Das PDF-Format zeigt seine Schokoladenseite
Quelle: Vogel.de

Das PDF-Format zeigt seine Schokoladenseite

Für Version X hat Adobe der Acrobat-Software ein neues Kleid verpasst – die zahlreichen Funktionen werden dem Anwender nun übersichtlich präsentiert.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2010/12

     

Bei der Entwicklung von Acrobat X hat Adobe laut eigener Aussage das Ziel verfolgt, den weltweiten Austausch von Informationen über Dateiformate, Systemplattformen und Geräte hinweg weiter zu vereinfachen. Dazu wartet die jüngste Acrobat-Generation mit Neuerungen und Verbesserungen in den vier Hauptbereichen Oberfläche, PDF-Portfolios, Automatisierung und Sharing auf.



Vier Produktvarianten

Acrobat X ist in vier Varianten erhältlich. Zunächst hat der Hersteller natürlich den kostenlosen Reader so erweitert, dass er mit Neuerungen wie interaktiven Inhalten in PDF-Dateien umgehen kann – er heisst nun sinngemäss Adobe Reader X. Zum Erstellen und Bearbeiten von PDF-Dateien dienen die Pakete Acrobat X Standard und Professional. Die beiden Ausgaben unterscheiden sich im Funktionsumfang; Acrobat Standard verzichtet auf Features wie Einbinden von Rich-Media-Inhalten, Erstellen von PDFs für die Druckvorstufe oder die in der neuen Version verbesserte Funktion für das permanente «Schwärzen» von vertraulichen Textstellen vor der Publikation.


PDF-Portfolios lassen sich nur mit dem Professional-Paket zusammenstellen, und auch der Livecycle Designer ES2 zum Gestalten von Formularen ist nur im Professional-Paket enthalten. Ebenfalls der Pro-Variante vorbehalten sind sind die neuen Möglichkeiten von Acrobat X zur Automatisierung häufiger Arbeitsabläufe. Kurz: Für fast alle fortgeschrittenen Aufgaben braucht es die rund 300 Franken teurere Pro-Variante, die wir für diesen Test näher unter die Lupe genommen haben.


Ganz neu ist die Acrobat X Suite, die weitere Komponenten rund um die Arbeit mit PDFs enthält. Die Suite kombiniert den vollen Umfang von Acrobat X Professional mit der Bildbearbeitung Photoshop CS5, dem Authoring-System Captivate 5, dem Powerpoint-to-PDF-Konverter Presenter 7 und dem Media Encoder CS5 zur Formatumwandlung von Multimedia-Dateien. Da verschiedene dieser Komponenten nur für Windows existieren, gibt es auch die Acrobat X Suite nur in einer Windows-Version.


Das Thema «Windows versus Mac» wird bei Acrobat-Anwendern auf der Mac-Plattform übrigens nach wie vor zu Diskussionen Anlass geben. Nicht nur die Suite gibt es nur für Windows, auch einzelne Funktionen von Acrobat Professional sind nur in der Windows-Version verfügbar. Insbesondere der Livecycle Designer ES2 existiert nicht in einer Mac-Version. Zwar beherrscht auch die Mac-Ausgabe von Acrobat X die Erkennung von Formularfeldern in gescannten Formularen und enthält wie die Windows-Version Tools zum Erstellen zusätzlicher Felder – aber Acrobat selbst bietet bei weitem nicht alle Feldtypen und Verarbeitungsmöglichkeiten des Livecycle Designers. So lassen sich nur mit dem Livecycle Designer Bildfelder erstellen, die beim Ausfüllen des Formulars mit einem Bild beschickt werden können – nützlich zum Beispiel für eine generische Produktspezifikation, die später individuell mit den Produktdaten samt Bild ergänzt werden und gedruckt werden soll. Eine gute Nachricht indes gibt es auch von der Mac-versus-Windows-Front: Die Oberfläche kommt auf beiden Plattformen im absolut identischen Erscheinungsbild daher.




Oberfläche generalüberholt

Bisher waren die doch recht umfangreichen Funktionen, die Acrobat Professional dem Anwender bietet, auf verschiedene Menüs und Toolbars verteilt und zum Teil nur schwer zu finden, was auch Adobe zugibt. Manches produktivitätserleichternde Feature war den meisten Nutzern deshalb gar nicht bekannt. Mit einer runderneuerten Oberfläche will der Hersteller diesem Missstand in Acrobat X ein Ende bereiten: Neu sind alle wichtigen Funktionen einer wahlweise einblendbaren Palette am rechten Fensterrand zusammengefasst, die je nach Wunsch nahezu sämtliche allgemeinen Funktionen und Werkzeuge («Tools»), die Funktionen zum Kommentieren («Comment») oder die Möglichkeiten zum Informationsaustausch («Share») präsentiert. Innerhalb der Bereiche Tools und Comment ist die Palette weiter nach auf- und zuklappbaren Funktionsbereichen gegliedert.


Zum Anlegen eines neuen PDF-Dokuments findet sich links oben das Menü «Create» mit Optionen zum Erstellen eines PDF-Dokuments aus einer bestehenden Datei, aus der Zwischenablage oder einer Webseite, zum Einlesen eines Papierdokuments per Scanner sowie zur Erfassung eines neuen PDF-Formulars und zum Zusammenstellen eines PDF-Portfolios. Das eigentliche Hauptmenü umfasst nur noch wenige allgemeine Punkte, dazu kommt eine ebenfalls ziemlich ausgemistete Toolbar. Die neue Oberfläche wirkt insgesamt sehr übersichtlich und zeigt die Tools und Funktionen mit relativ grossen, gut lesbaren Icons und Beschriftungen an.



Neues und Verbessertes

Bei der Erfassung von Papierdokumenten wurde die Texterkennung markant aufgewertet, womit sich auch die Volltextsuche in gescannten Dokumenten verbessert. Die Software erkennt nun automatisch, ob ein Dokument in Farbe, in Graustufen oder schwarzweiss gehalten ist. Ein neuer Komprimierungsmechanismus sorgt zudem für kleinere PDFs. Neu zeigt Acrobat nach der Texterkennung auch Problemstellen an, die nicht eindeutig erkannt wurden, und bietet die Möglichkeit, den Volltext manuell zu korrigieren.


Auch auf der anderen Seite der Dokumentenverarbeitungskette bietet Acrobat X mehr als die Vorgängerversion: Stellen, die man mit Hilfe des Auswahlwerkzeugs von Acrobat über die Export-Funktion aus einem PDF- in ein Office-Dokument überträgt, erscheinen mit der neuen Acrobat-Version deutlich formatgetreuer als bisher. Perfekt ist das Erscheinungsbild je nach Komplexität der Darstellung zwar immer noch nicht, aber das Resultat ist im allgemeinen mehr als akzeptabel. So fügt sich zum Beispiel eine schön formatierte PDF-Tabelle mit nahezu allen Formatierungen ins Excel-Dokument ein.


Interessant ist die Funktion «Dokumentenvergleich», eines der wenigen Features, die nur übers Menü zugänglich sind. Sie stellt zwei PDF-Dokumente samt Kommentarzusammenfassung im Direktvergleich einander gegenüber und erlaubt es, Veränderungen festzustellen und zu dokumentieren. Stellen, die sich unterscheiden, werden je nach Art (Löschungen, Änderungen, Ergänzungen) mit unterschiedlichen Farben markiert.


Stark verbesert wurde das Schwärzen sensibler Daten: Statt einfach ein schwarzes Rechteck über die geheimzuhaltende Stelle zu legen, was die Informationen zwar visuell, aber nicht in der Datenstruktur des PDF-Files versteckt, lassen sich «Off the records»-Angaben mit einem eigenen Werkzeug unwiederbringlich vor der Einsicht durch Unbefugte schützen. Die Software hilft auch bei der Identifizierung potentiell sensibler Informationen: Sie erkennt Telefonnummern und Personenkennnummern wie zum Beispiel eine AHV-Nummer automatisch und schlägt sie zum Schwärzen vor.




PDF-Portfolios verbessert

Unter dem Motto «Dynamic PDF» wurde die bereits in Acrobat 9 enthaltene, aber bisher von vielen Nutzern wenig beachtete Funktion zum Erstellen von PDF-Portfolios deutlich erweitert. Sie ist jetzt, unterstützt durch einen Wizard, über das Create-Menü zugänglich. Neu lassen sich zudem neben PDF-Dateien und Office-Dokumenten auch sämtliche vom Flash-Player unterstützten Inhalte, also sowohl Filme als auch interaktive Flash-Anwendungen, in ein PDF-Portfolio einbinden. So entsteht eine Gesamtpräsentation, die sämtliche Inhalte in einer einzigen, navigierbaren PDF-Datei zusammenfasst. Nicht direkt Flash-kompatible Filme müssen allerdings erst in ein Flash-konformes Format umgewandelt werden, sonst bindet sie Acrobat zwar ins Portfolio ein, der Reader kann die Inhalte danach aber nicht korrekt anzeigen.


Für die Präsentation des Portfolios stellt Acrobat X diverse vorgefertigte Layouts bereit, die sich jeweils mit ebenfalls vordefinierten Themes und Farbschemata dem persönlichen Geschmack anpassen lassen. Man kann mit etwas Actionscript-Kenntnissen und dem Entwicklungstool Flex Builder auch eigene Layouts im Format .nav erstellen; bei den Themes handelt es sich um Flash-Movies im SWF-Format.



Automatisierung möglich

Mit dem neuen Action Wizard macht es Acrobat X einfach, häufig benötigte Arbeitsabläufe zu definieren und per Mausklick jederzeit zu wiederholen. Dazu braucht man keinerlei Javascript- oder sonstige Programmierkenntnisse: Die Arbeitsschritte werden aus einer Liste möglicher Befehle mit der Maus zusammengestellt. Der so entstehende Prozess wird zum Schluss als «Action» gespeichert. Solche Actions lassen sich auch per E-Mail verteilen und bei anderen Nutzern installieren – so kann man im Unternehmen für standardisierte Abläufe sorgen. Acrobat X Professional enthält sieben vordefinierte Actions, darunter finden sich Prozesse wie «Archive Paper Documents», «Prepare for Web Publishing» und «Publish Sensitive Documents». Die Actions lassen sich entweder auf ein einzelnes Dokument oder im Batch-Verfahren auf mehrere Dokumente nacheinander anwenden. Bisher waren automatisierte Abläufe nur in der Batch-Verarbeitung möglich, und ein interaktiver Editor zur Zusammenstellung der Prozesse fehlte.




Wer sich nicht mit den vordefinierten Actions zufriedengeben will, braucht etwas Übung und einige Versuche, bis der selbst definierte Prozess sitzt. Komplexe Abläufe mit Entscheidungsvarianten oder Schleifen sind zudem nicht möglich – der Action Wizard erzeugt einfach eine vorbestimmte Abfolge von Arbeitsschritten, die sich zur Laufzeit nicht ändern lässt.


Mehr Zusammenarbeit

Für den gemeinsamen Umgang mit PDF-Dokumenten bietet Acrobat X diverse neue Möglichkeiten. Zum Kommentieren eines Dokuments mit Notizen und grafischen Anmerkungen braucht es in der Generation X nun nicht mehr die Vollversion von Acrobat – die Kommentarfunktionen sind auch im Reader X zugänglich, falls der Autor dies freigegeben hat. Die zu kommentierende Datei kann entweder per E-Mail verschickt und zurückgesendet werden, oder man leitet einen «Shared-Review»-Prozess ein: Die Kommentare von allen am Review beteiligten Personen werden in diesem Fall zentral verwaltet und lassen sich zusammengefasst betrachten. Dazu braucht es im Hintergrund entweder ein Konto beim Adobe-Online-Service Acrobat.com oder einen hausinternen Server zur Ablage der kommentierten Files. Acrobat X unterstützt dabei neben simplen Netzwerkverzeichnissen auch Sharepoint-Workspaces und WebDAV-Server.


Ganz ähnlich funktioniert die Verarbeitung von PDF-Formularen. Formulare lassen sich ab Papier einscannen – Acrobat erkennt die meisten Formularfelder automatisch, weitere interaktive Komponenten ergänzt man mit den Formulartools von Acrobat Pro. Elektronische Formulare können mit dem in der Windows-Version des Pakets enthaltenen Livecycle Designer ES2 auch von Grund auf neu gestaltet und als PDF gespeichert werden. Von Acrobat X Professional aus lässt sich ein Formular dann per E-Mail, über einen hausinternen Server oder via Acrobat.com-Account an die Empfänger verteilen, wobei ein Distribute-Wizard hilft. Acrobat X erleichtert auch die Entgegennahme der ausgefüllten Formulare – ein Tracker führt Buch über Versand und Feedback und präsentiert die Antworten in einer übersichtlichen, sortier- und durchsuchbaren Tabelle, die sich zum Schluss auch als CSV- oder XML-Datei exportieren lässt.


Vor allem, wenn multimediale Inhalte eingebettet sind, überschreiten PDF-Dokumente bald einmal das Sende-Limit mancher Mail-Server. Adobe bietet separat von Acrobat.com deshalb neu den Online-Dienst Sendnow an, mit dem sich auch grosse Dateien «verschicken» lassen. Sendnow ist direkt ab der Share-Palette von Acrobat X Pro und Adobe Reader X zugänglich. Per E-Mail gesendet wird nur ein Download-Link, und weder der SMTP-Server des Absenders noch die Mailbox des Empfängers werden übermässig belastet. Der Absender erhält zudem eine Empfangsbestätigung, wenn der Empfänger die Datei herunterlädt. Um Sendnow zu benutzen, benötigt nur der Absender einen Account. Mit der kostenlosen Testversion lässt sich jeweils eine Datei bis 100 MB an einen Empfänger verschicken; die ab 15 Franken pro Monat erhältlichen Premium-Accounts unterstützen mehrere Empfänger und Dateien bis zwei Gigabyte.



Wer braucht Acrobat X?

Hat man nur gelegentlich ein PDF-Dokument zu erstellen, braucht Acrobat eigentlich überhaupt nicht – Adobe bietet dies auch mit der Funktion «Create PDF» des Online-Dienstes Acrobat.com, und es existieren günstigere Drittherstellerlösungen.


Diese bieten aber keine der forgeschrittenen Möglichkeiten von Acrobat X wie PDF-Portfolios, Automatisierung, umfassende Review-Funktionen und Features zum Erstellen, Ausfüllen und Auswerten auch komplexer Formulare.



(ubi)


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