Die Renaissance des Micropayments
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Die Renaissance des Micropayments

Viele Menschen aus dem IT-Umfeld verziehen bei der Erwähnung des Wortes „Micropayment“ das Gesicht. ‚Hat noch nie funktioniert’, ‚Braucht kein Mensch’ oder ‚Gibt es doch schon lange’ sind typische Kommentare. Heute ermöglicht Micropayment dem Kunden jedoch eine Bezahlweise, die so einfach ist wie Bargeld.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2011/03

     

Tatsächlich hat das Thema eine gewisse Vorgeschichte und wird schon seit den Anfängen des Internets höchst kontrovers diskutiert. Was aber ist Micropayment eigentlich? Im Grunde geht es darum, ein Bezahlverfahren im Internet zu etablieren, das so einfach ist wie das gängigste Verfahren der realen Welt: Bargeld. Internetprodukte bestehen allerdings nur aus Bits und Bytes und können praktisch ohne Zusatzkosten beliebig oft repliziert werden. Der Preis einer einzelnen Seite läge deshalb höchstens bei einigen Rappen, also im Mikrobereich.
Somit scheiden viele Bezahlverfahren wie Banküberweisungen oder Kreditkartenzahlungen von vornherein aus. Bei diesen entstehen allein schon wegen der extrem aufwendigen Verschlüsselungsverfahren Transferkosten, die den transferierten Geldbetrag übersteigen. Eine Gebühr von 30 Rappen ist für einen Bezahlvorgang über 5 Rappen natürlich nicht akzeptabel.

In den 90er Jahren arbeiteten deshalb weltweit zahlreiche Firmen an speziellen Micropayment-Systemen, von denen sich keines auch nur ansatzweise durchsetzen konnte. Die benutzte Technologie war vielfach nicht geeignet, die Anforderungen zu erfüllen. Einige Konzepte wiesen Sicherheitslücken auf. Es bestand die Gefahr des Double-Spending, wobei eine Drittpartei eine transferierte elektronische Münze einfach kopieren konnte. Andere Anbieter setzten darauf, dass sich eine sogenannte Public-Key-Infrastruktur durchsetzt, was bis heute jedoch nicht geschehen ist.
In den Folgejahren entwickelte sich die Technologie weiter, noch mehr tat dies aber das Internet selbst. Google revolutionierte Sektor für Sektor, und werbefinanzierter kostenloser Inhalt erschien als einzig denkbares Businessmodell. Da aber jede Werbefinanzierung schlussendlich an ein real verkauftes Produkt gebunden sein muss, ist Onlinewerbung zwar ein wachsender, aber doch begrenzter Markt. Immer mehr und immer neue Internet-Service-Provider wollen ein Stück von demselben Kuchen. So verschiebt sich die Macht zusehends von den Providern zu den Werbenden. Konnte vor wenigen Jahren noch viel Geld mit dem blossen Aufschalten von Werbung verdient werden, so wird heute oft nur noch bezahlt, wenn der Endkonsument auf das Banner klickt oder sogar tatsächlich etwas beim Werbenden kauft.

Die vielleicht grösste Bedrohung für das Geschäftsmodell Werbefinanzierung stellt aber ein Internetprodukt selbst dar: Adblocker. Diese im Browser schnell zu installierenden Programme blockieren erfolgreich jegliche Bannerwerbung. So erfolgreich, dass bekannte Blogger schon Appelle an alle Internetnutzer senden und sie bitten, ihren Werbeblocker abzustellen. Andernfalls wäre es ihnen bald nicht mehr möglich, qualitativ hochwertige Inhalte umsonst ins Internet zu stellen. In Deutschland haben schon 22% der Firefox-Nutzer einen Adblocker installiert, mit stark steigender Tendenz. Und wer sich einmal an eine Nachrichtenseite gewöhnt hat, auf der der Inhalt so arrangiert wird, als hätte es nie Werbung gegeben, der wird dies so schnell nicht mehr aufgeben.
Das Allheilmittel Werbefinanzierung stösst also an seine Grenzen. So ist es zu erklären, dass quer durch das Web Provider nach neuen Geschäftsmodellen suchen; allen voran die Onlineportale der klassischen Printmedien, die schon seit Jahren beklagen, dass sie im Internet nicht so viel verdienen wie im früheren Druckgeschäft. Viele überlegen sich aus diesem Grund den Einsatz von Abonnementmodellen, die aber nur für regelmässige Nutzer in Frage kommen. Die im Internet verbreitete unregelmässige ‚Laufkundschaft’ wird es nicht akzeptieren, zu einer Vielzahl von Abonnements gezwungen zu sein. Und so wird es in den nächsten Jahren die Renaissance eines Systems geben, das schon tot gesagt war: Micropayment.

Die technischen Unzulänglichkeiten sind mittlerweile überwunden, und man hat die Systeme so optimiert, dass sie dem Kunden nun wirklich eine Bezahlung ermöglichen, die so einfach ist wie Bargeld. Einzelne Anbieter haben es sogar geschafft, die Schranke für eine rentable Überweisung unter die Marke von einem Rappen zu schieben. Man kann deswegen gespannt sein, in welchen Internet-Services echtes Micropayment zuerst auftauchen wird.


Simon Felsenstein, Business Development, milliPay Systems AG, Zürich
milliPay Systems AG
Die Firma milliPay Systems AG aus Zürich hat ein Bezahlverfahren für Kleinstbeträge entwickelt, das sowohl hohe Sicherheit als auch Nutzerfreundlichkeit erfüllt. Internet-Service-Provider und Verlage können hiermit Inhalte für Bruchteile von Rappen an ihre Nutzer verrechnen.
www.millipay.ch


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