CIO-Interview: «In der Zukunft wird bei uns das Thema Cloud in den Fokus rücken»
Quelle: FFHS

CIO-Interview: «In der Zukunft wird bei uns das Thema Cloud in den Fokus rücken»

Christian Lochmatter leitet mit seinem Team die gesamte IT-Infrastruktur der auf vier Standorte verteilten Fernfachhochschule Schweiz (FFHS). Im Interview erklärt er, wie sich die IT in diesem speziellen Umfeld managen lässt.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2020/11

     

Swiss IT Magazine»: Wie kamen Sie zu Ihrer Position bei der FFHS und seit wann sind Sie bei der FFHS tätig?
Christian Lochmatter:
Ich studierte in Sion, an der Haute Ecole Valaisanne (heute HES-SO) Telekommunikation und wurde damals schon sehr stark in die IT involviert. Auch meine Diplomarbeit verfasste ich in der Programmiersprache Java, was damals, vor rund 20 Jahren, noch ziemlich neu war. Nach dem Studium blieb ich zwei Jahre an der Hochschule und arbeitete als Assistent und Dozent, danach entschied ich mich dazu, nach Bern zu gehen, wo ich knapp 14 Jahre bei Swisscom tätig war. Dort bekleidete ich eine Stelle im Bereich Netzwerk-Management als Application Engineer, bildete mich nebenbei aber konstant weiter – etwa im Bereich Data Science oder J2ee, einer Java-spezifischen Technologie. Nach 14 Jahren Pendeln zwischen Brig und Bern entschied ich mich dann, eine Stelle im Wallis zu suchen. Zufällig wurde zu dieser Zeit gerade ein Job an der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS) frei, für den ich mich bewarb – obwohl ich niemals dachte, die Stelle wirklich zu kriegen. Trotz allem hat es aber funktioniert, und so leite ich nun bereits seit rund viereinhalb Jahren die IT an der FFHS.


Was genau bietet die FFHS an und wo befinden sich die verschiedenen Standorte?
Die FFHS ist in der Schweiz einzigartig mit ihrem Angebot, das ganz auf Distance Learning fokussiert ist, und bietet als eidgenössisch anerkannte Fachhochschule berufsbegleitende Bachelor- und Master-Studiengänge sowie Weiterbildungen. Die Studierenden lernen zu 80 Prozent online und zu 20 Prozent im Präsenzunterricht. Aktuell betreibt die FFHS vier Standorte und ist seit 2004 eine affilierte Schule der Fachhochschule Südschweiz (SUPSI, Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana). Der Haupsitz der FFHS befindet sich in Brig, daneben sind wir in Bern im Workspace Welle 7 eingemietet, weitere Standorte befinden sich in Regensdorf und Basel. Seit kurzem haben wir auch ein Studienzentrum in St. Gallen. In Zürich werden wir 2021 aber von Regensdorf in die Gleisarena, direkt am Hauptbahnhof, Zürich umziehen. Und in Brig planen wir auch einen neuen Campus, werden also demnächst umziehen. Der Grund für den Umzug in Brig ist einerseits, dass wir danach mehr Platz haben, andererseits werden wir die Technologie von Grund auf erneuern. So sollen etwa unsere Sitzungszimmer moderner werden, und auch die Möglichkeit, interaktiv mit anderen Standorten zu kommunizieren, soll erweitert werden.
Wie organisiert man sich denn am besten zwischen all den verschiedenen Standorten?
Das ist eine gute Frage. Das hat viel mit Reisen zu tun. In Regensdorf und Brig verfügen wir über Arbeitsplätze, in Bern, Basel und St. Gallen jedoch nicht. Wenn wir einen neuen Mitarbeiter einstellen, führen wir jeweils einen Einführungstag durch – quasi eine halbtägige Schulung, und erklären die Systeme, die Organisation der IT und wie das alles bei uns so funktioniert. Dazu gehört zum Beispiel auch, wo man sich bei IT-Problemen melden kann oder wie man sich mit den Netzwerken der FFHS verbindet. Bezüglich IT-Infrastruktur: Hier läuft fast alles über unser Rack, das in einem Datacenter hier in Brig steht. Darauf laufen verschiedenste Dienste. Das Rückgrat unserer Schule ist aber ganz klar unsere LMS-Plattform, also unser Learning-Managing-System. Dann wird auch unsere Webseite im Datacenter betrieben und auch unser Schulverwaltungssystem, das wir aktuell gerade erneuern, läuft in diesem Rechenzentrum. Personell zählen wir aktuell zehn Mitarbeiter in der IT, bis Ende Jahr werden noch zwei weitere zum Team stossen. Diese sind alle am Hauptsitz in Brig tätig. Daneben haben wir in Regensdorf quasi einen verlängerten Arm, mit einem Partner, der uns unterstützt, wenn es technische Probleme vor Ort gibt.


Was sind Ihre (Haupt-)Aufgaben und womit (nebst Corona) beschäftigen Sie sich gerade aktuell am meisten?
Aktuell bin ich noch sehr stark im technischen Bereich tätig, da wir wie erwähnt ein neues Schulverwaltungssystem in unsere Systemlandschaft integrieren und im gleichen Atemzug auch viel automatisieren. Dann ist ein grosser Teil meiner Tätigkeit sicher auch das Führen des IT-Teams. Als ich an der FFHS startete, waren wir inklusive mir vier Mit­arbeiter, nun haben wir natürlich einige mehr. Dadurch hat der Aufwand für ­die Personalführung schon stark zuge­nommen. Zentral ist sicher das Aufbereiten von verschiedenen IT-Themen für unser Management. Dazu gehört einmal in der Woche eine Direktionssitzung, wo ich über den IT-Bereich berichte.

Wie hat sich Ihr, der Alltag Ihres Teams und der Betrieb der FFHS durch die Coronapandemie verändert?
Natürlich haben wir sofort auf den Präsenzunterricht verzichtet. Nach dem Lockdown haben wir die erste Online-Präsenzveranstaltung gleich dazu verwendet, unsere Dozierenden zu ­coachen, wie man live online unterrichtet. Die Dozenten informierten danach die Studierenden, wie der Unterricht künftig organisiert wird. Es war auf jeden Fall eine hektische Zeit, auch als es darum ging, herauszufinden, welche Plattform wir für die Online-Präsenzveranstaltungen verwenden wollen. Bedingt insbesondere durch die vorhandene solide IT-Infrastruktur konnten wir die Situation aber insgesamt gut meistern. So konnten auch alle Mitarbeiter ins Home Office wechseln, was reibungslos funktioniert hat.

Und wird von den getroffenen Massnahmen auch nach der Pandemie etwas übrigbleiben?
Ja, uns stellt sich natürlich die Frage, welche Tools, die wir nun neu in Betrieb genommen haben, wir auch danach weiter benutzen wollen. Und die Pandemie hatte auch teilweise einen beschleunigenden Effekt. So hatten wir zum Beispiel schon geplant, VoIP einzuführen. Als dann alle Mitarbeiter ins Home Office wechselten, haben wir das dann sogleich umgesetzt.


Gab es trotzdem gewisse Herausforderungen, bedingt durch den Zeitdruck und die Corona-bedingten Umstellungen?
Die grösste Schwierigkeit war für mich, dass ich meine Team-Mitglieder nur noch wenig bis gar nicht sah, und die Herausforderung bestand darin, den Austausch aufrecht zu erhalten. Ansonsten konnten wir die Situation erstaunlich gut meistern, zu Ausfällen oder grösseren Problemen kam es tatsächlich nicht.

Kommen wir zurück zu aktuellen Projekten, was beinhaltet denn ein Schulverwaltungssystem alles?
Statt wie früher, als man einfach Daten in einer Datenbank abgelegt hat, beinhaltet ein modernes Schulverwaltungssystem viele verschiedene Komponenten. Das Ganze kann man sich gut als Prozess vorstellen, der damit beginnt, dass sich ein Interessent bei uns informiert und im besten Fall anmeldet, wobei der Interessent seinen Lebenslauf sowie ein Foto im System speichert. Diese Daten landen dann automatisch in unserem CRM und werden direkt dort abgelegt. Dabei verfolgen wir die Strategie einer zentralen Datenhaltung, mit möglichst wenig Medienbrüchen. So sollte es etwa nicht sein, dass eine Studiengangassistentin eine E-Mail erhält und danach die Dateien irgendwo auf einem Fileserver ablegen muss. Durch unser System passieren all diese Schritte automatisch. So gibt es zunächst unsere Anmeldeplattform, auf der sich Interessenten anmelden können. Danach ändert der Status von Interessenten zu Student und die Person wird in den von ihr gewünschten Studiengang eingeschrieben und erhält ihre Zugangsdaten, sodass sie danach auch Zugriff auf unsere LMS-Plattform erhält, auf der alle unsere Kurse vorhanden sind. Alles, was den Unterricht betrifft, läuft danach über diese Plattform – das beinhaltet zum Beispiel die Zuteilung von Arbeiten und Aufgaben. Dabei setzen wir auf Moodle, eine Open-Source-Software.

Wann wurde entschieden, das Schulverwaltungssystem auszutauschen?
Seit ich für die FFHS tätig bin befasse ich mich eigentlich schon mit diesem Projekt. Richtig los ging es aber dann vor rund drei Jahren. Im Moment befinden wir uns im Endspurt und sind guter Hoffnung, Ende 2020 einen Grossteil des Projekts umgesetzt zu haben.


Wie lief die Umsetzung davon bisher in etwa ab?
Zu Beginn führten wir eine Analyse durch: Was haben wir, was wollen und was brauchen wir. Danach haben wir eine Ausschreibung gemacht, haben uns die verschiedenen Angebote angeschaut und liessen uns diese präsentieren. Daraus ist eine Shortlist, bestehend aus drei Angeboten, entstanden und letztlich haben wir uns für eine Lösung entschieden.

Gibt es andere grössere Projekte, mit denen Sie sich aktuell befassen?
Einerseits beschäftigt uns aktuell der neue Campus in Zürich stark, wo es momentan darum geht, die Bewirtschaftung, sprich die Erschliessung mit unserem Netzwerk, sicherzustellen, wobei wir eng mit Switch zusammenarbeiten. Switch liefert uns dabei den Internetanschluss, um das In-House-Netzwerk, die Fire­wall oder auch um das WLAN kümmert sich derweil unser IT-Team. Aktuell haben wir dort die Planungsphase hinter uns, nun geht es darum, das passende Equipment respektive die Gerätschaften zu bestellen. Ab April 2021 ist dann der Unterrichtsstart geplant. Dasselbe gilt auch für den neuen Standort in Brig, wobei wir uns da noch eher in der Planungsphase befinden.


Sie haben das Learning-Management-System (LMS) als «Rückgrat» der FFHS bezeichnet. Können Sie erklären weshalb und wie dieses funktioniert?
Pro Kurs existiert ein Pendant im LMS. So stehen etwa Informationen zum Kurs zur Verfügung und Studierende erhalten darüber stets Anweisungen, was es bis zur nächsten Präsenzveranstaltung zu tun gibt. Grundsätzlich setzt die FFHS auf das sogenannte Blended-Learning-Modell, das bedeutet bei uns konkret: 80 Prozent Selbststudium und 20 Prozent Präsenzunterricht. Dabei existieren innerhalb des LMS verschiedene Kommunikations-Features, darunter etwa ein Forum, das vom jeweiligen Dozenten bewirtschaftet wird. Ausserdem setzen wir auch stark auf Online-Unterricht, nun natürlich umso mehr – so haben wir aufgrund der Coronapandemie komplett auf Online-Unterricht umgestellt. Wenn sich ein Studierender auf der LMS-Plattform anmeldet, hat er zwar auch die Möglichkeit, an Online-Meetings und virtuellen Klassen teilzunehmen, zum Beginn der Coronapandemie mussten wir aber auf die Schnelle eine Plattform finden, die es uns erlaubt, wirklich den kompletten Präsenzunterricht online durchzuführen. Dazu nutzen wir nun die Plattform Kaltura Newrow. Das hat gut funktioniert, da sich das Angebot sehr gut mit unserer LMS-Plattform integrieren liess. Integration einer Software in eine bestehende Systemlandschaft kann der Schlüssel zum Erfolg sein.
Und werden Sie auch weiterhin auf das Produkt setzen?
Wie wir in der Zukunft weiterfahren werden, ist noch nicht ganz klar, vorerst setzen wir aber sicher weiterhin auf dieses System. Danach werden wir abklären, wie wir etwa hybride Klassen, also wo Studierende sowohl vor Ort als auch von zu Hause aus am Unterricht teilnehmen, umsetzen werden, denn dazu nutzen wir aktuell Zoom.

Wie, denken Sie, wird sich Ihre Tätigkeit bei der FFHS längerfristig verändern? Wo sehen Sie die IT in den nächsten Jahren?
In den nächsten Jahren werden uns sicher unsere Neubauten stark beschäftigen und belasten. Ich sehe dies aber auch als Chance, um die FFHS weiterzuentwickeln. In Zürich wollen wir die Räumlichkeiten, also zum Beispiel Meeting-Räume, auch extern vermieten. Das heisst, dass wir neue Systeme in unsere bestehende Systemlandschaft integrieren müssen, da wir keine separate Lösung für die Mietenden möchten, sondern alles zentral managen wollen. Dieser Aspekt bringt sicher auch neue Arbeitsfelder mit sich. Und auch in Sachen Digitalisierung gibt es noch einiges zu tun. Denn nur weil wir eine Fernfachhochschule sind, heisst das nicht, dass bei uns alles digital läuft.
Wenn wir weiter in die Zukunft schauen, wird bei uns sicher auch das Thema Cloud in den Fokus rücken. Aktuell betreiben wir noch viel On-Premise im Datacenter. Hier gilt es, stets alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen, sei es mit Google Cloud, AWS oder Azure. So könnten künftig unsere Applikationen komplett in der Cloud betrieben werden. Das heisst, unsere Arbeit würde sich vom System Engineering hin in Richtung Operation, sprich den Betrieb unserer Systeme, verschieben. Hier gibt es aber noch keine konkreten Pläne.

Christian Lochmatter

Christian Lochmatter ist Leiter Informatikdienste an der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS). Seit rund viereinhalb Jahren ist er mit seinem Team für Web-Applikationen wie Moodle, Webseite, das Schulverwaltungssystem, die Bewirtschaftung der Mitarbeiter-Clients und das gesamte Netzwerk der FFHS zuständig. Zuvor arbeitete der gelernte Elektroniker während 14 Jahren bei Swisscom im Bereich Network Management und absolvierte ein Studium in Telekommunikation an der Haute Ecole Valaisanne (heute HES-SO).

Zum Unternehmen


Die Fernfachhochschule Schweiz (FFHS) bietet als eidgenössisch anerkannte Fachhochschule berufsbegleitende Bachelor- und Master-Studiengänge sowie Weiterbildungen an. Mit über 20 Jahren Erfahrung im Distance Learning ist die Fernfachhochschule Schweiz eine Alternative für Studierende, die Berufstätigkeit, Familie und Studium kombinieren möchten. Die FFHS betreibt vier Standorte in Zürich, Basel, Bern und Brig. Seit 2004 ist die FFHS an die Fachhochschule Su¨dschweiz (SUPSI) angegliedert. (swe)


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