Editorial

Editorial: Nur Häppchen statt richtige Mahlzeiten


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2013/06

     

Nein, es geht in diesem Editorial nicht ums Essen – obwohl ich darüber als Teilnehmer der diversesten und ausgefallensten Steh- und Sitz-Lunches nach oder während Medienkonferenzen bestimmt auch etwas zu sagen hätte... vielleicht ein anderes Mal. Im aktuellen Fall geht es um etwas anderes, nämlich die Informationspolitik einiger grosser IT-Unternehmen, die in den letzten Monaten Einzug gehalten hat. Man wird regelrecht überhäuft mit Ankündigungen und Vorabinformationen, weil alles nur noch tröpfchenweise kommt statt schön gesammelt. Ich gebe Ihnen drei Beispiele:
- Mitte März lanciert Samsung in New York mit grossem Tamtam das Galaxy S4. Mitte April gibt es dann den Schweizer Preis und ein offizielles Veröffentlichungsdatum. Doch bereits zuvor taucht bereits ein Gerücht über eine Mini-Version auf und kurz darauf auch über eine robustere Rugged-Version. Beide Varianten werden später tatsächlich vorgestellt, allerdings nicht zusammen, das eine Gerät Ende Mai, das andere Anfang Juni.

- Schon kurz nach dem Release von Windows 8 tauchen Gerüchte über ein Update namens «Blue» auf. Microsoft bleibt erst lange still, bestätigt dann, dass es «Blue» geben wird und gibt wenig später den offiziellen Namen Windows 8.1 bekannt. Ein paar Wochen später folgt das Erscheinungsdatum einer ersten, öffentlichen Preview-Version. Und im Vorfeld dieser grossen Lancierung, die Ende Juni über die Bühne gehen wird, werden dann an verschiedenen Veranstaltungen und in verschiedenen Beiträgen bereits die wichtigsten neuen Features ausführlich und in Bildern dargelegt.
- Ende Februar stellt Sony in den USA sein neues Konsolen-Flaggschiff, die Playstation 4 vor – oder zumindest dessen Controller. Ende Mai folgt dann, kurz vor der Vorstellung der Xbox One, ein Teaser der etwas mehr zeigt und auf eine weitere Präsentation anlässlich der E3 Anfang Juni hinweist.
So läuft das heute, und zwar nicht nur bei diesen Unternehmen und nicht nur in der IT-Branche, auch in der Politik, im Sport, überall. Für uns Medien ist das wunderbar, wir haben immer wieder etwas Interessantes zu schreiben. Aber wie sieht das ganze bei den Kunden aus? Freue ich mich, wenn ich mich eigentlich täglich informieren muss, um nichts zu verpassen und nur so von News bombardiert werde? Hat man überhaupt noch Zeit dafür? Und was ist mit dem Bauarbeiter, der sich kurz nach dem Launch ein neues Handy gekauft hat und ein paar Wochen später erfährt, dass es nun auch noch eine speziell auf ihn zugeschnittene Outdoor-Variante gibt?

Letzterer wird sich vermutlich ordentlich ärgern und veräppelt vorkommen. Andere können oder wollen die Masse an Informationen vermutlich gar nicht mehr aufnehmen. Sie sind übersättigt. Aber wieso geben die Unternehmen ihnen trotzdem lieber lauter Häppchen als eine richtige Mahlzeit? Ich denke, dass es in der heutigen Zeit einfach nicht mehr anders geht. Informationen sickern so schnell durch und werden so rasch verbreitet, dass man als Firma, um dem vorzubeugen, eigentlich fast gezwungen ist, proaktiv und ganz fleissig zu informieren. Und man will ja auch nicht riskieren, dass die Konkurrenz mit der Ankündigung ihrer neuen Geräte schneller ist und einem die Show stiehlt.
Gut gibt es in dieser hektischen Welt deshalb immer noch Fachmagazine wie das unsrige, die einem die Arbeit abnehmen und die vielen News und Trends filtern, zusammenfassen und in regelmäs­sigen Abständen direkt nach Hause oder ins Büro liefern – auch auf www.itmagazine.ch. In diesem Sinne: E Guete!
(mv)


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