Kollaborationssystem mit vielen Talenten
Quelle: Huawei

Huawei Ideahub

Kollaborationssystem mit vielen Talenten

Mit der neuen Ideahub-Produktserie will Huawei Unternehmen und Organisationen ansprechen, die auf der Suche nach einer All-in-One-Kollaborationslösung sind. Wir haben das Pro-Modell getestet, das einige Asse im Ärmel hat.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2021/09

     

Der chinesische Elektronikriese Huawei wagt sich in neue Gefilde vor und präsentiert mit dem Ideahub ein Produkt, das digitales Whiteboard sowie Kollaborations- und Videokonferenz-Lösung in einem ist. Das System besteht im Wesentlichen aus einem Multitouch-Display, das in Grössen von 65 oder 86 Zoll erhältlich ist. Im Innern des schlichten und eleganten Metallgehäuses findet sich jedoch weit mehr als nur ein LED-Touch-Bildschirm mit 4K-Auflösung (3840 x 2160 Pixel), denn der Ideahub ist mit Android-Betriebssystem und je nach Ausführung auch mit einer Kamera und Mikrofonen ausgestattet. Hinzu kommt die Möglichkeit, das System mit einer Compute-Einheit zu erweitern, auf der sich alle Windows-Versionen installieren lassen. Wir haben die 65 Zoll grosse Version des Ideahub Pro mit integrierter OPS-Recheneinheit und vorinstalliertem Windows 10 Enterprise einem Praxistest unterzogen.

Aufbau und Inbetriebnahme

Der Ideahub wird in zwei grossen Kartonschachteln geliefert. Die eine enthält das System selbst, die andere das optional lieferbare Rollgestell. Die Verpackung wirkt zunächst angsteinflössend, doch es stellt sich heraus, dass Huawei hier alles richtig gemacht hat, die Montage ist denkbar einfach. Das Gestell besteht lediglich aus zwei Stützen, an deren unteren Enden die Rollen montiert sind, sowie aus zwei Streben aus Metall, die horizontal angebracht werden. Verbunden werden die einzelnen Elemente mit 16 Inbus-Schrauben, wobei ein entsprechender Schlüssel zur Montage mitgeliefert wird. Das Display ist so verpackt, dass es sich einfach aus der Kartonschachtel herausheben lässt, allerdings benötigt man aufgrund der Grösse und des Gewichts des Gerätes dafür mindestens zwei Personen. Auf der Rückseite des Ideahub befinden sich vier metallene Halterungen, mit denen das Display einfach in den Querstreben des Rollgestells eingehängt werden kann. Fertig. Das Befestigungssystem des Touchscreens ist übrigens mit dem VESA-Standard kompatibel, sodass man diesen auch mit einer entsprechend zertifizierten Halterung beispielsweise an einer Wand montieren kann.


Es bleibt nur noch, das Stromkabel am Netzteil anzuschliessen, das sich unten rechts und seitlich hinter dem Screen befindet. Dies wirft die Frage auf, ob es aus ästhetischen Gründen nicht besser gewesen wäre, den Anschluss an der Unterseite des Displays zu platzieren, um das Stromkabel nach unten wegzuführen, so ist er aber sicher bequemer zu erreichen.

Android, aber ohne Google Services

Nach dem Einschalten lädt das vorinstallierte Android-Betriebssystem in rund 20 bis 30 Sekunden. Auffallend und beeindruckend ist zunächst die Bildqualität des 4K-Displays, das von jedem erdenklichen Blickwinkel aus gestochen scharfe Bilder liefert. Auf der Startseite finden sich Shortcuts zu den Funktionen Meeting, Verbinden und dem digitalen Whiteboard sowie eine Liste geöffneter Apps. Die Shortcut-Liste ist nicht fix, sondern lässt sich über ein spezielles Menü individuell anpassen. Von der Startseite aus lässt sich auch das Einstellungsmenü aufrufen, wo sich etwa die Funktionen der Kamera oder die WLAN-Verbindung konfigurieren lassen.


Mit einem Wisch nach links landet man auf einem Begrüssungs-Screen, der genutzt werden kann, um beispielsweise Gäste willkommen zu heissen und der zu diesem Zweck mehrere anpassbare Vorlagen bereithält. Wischt man von der Startseite hingegen nach rechts, öffnet sich das App-Menü, aus dem man auf den Dateimanager, auf den installierten Chromium Browser und die Appgallery von Huawei zugreifen kann, in der man etliche Apps findet, die zum Download bereitstehen. Leider muss die von Huawei verwendete Version von Android 9.0 jedoch ohne die Google Services auskommen, weshalb viele populäre Apps wie etwa Whatsapp nicht zur Verfügung stehen. Dennoch ist die Nutzung des Ideahub bis hierhin sehr komfortabel, auch deshalb, weil der Eindruck entsteht, ein übergrosses Android-­Smartphone oder -Tablet zu bedienen.

Digitales Whiteboard

Der erste Eindruck bestätigt sich auch beim Aufrufen des digitalen Whiteboards, eines der zentralen Features des Ideahub. Das System lässt sich so als interaktives Flipchart respektive digitale Wandtafel nutzen. Mit den Fingern oder mit einem der zwei mitgelieferten Stifte, die sich magnetisch am unteren Rand des Rahmens in den dafür vorgesehenen Aussparungen befestigen lassen, kann auf dem Whiteboard gezeichnet oder geschrieben werden, und zwar auf drei verschiedenen Hintergründen, die über das Einstellungsmenü ausgewählt werden können. Diese gibt es in den Farben Weiss, Grau und Dunkelgrün für Wand­tafel-Nostalgiker.

Das Schreiben und Zeichnen auf dem Ideahub geht flott von der Hand, was den lediglich 35 Millisekunden Latenz des Multitouch-Displays zu verdanken ist. Fährt man mit dem Stift oder einem Finger über das Glas, reagiert der Screen umgehend und fast in Echtzeit. Darüber hinaus verfügt das System über eine Handschrifterkennung, womit sich von Hand geschriebener Text in Maschinentext umwandeln lässt. Das Feature funktioniert erstaunlich gut und erkennt selbst die extravagante Handschrift des Test­redaktors auf Anhieb. Ähnlich gut arbeitet auch die Formenerkennung, die in der Lage ist, händisch gezeichnete Vielecke, Kreise oder andere Formen zu erfassen und zu digitalisieren. Radiert wird auf dem digitalen Whiteboard ebenfalls mit der Hand, wie es Lehrerinnen und Lehrer früher an der Wandtafel taten und auch heute noch tun, der Ideahub erkennt die Geste sofort.


Weitere Funktionen des Whiteboards umfassen ein Auswahl-Tool, mit dem sich ausgewählte Bereiche verschieben und vergrössern oder verkleinern lassen, und zudem können zwei Nutzer gleichzeitig Notizen auf dem Whiteboard anfertigen. Eher bescheiden ist hingegen die Auswahl an Farben, die man zum Zeichnen und Schreiben zur Verfügung hat, nämlich Weiss, Rot, Orange, Gelb, Grün, Violett, Blau und Hellblau. Über den Plus-Button lässt sich – ähnlich wie bei einem klassischen Flipchart – eine neue, leere Seite aufrufen. Auch kann man zwischen bereits bearbeiteten Seiten wechseln, diese auf Wunsch direkt per E-Mail versenden oder speichern, entweder im 219 GB grossen verfügbaren internen Speicher oder aber auf einem externen Datenträger, der via USB-Schnittstelle an der Seite des Ideahub angeschlossen werden kann.

Die Whiteboard-Funktion des Ideahub kombiniert geschickt neueste Technologie mit althergebrachten Automatismen, die vielen Nutzern aus der analogen Flipchart- und Wandtafel-Welt bekannt sein dürften. Dies macht die Nutzung der Funktion intuitiv und einfach und die Arbeit dadurch effizient.

Projektor-Ersatz

Das Display des Ideahub kann auch als Projektionsfläche genutzt werden, um Präsentationen oder andere Inhalte von verschiedenen Endgeräten anzuzeigen. Dabei stehen den Nutzern verschiedene Verbindungsoptionen zur Verfügung. Zum einen lassen sich Laptops oder Smartphones ganz einfach via Kabel über die vorhandene HDMI-Schnittstelle anschliessen. Flexibler sind jedoch die kabellosen Verbindungen. Hier gibt es zum einen die Möglichkeit, die Ideashare App von Huawei auf dem jeweiligen Endgerät zu installieren und dieses dann durch Eingabe des Projektionscodes, der auf dem Display des Ideahub angezeigt wird, zu verbinden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sich sowohl der Ideahub als auch das Endgerät im selben WLAN befinden. Während aber die Projektion von einem Laptop über die Ideashare App flüssig läuft, ist beim Teilen des Screens eines Smartphones eine spürbare Latenz vorhanden. Als weitere Option bietet Huawei den Ideashare Key an, einen USB-Dongle, über den ein Laptop drahtlos und ohne Installationsaufwand mit dem Ideahub verbunden werden kann. Dieser stand zum Zeitpunkt des Tests jedoch nicht zur Verfügung.


Der Projektionsmodus kommt mit einigen interessanten Features daher. So kann beispielsweise während einer Präsentation die vortragende Person am Ideahub Notizen zu den Folien hinzufügen und diese speichern. Und eine weitere Funktion namens Reverse Control erlaubt es gar, die am Ideahub gemachten Notizen direkt in die Präsentation auf dem Laptop zu übertragen. Dies eröffnet neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit und erleichtert den Austausch von Informationen.

Videokonferenzen in 4K

Viel Wert legt Huawei derweil auf die Tatsache, dass der Ideahub auch als Videokonferenzsystem dienen kann. Der Idea­hub Pro ist mit einer 4K-Kamera ausgestattet, die Videos mit 30 Bildern pro Sekunde aufnimmt und im Rahmen oberhalb des Displays integriert ist. Hier findet sich auch das Mikrofon-Array bestehend aus 12 Mikrofonen, die links und rechts neben der Kamera positioniert sind. Dank künstlicher Intelligenz ist das System in der Lage, den jeweiligen Sprecher während einer Videokonferenz zu orten und in den Fokus zu rücken. Dies funktioniert in der Regel einwandfrei, Mühe bekundet das System allerdings, wenn die sprechende Person einen Mundschutz trägt, was derzeit aufgrund der aktuellen Pandemielage bei Meetings öfter vorkommen dürfte. Es handelt sich dabei jedoch um ein geringfügiges Problem, das sich wohl mit einem Software-Update ausmerzen liesse. Zudem passt das System den Bildausschnitt automatisch der Anzahl der im Raum anwesenden Personen an, damit diese für die anderen Konferenzteilnehmer optimal sichtbar sind.


Die zwölf Mikrofone können Geräusche in einem Radius von acht Metern um den Ideahub aufzeichnen, ausserdem lässt sich dank Beamforming-Technologie ein virtueller Korridor anlegen, der alle Geräusche ausserhalb der festgelegten Zone ausblendet. So lassen sich Meetings auch in weniger ruhigen Umgebungen abhalten, ohne dass die Übertragungsqualität leidet. Für die im Ideahub integrierte Videokonferenz-Funktion wird eine Verbindung zu einem SIP-Server benötigt, das System funktioniert aber auch mit Lösungen von Drittanbietern wie beispielsweise Skype, Teams, Webex oder Zoom, dazu bedarf es jedoch des optionalen OPS-Moduls.

Windows-Welt als Option

Ein sehr gutes Verkaufsargument für den Ideahub ist die Option, dem System eine OPS genannte und separat erhältliche Recheneinheit hinzuzufügen, die an der Rückseite des Displays angeschlossen und montiert wird. Dieses Zusatzmodul ist für die Installation von Windows vorgesehen und unterstützt alle Versionen von Microsofts Betriebssystem. Auf die Windows-­Oberfläche gelangt man aus Android heraus über entsprechende Buttons mit dem Windows-Logo, die auf dem Screen des Ideahub sichtbar sind. Die Umschaltung erfolgt in den meisten Fällen praktisch verzögerungsfrei, so dass man bei Bedarf rasch zwischen den beiden Betriebssystemen umschalten kann. Manchmal jedoch pausiert das System ohne ersichtlichen Grund während mehreren Sekunden, bis die Umschaltung erfolgt, was zumindest gewöhnungsbedürftig ist.

Das OPS erweitert das Funktionsspektrum des Ideahub enorm, und Unternehmen, deren IT ohnehin auf dem Microsoft-Ökosystem aufbaut, sollten die Anschaffung des Moduls ins Auge fassen, um das System nahtlos in das Firmennetzwerk zu integrieren. Der grosse Vorteil besteht darin, dass das OPS einen wesentlichen Mangel des Ideahub umgeht, nämlich das Fehlen von Standard-Apps für den Büroalltag. Mit der Hilfe von Windows hingegen lassen sich die vielen nützlichen Features von Huaweis Hardware mit einer breiten Palette an Software-Lösungen von Microsoft sowie von Drittanbietern nutzen. Man denke an die Programme der Office Suite, aber auch an verschiedene Visualisierungstools, Videokonferenz- und Kollaborationslösungen – die Möglichkeiten sind schier endlos.


Zugegeben, die Steuerung von Windows mittels Multitouch-Screen geht nicht ganz so einfach und schnell von der Hand. Gerade das Schreiben mit der virtuellen Tastatur kann schnell zur Gedulds­probe werden. Allerdings ist der Ideahub auch nicht als Arbeitsgerät gedacht und spielt seine Stärken dank der integrierten Kamera und den Mikrofonen vor allem im Bereich der Zusammenarbeit aus. Nutzt man beispielsweise Microsoft Teams mit dem Ideahub, lassen sich auch gross angelegte Meetings schnell und einfach aufsetzen und die Grösse sowie die Qualität des Displays helfen, die physische Distanz zwischen den Teilnehmern audiovisuell zu überbrücken.

Alles in allem ist der Ideahub von Huawei ein gelungenes Produkt, das kaum Schwächen aufweist. Lediglich das Fehlen der Google Services in Android fällt ins Gewicht, wenn man sich das OPS-Modul nicht leisten will, doch diesen Mangel kann das System mit seinen vielen Features über grosse Strecken wettmachen.

Fazit

Huawei positioniert den Ideahub klar als Konkurrenten zu Microsofts Surface Hub. Die Rechnung könnte aufgehen, denn das Gerät hat viele gut umgesetzte Features zu bieten, ist intuitiv nutzbar und hält auch die Option bereit, mithilfe der OPS-Recheneinheit Windows und damit auch dessen Funktionen sowie für das Betriebssystem von Microsoft entwickelte Software zu verwenden. Huawei bietet damit ein attraktives Paket, das als Kollaborationslösung für Unternehmen und Bildungsinstitutionen interessant sein dürfte.

Positiv
+ intuitive Nutzung
+ geringe Latenz von 35 Millisekunden beim Schreiben und Zeichnen
+ grosser Funktionsumfang und interessante Zusatzoptionen


Negativ
- Android ohne Google Services
- Ideashare App könnte besser sein

Hersteller/Anbieter
Huawei

Preis Testgerät
Fr. 9500.– (Huawei Ideahub Pro, 65 Zoll), Fr. 630.– (Rollgestell), Fr. 1800.– (OPS-Modul)

Wertung
Funktionalität 5 von 6 Sternen
Bedienung 5,5 von 6 Sternen
Preis/Leistung 5,5 von 6 Sternen
Gesamt 5,5 von 6 Sternen (luc)


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