Digitaler Erfolg in Afrika

Von Sandra Tobler

Eine wachsende Mittelschicht sowie ein bisher wenig ausgebautes Festnetz sorgen in Afrika für die nötige Nachfrage nach ICT in Schweizer Qualität.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2014/10

     

Afrika rückt in den Fokus der globalen Wirtschaft, und Südafrika dient als Sprungbrett. Der ICT-Sektor, und innerhalb diesem vor allem das mobile Internet, boomt. Experten rechnen bis Ende des Jahrzehnts mit 930 Millionen Mobile-Nutzern auf dem afrikanischen Kontinent. Die grosse Mehrheit der rasant wachsenden Mittelschicht überspringt den PC aufgrund mangelnder Angebote und zu hoher Fixkosten. So gibt es in afrikanischen Ländern teils schnelleres mobiles Internet und ausgefeiltere Smartphone-­Services als in Europa. Die südafrikanische ICT-Branche profiliert sich mit mobiler Software und elektronischen Zahlungsdienstleistungen. Der vergessene Kontinent überholt die industrialisierte Welt.

Viele junge mobile-affine Kunden

90 Prozent aller Mobile-Kunden in Afrika nutzen Prepaid-Karten, die in unzähligen Läden verkauft werden. Dies führt zu einer tieferen Eintrittsschwelle in die Welt der Mobile-Technologie als bei Abonnementen. Auf die rasch wachsende junge Generation zu fokussieren, Studenten und Schülern besonders günstige Tarife anzubieten, erweist sich so als eine fruchtbare Strategie. Beliebt ist Facebook, das inzwischen auch in der südafrikanischen Sprache Zulu angeboten wird. Ein südafrikanisches Netzwerk, Mxit, führt die Rangliste jedoch an. Diese Zielgruppe reagiert sehr positiv auf ein wachsendes Angebot an Online-Bildung, das dank 4G attraktiv verbreitet werden kann.

Bernard Bachmann, ein Schweizer Unternehmer, der sich vor Jahren in Süd­afrika niedergelassen hat, heute Managing Director von Cytracon Webservices, einem E-Commerce-Spezialisten, bestätigt diese Erfahrung: «Das Potential im südafrikanischen Markt ist enorm!» Er sieht zudem einen sehr interessanten Pool an IT-Fachkräften: «Durch auto­didaktische Massnahmen werden die Defizite des im Allgemeinen schwachen Schulbildungssystems ausgeglichen. Die jungen Leute sind motiviert, zielstrebig und hungrig nach Erfolg. Das bedeutend tiefere Lohnniveau und eine minimale Zeitdifferenz lässt für Schweizer IT-Unternehmen eine äusserst interessante Ausgangslage entstehen.» So listet Gartner Südafrika als eine der bedeutenden Software-Entwicklungsdestinationen weltweit.
Das Geschäftsgebaren ist in der Regel europäischen oder amerikanischen Zuschnitts. China, Japan oder auch Russland sind uns in dieser Beziehung ferner als viele Länder Afrikas. Überall wird ausserdem neben der Landessprache Englisch oder Französisch gesprochen.

Qualitätsbewusstsein nimmt zu

Swiss Made hat in Südafrika einen ausgezeichneten Qualitätsruf. Kunden beginnen mehr und mehr, genau diese Qualität zu schätzen. Das findet auch Clinton Alley, Managing Director von Skidata South Africa, einem Adliswiler Anbieter von Zutritts-, Management- und Ticketing-Lösungen für den Zugang von Personen und Fahrzeugen: «Wir sind deutlich teurer als asiatische oder lokale Anbieter, aber wir bewegen uns auf einem ganz anderen Niveau bei der Herstellungsqualität, der Verlässlichkeit und der Nachhaltigkeit. Und der Markt erkennt stärker die Notwendigkeit, eine höhere Qualität zu beschaffen.» So konnte sich Skidata in nur zweieinhalb Jahren als wichtiger Markt­akteur etablieren.

Afrikas ICT-Markt ist kein Selbstläufer – zahlt sich aber aus


Alley macht zudem darauf aufmerksam, dass die schwache südafrikanische Währung die Einkaufsbereitschaft zum Teil einschränkt. Insgesamt braucht es für den Exportmarkt Südafrika viel Geduld, einen guten, vertrauenswürdigen, lokalen Partner und einiges an Stehvermögen, denn trotz aller Nähe ist ein Markteintritt in ein Schwellenland eine komplexe Angelegenheit für KMU. In der Regel macht es sich aber bezahlt. Zumal Südafrika nur der erste Schritt in Richtung weiterer aufstrebender Länder südlich der Sahara ist.

Dort schlummert noch viel Potential, wie Yoomee-Gründerin Anat Bar-Gera und ihr Mann Dov erfuhren. Der Durchbruch gelang ihnen erst nach anfänglichen Schwierigkeiten. Nachdem sie 2011 in Kamerun mit dem Aufbau des ersten 4G-Netzes begonnen hatten, setzen sie mit Yoomee, ihrem Telekom-Unternehmen aus Küsnacht, mittlerweile aber in immer mehr westafrikanischen Märkten einen neuen Standard im Bereich des mobilen Internetzugangs. «In diesen Regionen verfügen nur zwei Prozent der Kunden über einen festen Vertrag, gleichzeitig wächst die Wirtschaft vieler westafrikanischer Länder – und mit ihnen ihre kaufkräftige Mittelschicht – um fünf bis sieben Prozent im Jahr», erklärt Anat Bar-Gera.
Mit einem Schweizer Wertesystem und einem langem Atem sind hiesige KMU also immer häufiger erfolgreich im Süden des afrikanischen Kontinentes.


Sandra Tobler ist Consultant Northern Europe & Subject Matter Expert ICT bei Switzerland Global Enterprise.

ICT-Exportbühne mit ICT-Award-Verleihung


05. November 2014, 14:00-16:00
KKL Luzern

Südafrika, Singapur und Polen stehen dieses Jahr im Zentrum der Exportbühne, auf der Unternehmer aus den Zielmärkten von ihren Erfolgsrezepten vor Ort erzählen, und Experten Ratschläge für die Internationalisierungsstrategie erteilen – dies auch in Form einer individuellen Beratung. Studien zu den drei ICT Märkten werden an alle Teilnehmer verschickt.


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