informationen in einem Dokument sind und die ML-Modelle darauf trainieren», kommentiert der CEO und verweist auf einen weiteren Vorteil der No-Code-Plattform: «Die Kunden bleiben stets in Kontrolle des Prozesses und können die Automatisierung der Datenextraktion völlig selbständig durchführen.» Am Ende des automatisierten Prozesses stehen die extrahierten Daten als JSON-, CSV-, XML- oder Excel-Datei zum Download bereit.

Liebe das Problem, nicht die Lösung

Ursprünglich plante die Firma der drei Gründer, zu denen auch Interviewpartner und CEO Martin Keller zählt, eine Berg­sport-App zu entwickeln. «Wir fragten beim Schweizer Alpenclub nach dem nötigen Inhalt wie Skitouren, Wanderrouten etcetera für unsere Bergsport-App nach. Sämtliche Informationen waren jedoch in unstrukturiertem Format gespeichert. Daher erhielten wir im Gegenzug nur PDFs oder ähnliche Formate, mit denen wir für unsere App nur wenig anfangen konnten», erläutert Martin Keller. Aus diesem Grund suchten die drei Gründer nach einem Weg, mit Technologien wie maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz die Bergsport-App mit strukturierten Daten zu füttern. Hierfür musste eine Lösung her, die den riesigen Haufen an unstrukturierten Daten nach den relevanten Informationen durchforstet und diese als strukturierte Daten bereitstellt. Die Entwicklung führte schlussendlich dazu, dass man sich von der Idee der Berg­sport-App trennte. «Im Rahmen der Entwicklung des Prototyps erkannten wir schnell, welche Komplexität und Aktualität der Prozess der Datenextraktion hat. Zudem entwickelten wir unsere Lösung von Beginn weg agnostisch. Es spielte also keine Rolle, ob es sich um einen Kletterführer, Produktkatalog oder Sicherheitsblätter handelte – der Prozess war immer derselbe», führt der CEO aus. So kam es, dass die Kletter-App nie zustande kam und ihr Ende als Idee in einer Powerpoint-Präsentation fand. Die Gründer legten fortan all ihre Arbeitskraft in den Prozess der Datenextraktion. Mit ein Grund dafür war auch, dass man sich auf einer technischen Ebene für das Thema begeisterte. Und eine bessere Ausgangslage für ein Start-up gibt es wohl kaum, denn wie CEO Martin Keller so schön erklärt: «Verliebe dich in das Problem, nicht die Lösung.»

Von bescheidenen Anfängen

Ausschlaggebend für den Fokus auf Datenextraktion war aber sicherlich nicht die Liebe an der Technologie allein. Aufgrund der Massen an unstrukturierten Daten, die Unternehmen jährlich produzieren, war auch die Nachfrage nach der Lösung von Acodis geboten. «Wir wollten möglichst schnell beweisen, dass unsere Technologie für unterschiedliche Anwendungsfälle geeignet ist und einen Mehrwert bietet. Dabei stiessen wir von Beginn weg auf eine hohe Nachfrage aus den verschiedenen Branchen», wie Martin Keller beschreibt. Daher konnte Acodis zu Beginn auf externe Investoren verzichten. Die hohe Nachfrage nach der Technologie ermöglichte es von Beginn weg, autark und profitabel zu sein, was wiederum Grundlage für ein organisches Wachstum war. Dennoch hielt man sich am Anfang bescheiden und kam auch gänzlich ohne Marketing aus, das eigene Netzwerk fungierte zu Beginn als Grundlage der Kundenakquisition. Dabei legte Acodis viel Wert auf Kundennähe. «Für uns war es von Anfang an wichtig, möglichst nahe und eng mit unseren Kunden zusammenzuarbeiten, um sie von unserer Lösung zu überzeugen», so der CEO. Eine Strategie, die aufging. Mittlerweile zählt Acodis prominente Namen wie Roche, Syngenta oder Allianz zu seinen Kunden und ist international aufgestellt. Mit Hilfe von Investoren möchte man das Wachstum der letzten Jahre nun weiter vorantreiben. «Gerade in der Chemie- und Pharmaindustrie sehen wir ein riesiges Potential für den Einsatz unserer Software, weshalb wir auf diesen Wirtschaftssektor in nächster Zeit einen speziellen Fokus setzen», wie Martin Keller preisgibt. (rf)


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