Ein kluger Tiger für Verträge
Quelle: Papiertiger

Start-up Papiertiger

Ein kluger Tiger für Verträge

Mit dem Legaltech-Start-up Papiertiger wollen ein Rechtsanwalt und ein Verleger die Online-Erstellung von rechtssicheren Verträgen ohne juristische Vorkenntnisse ermöglichen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2016/11

     

Das Aufsetzen von Verträgen kann eine kostspielige Angelegenheit sein. Selbst bei einfachen Vertragsformen muss man heute, sofern der Vertrag rechtssicher sein soll, einen Rechtsanwalt konsultieren. In den Augen der Papiertiger-­Gründer Martin Steiger, Anwalt für Recht im digitalen Raum, und Andreas Von Gunten, Unternehmer und Verleger, gibt es bei Rechtsdokumenten viel Potential, um den ganzen Erstellungsprozess zu vereinfachen. "Heutzutage werden in vielen Fällen für die Vertragserstellung irgendwelche Inhalte online zusammengesucht und kopiert. So werden Verträge zusammengestiefelt, die rechtlich nicht verhalten", erklärt Von Gunten und führt weiter aus: "Ausserdem ist es für Personen, die über keinen juristischen Hintergrund verfügen, meist unklar, was alles beachtet werden muss. Dann bleibt nur noch der Gang zum Rechtsanwalt, was sofort viel Geld kostet." Immer wieder war die Thematik ein Gesprächsthema zwischen den beiden Unternehmern und so haben sie sich 2015 dazu entschieden, eine GmbH mit dem Namen Papiertiger zu gründen, mit dem Ziel, die rechtssichere Vertragserstellung in der Schweiz zu vereinfachen. "Die Gründung der GmbH war zwar nicht der Start des Projektes, aber der Zeitpunkt, wo die ganze Sache konkret wurde. So haben wir eine Website aufgebaut und geklärt, mit welchen Ambitionen wir an die Sache herangehen, wie wir das Vorhaben weiter finanzieren und in welche Richtung wir das Projekt entwickeln wollen", erklärt Steiger, und sein Kollege ergänzt: "Durch die Tatsache, dass wir selber Geld in die Finger genommen haben, haben wir auch eine Verbindlichkeit geschaffen."

Auf Unnötiges verzichtet

Als alle Grundlagen für eine erste Version von Papiertiger fertig waren, ging die Plattform im Sinne eines Minimum Viable Product live, wie Von Gunten erklärt: "Wir wollten den Service möglichst schnell am Markt testen. Die Idee war, dass das Produkt sofort nutzbar ist. Für uns war es wichtig, dass wir über eine skalierbare Engine verfügen, mit der sich neue Verträge entwickeln lassen."

Im Moment stehen auf der Plattform Vorlagen für einen Arbeitsvertrag, einen Privatdarlehensvertrag und einen privaten Autokaufvertrag zur Verfügung. Die rechtlichen Grundlagen für jeden der drei Verträge wurden durch eine juristische Fachperson erarbeitet. Der Arbeitsvertrag beispielsweise stammt von Rechtsanwältin Myriam Jäger, die unter anderem auf Arbeitsrecht spezialisiert ist. Zur Vertragserstellung muss online ein entsprechender Fragebogen ausgefüllt werden. Wenn die Fragen beantwortet sind, generiert Papiertiger einen persönlichen Vertrag, der mit Kreditkarte bezahlt werden kann. Nach erfolgter Bezahlung wird der fertiggestellte Vertrag als PDF-Datei zum Download angeboten und per E-Mail an den Nutzer gesendet, der das Dokument ausdrucken, der anderen Vertragspartei vorlegen und unterschreiben kann. Dafür werden zwischen 19 und 29 Franken ­fällig.
"Die Nutzerfreundlichkeit bei gleichzeitiger Rechtssicherheit war anfänglich eine grosse Herausforderung. Wir mussten bei der Entwicklung der ersten Verträge ständig entscheiden, welche Vertragsinhalte relevant sind und welche Fragen wir dafür stellen müssen", erklärt Steiger.

Die beiden Unternehmer legen viel Wert auf den Schutz der Kundendaten: "Wir verzichten deshalb auf die Nutzung von Google-Analytics und Co., die aus Datenschutzsicht problematisch sein könnten." Auf der Website werden alle Angaben verschlüsselt übertragen und nur Daten gespeichert, die für die Erstellung von individuellen Verträgen und den Plattform-Betrieb benötigt werden.

Weitere Verträge in Aussicht

An Zukunftsplänen mangelt es den Papiertiger-Gründern nicht. So sollen auf der Plattform weitere Vertragsformen verfügbar gemacht werden, wie Steiger verrät: "Wir hören selbstverständlich auf das Feed­back unserer Kunden. Wir haben vorerst geplant, im arbeitsrechtlichen Bereich das Angebot auszubauen. Was auch schon öfter gewünscht wurde, sind Allgemeine Geschäftsbedingungen. In Deutschland gibt es bereits AGB-Generatoren, die uns aber mehrheitlich nicht überzeugen. Wir werden sehen, ob es uns gelingt, überzeugende Alternativen für die Schweiz zu entwickeln." Auch Rechtsanwälte sollen von Papiertiger profitieren können, denn sie können nicht nur die Verträge für sich und ihre Mandantschaft selbst erstellen, sondern auch bei der Erarbeitung von Verträgen mithelfen und sich auf einer Plattform einer grossen Zahl von möglichen Mandanten präsentieren. (asp)




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