Papierlos ins Spital
Quelle: Heypatient

Papierlos ins Spital

Heypatient will über die Digitalisierung der Kommunikation im Gesundheitswesen mehr Zeit für den Patienten und seine Behandlung ermöglichen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2020/11

     

Eigentlich stand für Regula Spühler die gute Versorgung ihres Sohnes im Vordergrund, als sie 2019 in der Notaufnahme eines Spitals stand. Um aber zur eigentlichen Dienstleistung, dem Richten des gebrochenen Arms, zu kommen, musste sie sich zunächst durch einen Stapel Papiere für die Anmeldung kämpfen. Dies und die wiederholte Angabe gleicher Informationen an verschiedenen Stellen des Behandlungs- und Genesungsprozesses waren für sie und ihren Mann, Matthias, Anstoss zur Gründung des Start-ups Heypatient. Die Winterthurer setzen auf die konsequente Digitalisierung der Kommunikation zwischen Spital und Patient.

Ein aktueller Showcase läuft am Kantonsspital Baden: Seit Juni 2020 können sich Patienten dort via App anmelden. Dafür hinterlegt der Patient persönliche Informationen, Kontaktdaten und die Versicherungskarte im Smartphone. Der Eintritt ist somit papierlos.


Die Kommunikation erfolgt aber auch in die andere Richtung: Terminaufgebote können vom Spital direkt aus dem eigenen System an die App gesendet werden. Nutzer bekommen mit dem Termin wichtige Zusatzinformationen über Vorbereitung und Ablauf. «Die Spitäler hinterlegen relevante Informationen direkt bei uns auf der Plattform im eigenen Design», so Matthias Spühler.

Timeline im Zentrum

Beispiele sind Checklisten für den Eintritt, eine Packliste, Videos und ähnliches. In Berührung mit der App kommt der Patient teilweise schon vorher – beispielsweise während eines Geburtsvorbereitungskurses. Die werdende Mutter hinterlegt hier vorab ihre Informationen und wird von diesem Zeitpunkt an digital begleitet. Die nächsten Termine werden in einer Timeline dargestellt. «Das ist der Kern unserer App», erklärt Spühler. Die Funktionalität geht aber noch weiter – so können auch Behandlungs-Upgrades wie ein Familienzimmer direkt gebucht und bezahlt werden.

Die Grundlage legte das Heypatient-Team 2019 in einem dreitägigen Designworkshop. Mit dem dort entwickelten Prototyp ging es auf die Strasse. «Wir führten viele Interviews mit Patienten vor den Spitälern oder auch Menschen auf der Strasse», so Spühler. Die Resonanz war gut, genauso bei den eigenen Kontakten im Gesundheitswesen. «Uns war klar, dass die App den Patienten in den Mittelpunkt stellen muss. Aber ohne die anderen Stakeholder geht es nicht», so Regula Spühler.


Deswegen erfolgen Termineinladungen auch aus den bestehenden Spitalsystemen via Schnittstelle. Des Weiteren gibt es eine Anbindung an das Elektronische Patientendossier (EPD). «Heypatient ist kein Ersatz für das EPD, sondern eine Ergänzung», betont Matthias Spühler.

Gestaffelte Sicherheit

Das Ökosystem-Denken zeigt sich auch beim Thema Sicherheit: So kann der Nutzer klar definieren, welche Informationen aus Heypatient heraus mit welchem Leistungserbringer geteilt werden. Bonusfeature: Die eigene Timeline kann mit Dritten geteilt werden – in der (erweiterten) Familie zum Beispiel. So können sich die Menschen gegenseitig bei einem Spitaleintritt unterstützen.

Ebenfalls zum Thema Sicherheit gehört die Kooperation mit der SwissID. «Je nach Anwendung stellen wir so sicher, dass vertrauliche Informationen nur eindeutig identifizierten Personen zur Verfügung stehen», erklärt Spühler. Für die private Nutzung reichen Name und Passwort. Sobald eine Verbindung mit einem Leistungserbringer erfolgen soll, braucht es zusätzlich eine Video-­Identifikation (Lot 1). Fürs EPD ist eine persönliche Vorsprache bei einer entsprechenden Zertifizierungsstelle notwendig (Lot 2). «Das kann kostenlos direkt im Spital erfolgen», erklärt Spühler.


Die App soll langfristig schweizweit in Hausarztpraxen, Spitälern und bei weiteren medizinischen Versorgern zum Einsatz kommen. Zu diesem Zweck setzt das Unternehmen auf den im Gesundheitswesen gebräuchlichen HL7 FHIR-Standard. So sollen sich Drittanbieter in Zukunft in die Plattform integrieren lassen. «Wenn sie zum Beispiel regelmässig Medikamente bestellen müssen, wollen wir das ebenfalls in Zukunft ermöglichen», erklärt Spühler.

Landessprachen reichen nicht

Das man im Gesundheitskontext weiterdenken muss, zeigt sich auch bei der Sprachunterstützung. Die App ist in 12 Sprachen erhältlich – darunter Albanisch, Russisch, Arabisch und Chinesisch. «Die Landessprachen reichen heute nicht für eine breite Adaption», so Spühler.

Das Projekt Heypatient ist für ihn aber auch eine Herzensangelegenheit. «Wir wollen damit einen Beitrag zur Digitalisierung des Schweizer Gesundheitswesens leisten. Es geht nicht nur darum, Kosten zu sparen und moderne Technik zu verwenden. Ich bin überzeugt, dass wir mit unserer Lösung auch einen gesellschaftlichen Beitrag leisten können».


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