Freelancer integrieren - Herausforderungen und Lösungen

Die erste Herausforderung ist es, überhaupt einen passenden Freelancer zu finden. Ist die erste Hürde geschafft, steht die nächste bereits bevor: Wie integriert man den Freelancer richtig ins Team? Und was kann dabei falsch laufen?

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2022/09

     

Früher wurden Freelancer von Unternehmen als notwendiges Übel betrachtet. Sie wurden in die Firma geholt, wenn Mitarbeitende fehlten oder das eigene Team Unterstützung benötigte. Aber eigentlich spielten sie immer die Feuerwehr. Schliesslich hätte die Personalleitung lieber alle Positionen mit festangestellten Mitarbeitenden besetzt. Hinzukommt, dass Freelancer mehr verdienten als Angestellte, was schnell zu Neid und Missgunst in den Teams führte.

Durch den Fachkräftemangel hat sich der Blick auf Freelancer stark verändert. Heute sind Freelancer der Rettungsring für Unternehmen und Angestellte. Sie unterstützen bei Projekten, liefern wertvolles Know-how und bringen frischen Wind in die Teams. Manchmal läuft das so gut, dass Freelancer über Jahre für Unternehmen arbeiten oder sich sogar irgendwann fest anstellen lassen.


Ob ein Freelancer im Unternehmen effizient arbeiten kann und vom Team akzeptiert wird, hängt von den Gegebenheiten vor Ort ab und wie mit diesen umgegangen wird.

Wie sind die Voraussetzungen für die Freelancer?

Der Einsatz eines Freelancers kann je nach Unternehmen, Branche oder Einsatz völlig unterschiedlich sein:

- Die Team-Ergänzung: Hier trifft der beauftragte Freelancer auf ein bereits bestehendes Team mit festen Strukturen und Verantwortlichkeiten. Meistens ist ein Mitarbeiter ausgefallen oder es steht so viel Arbeit an, dass Unterstützung von aussen benötigt wird. Für den Externen ist es jetzt wichtig, dass er wie ein Angestellter in das Team integriert wird. Das sollte von Anfang an klar kommuniziert werden. Freelancer, die das kollegiale Miteinander scheuen oder nur remote arbeiten, sind hier nicht die richtige Besetzung.


- Das eigenständige Team aus Freelancern: Oft stehen so viele Projekte an, dass ein eigenständiges Team aus Freelancern gebildet werden muss. Da alle Beteiligten meist neu sind und die gleichen Voraussetzungen vorfinden, kommt es selten zu Konflikten. Wichtig ist nur, dass zumindest ein Festangestellter das Team leitet, um als Ansprechpartner und Vermittler fungieren zu können. So kann das Risiko ausgeschlossen werden, dass die Freelancer völlig eigenständig Entscheidungen treffen, die nicht im Sinne des Unternehmens sind.

- Der Remote-Freelancer: Manchmal erlauben Unternehmen, dass der Freelancer nicht vor Ort sein muss, sondern das Unternehmen aus dem Home Office unterstützt. In diesem Fall erhält der Externe genaue Arbeitsanweisungen, die abgearbeitet werden müssen. Eine Team-Einführung oder -Bindung findet meist nicht statt. Durch die Coronapandemie hat sich dieses Arbeitsmodell in vielen Unternehmen etabliert. Viele Software-Entwickler sind inzwischen nicht mehr bereit, vor Ort zu arbeiten, und ziehen die Remote-Version vor. Gerade bei dieser Art von externer Unterstützung ist es wichtig, mit dem Freelancer darüber zu sprechen, wie das Zuarbeiten funktionieren soll.
Vorteile von Freelancern
Der Einsatz von Freelancern bietet Vorteile für Unternehmen und Angestellte.
- Freelancer sind Kollegen auf Zeit und damit keine Konkurrenz um Stellen – das bedeutet weniger Konflikt und Missgunst.
- Externe Mitarbeitende möchten keine Karriere im Unternehmen machen und buhlen deshalb nicht um Anerkennung und Lob.
- Freelancer sind nur eingeschränkt bei strategischen Entscheidungen involviert – die letzte Entscheidung bleibt bei den Angestellten.
- Dank der zusätzlichen Unterstützung werden Mitarbeitende entlastet – und das heisst weniger Überstunden und Stress.

Der richtige Freelancer

Nebst der Entscheidung, in welcher Form der Freelancer das Unternehmen und das Team unterstützen soll, stellt sich die Frage, welche Fach- und Sozialkompetenzen gewünscht sind. Nebst dem fachlichen Know-how legen Unternehmen heute sehr viel Wert auf die Soft Skills:

- Passt der Freelancer ins Team, stimmen die Voraussetzungen?
- Kann sich der Freelancer ins Team integrieren?
- Passt die Person in die Hierarchien und kann sie sich in die für sie bestimmt Rolle einfügen?


Nur unter Beachtung dieser Schlüsselqualifikationen kann die passende Person gefunden werden. Denn letztlich ist die Effizienz eines Teams entscheidender als die Arbeit jedes Einzelnen – allerdings ist dies nur der Fall, wenn das Team auch harmoniert. Gerade deshalb hat der Einbezug der Soft Skills einen absolut hohen Stellenwert.

So klappt es nicht mit den Freelancern

Nur dann, wenn die externen Kolleginnen und Kollegen richtig eingesetzt werden, können das Team und das Projekt profitieren. Das heisst: Freelancer sollten nicht nur für spannende Projekte eingesetzt werden – auch wenn sie dafür prädestiniert sind. Entwickelt sich die Arbeitsverteilung in einem Unternehmen so, dass die internen Mitarbeitenden für die einfacheren, wiederkehrenden Aufgaben zuständig sind und die Freelancer die herausfordernden Projekte umsetzen, besteht die Gefahr, dass den eigenen Mitarbeitenden das Gefühl vermittelt wird, sie wären weniger wichtig. Deswegen empfiehlt es sich, gemeinsam mit dem Team zu erarbeiten, wie die Aufgabenverteilung stattfinden soll.

Onboarding-Prozess

Clever ist es, wenn das Unternehmen sich, bevor die neuen Free­lancer eingestellt werden, überlegt, wie der Onboarding-­Prozess aussehen soll. Dabei geht es vor allem darum, folgende Punkte zu definieren:
- Was ist der erste Eindruck, den das Unternehmen bei den ­Freelancern hinterlassen möchte?
- Was müssen die Freelancer über die Unternehmenskultur und das Arbeitsumfeld wissen?
- Wie sehen Geschäftsprozesse aus und welche Rolle spielen die externen Mitarbeiter darin?
- Werden externe Mitarbeitende genauso wie interne behandelt?
- Gibt es eine Zweiklassen-Gesellschaft? Meetings sollten zum Beispiel immer für alle sein.
- Müssen die Freelancer für das Projekt ins Team integriert werden?

Willkommen im Unternehmen: Damit sich die Externen aufgenommen und mit dem Unternehmen verbunden fühlen, ist es wichtig, diese willkommen zu heissen. Hier kommt der zweite Teil des Onboarding-Prozesses zum Tragen.
Vor dem Start des neuen Freelancers sollten folgende Punkte geklärt werden:


- Gibt es eine Einarbeitungszeit vor Ort oder Remote?
- Weiss der Freelancer über die Gegebenheiten im Büro Bescheid? (Dress Code, Badge etc.)
- Welche Infrastruktur wird benötigt, welche muss der Freelancer selbst zur Verfügung stellen?
- Ist definiert, wer sich um die Einarbeitung kümmert?
- Zu einer freundlichen Begrüssung gehört auch die Anwesenheit des Teams und vielleicht ein Willkommensgeschenk.

Phase der Integration: Vor allem die ersten Wochen sind wichtig für die Integration im Team. Sei es vor Ort oder als Remote-­Freelancer. Denn auch hier ist eine gute Kommunikation im Team und mit den Vorgesetzten unumgänglich. Gerade in der Anfangszeit ist Feedback ein wichtiges Tool. Es bietet sich an, jede Woche eine kurze Feedback-Runde zu terminieren. Dabei haben Vorgesetzte die Möglichkeit, Inputs zu geben, und auch dem neuen Mitarbeitenden wird so die Möglichkeit geboten, sein Befinden zu äussern.

Für die meisten Unternehmen endet das Onboarding nach der Probezeit oder spätestens nach sechs Monaten. Dabei ist es auch später wichtig, regelmässig das Wohlbefinden des betroffenen Teams und des Freelancers abzuholen, um punktuell zu unterstützen und frühzeitig bei Schwierigkeiten zu reagieren.

Ein wichtiger Teil im Onboarding-Prozess sollte hier auch der Personalvermittler übernehmen. Viele administrative Themen können hier für den Freelancer bereits geklärt und Dokumente vorbereitet werden, sodass einem unkomplizierten Start nichts im Weg steht.

Unter Beachtung dieser Gesichtspunkte kann eine sehr wertvolle Zusammenarbeit sowohl für das Unternehmen als auch für den Freelancer entstehen. Die starke Nachfrage nach Freelancern zeigt, dass Unternehmen in den letzten Jahren positive Erfahrungen gemacht haben und diese Anstellungsversion für beide Parteien eine Win-Win-Situation ist.

Der Autor

Hanspeter Himmel ist Inhaber von Bosshard & Partner und führt die Unternehmensberatung mit Schwerpunkt Personalvermittlung im ICT-Bereich. Das Unternehmen verfügt über eine Datenbank mit circa 16´000 Freelancern und hat so die Möglichkeit, immer den passenden Kandidaten zum entsprechenden Projekt zu finden. Bosshard & Partner kümmert sich intensiv um eine persönliche Beziehung mit den Freelancern und legt sehr viel Wert darauf, ­einen guten Draht zu den Spezialisten, den Auftraggebern und den Teams vor Ort zu pflegen.


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