Blockchain - Anwendungsbereiche für Firmen
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Blockchain - Anwendungsbereiche für Firmen

Von Alessandro De Carli

Blockchain hat dank ihrer generischen Natur unzählige Anwendungsbereiche, diese sollten jedoch jeweils kompatibel mit den Eigenschaften und Limitierungen sein, um wirklich einen Mehrwert erbringen zu können.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2018/06

     

Am 3. Januar 2009 wurde von einem unbekannten Autor unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto in einem Whitepaper eine Technologie beschrieben, um Peer-to-Peer Zahlungen zu ermöglichen. Peer-To-Peer Netzwerke waren dazumal keine Neuheit. Die grosse Neuerung jedoch war, dass eine Vorgehensweise vorgestellt wurde, welche es Benutzern erlaubte, sicher und global Kontostände zu verwalten. Heutzutage sichert und verwaltet diese Technologie Kontostände in einem Gesamtwert von 366 Milliarden Franken. Der grosse Wertzuwachs von Kryptowährungen hat automatisch zu einem grösseren Interesse dieser Technologie geführt.


Eigenschaften

Da es sich bei Blockchain lediglich um eine Datenstruktur handelt, werden in unterschiedlichen Branchen Projekte gestartet, in welchen der Einsatz dieser Technologie zwar möglich ist, jedoch kein Mehrwert zu herkömmlichen Technologien wie etwa einer zentralen Datenbank geschaffen wird. Oft wurden diese Ansätze zu Marketing-Zwecken missbraucht, die Firmen können sich so mit der Blockchain-Technologie als Innovator profilieren. Aus diesem Grund ist es wesentlich, die Eigenschaften dieser Technologie zu beschreiben, bevor auf die Anwendungsbereiche eingegangen werden kann.
Damit eine neue Transaktion validiert werden kann, müssen sämtliche vorherigen Transaktionen aller Benutzer bekannt und validiert sein. Das bedeutet, dass faktisch alle Transaktionen für jedermann sichtbar sind. Diese Eigenschaft ist besonders für Nachweisbarkeit und Netzwerkanalysen interessant.

Damit Transaktionen nicht von "falschen" Benutzern gemacht werden können, wird in der Blockchain mit asymmetrischer Verschlüsselung gearbeitet. Benutzer müssen ihre Transaktionen mit einem geheimen Schlüssel signieren, diese Signaturen können anschliessend mit dem passenden öffentlichen Schlüssel verifiziert werden. Das Ganze basiert auf mathematischen Problemen, für welche es keine effizienten Lösungsansätze gibt. Somit ermöglicht diese Technologie, nachweisbare und authentifizierte Bestätigungen zu notarisieren (Benutzer X hat zum Zeitpunkt Y "Z" gesagt).


Peer-to-Peer-Netzwerke sind per Definition verteilte Systeme. Diese Verteilung bringt den wesentlichen Vorteil von hoch-redundanten Systemen. Seit der Inbetriebnahme der ersten Blockchain ist es bisher dementsprechend nie zu einem Ausfall aufgrund der Infrastruktur gekommen. Eine solche Redundanz ist jedoch ein zweischneidiges Schwert, eine der grössten Herausforderungen liegt in der effizienten Skalierbarkeit.

Anwendungsbereiche

Die Blockchain bietet unzählige Anwendungsbereiche. Um wirklich einen Mehrwert aus der Technologie ziehen zu können, sollten diese jedoch kompatibel mit den Eigenschaften und Limitierung der Blockchain sein. Hier eine Selektion von Anwendungsbeispielen, welche sich besonders für die Blockchain eignen.

Notarisierung

Aufgrund der Transparenz und Nachweisbarkeit, ist die Notarisierung von Dokumenten auf der Blockchain eine Anwendung, welche diese Technologie ideal lösen kann. Ein Beispiel: Der Dienst Colibrief Docs verifiziert Dokumente ganz einfach zu einem spezifischen Zeitpunkt, nimmt einen Eintrag in der Blockchain vor und belegt den Zustand eines Dokumentes zu diesem Zeitpunkt. Dank der Unveränderlichkeit jedes Vermerks in der Blockchain können diese auch nachträglich nicht mehr verändert werden. Unter anderem könnte dies auch für das nachweisbare Schützen von Ideen hilfreich sein.


Digitalisierung (Tokenisierung) von Eigentum

Blockchain erlaubt es Benutzern neue Entitäten (Tokens) zu kreieren, welche mit derselben Sicherheit wie Kryptowährungen transferierbar sind. Der Inhaber von einem solchen Token kann jederzeit kryptographisch und dezentral beweisen, dass er der wahre Inhaber ist. So kann man beispielsweise das Eigentum von Immobilien in Tokens nachstellen und dadurch auch kleineren Investoren ermöglichen, einen Teil einer Immobilie zu besitzen. Die Auszahlung von Mietzinsen kann mit Hilfe von Smart Contracts (quasi automatisch ausgeführte und in der Blockchain verankerte Programme) automatisch ohne administrativen Aufwand erfolgen.

Eine solche Demokratisierung und sichere Digitalisierung von Eigentum ist in vielen Bereichen einsetzbar. Zum Beispiel bei Aktien, Crowdfunding von Projekten, Diamanten, Gold oder Optionen.

Smart Contracts (virtuelle Verträge)

Blockchains können vielseitig eingesetzt werden und existieren nicht nur im Kontext von Transaktionen für Zahlungen. Die Plattform Ethereum beispielsweise erlaubt es Benutzern, Smart Contracts zu programmieren. Diese werden auf der Blockchain publiziert und interagieren autonom mit den Benutzern des Netzwerkes und anderen Smart Contracts. Ein Smart Contract erbringt vor allem dort Vorteile, wenn Rahmenbedingungen und Konsequenzen klar definiert werden können. Zum Beispiel Im Fall einer Flugversicherung, welche automatisch eine Auszahlung tätigt, falls der versicherte Flug eine Verspätung hat. Das revolutionäre dabei ist, dass diese Technologie neue Anwendungsfälle ermöglicht, bei welchen beispielsweise die administrativen Kosten den eigentlichen Nutzen früher überstiegen hätten.

Konsortien

Überall wo in einer Industrie eine zentrale nachweisbare Datenquelle (single source of truth) benötigt wird, macht es Sinn, statt einen zentralen Player zu wählen, mit Hilfe der Blockchain ein demokratisches Konsortium zu bilden. So wäre es zum Beispiel sinnvoll in der Aviatik eine Blockchain zu verwenden, in welcher Teile eines Flugzeuges validiert und verifiziert werden können. Dadurch, dass diese Datenbank offen ist und niemandem gehört, wird die Einstiegshürde zu partizipieren wesentlich tiefer sein, als wenn etwa das System eines Konkurrenten verwendet würde. Solche Konsortien machen in vielen Branchen Sinn und steigern die Effizienz von ­Geschäftsprozessen.


Die oben genannten Anwendungsfälle decken nur einen minimalen Teil der Möglichkeiten ab, welche diese revolutionäre Technologie im Firmenkontext zulässt. Obwohl die Welt von Kryptowährungen sehr viele Spekulationen anzieht, ist die Eleganz und Sicherheit dieser Technologie unbestreitbar. Bereits heute ist deutlich, dass Blockchain eine, wenn nicht die wichtigste Rolle für Firmen in diesem digitalen Zeitalter spielen wird.

Der Autor

Alessandro De Carli ist ein mobiler Sicherheitsingenieur mit langjähriger Erfahrung in der Finanzindustrie. Er besitzt einen Master-Abschluss in Informatik und Wirtschaft der Universität Zürich und trug im Jahr 2015 zum Micropayment Transaction Wallet Coinblesk bei, das auf der Cebit 2016 vorgestellt wurde. Er ist CEO von Papers.ch - einem Softwareentwicklungsunternehmen, das Dienstleistungen im Bereich Blockchain Security wie z.B. Smartcontract Security Reviews anbietet. Alessandro ist auch an der Open Source Krypto-Geldbörse Airgap beteiligt und ist der technische Blockchain-Berater von Aeternity, einer der 30 führenden Krypto-Währungen. Darüber hinaus ist Alessandro als Referent auf Krypto-Panels und Konferenzen tätig.


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