Alle Acht-ung: 8-Megapixel-Digicams

8 Megapixel sind das höchste der Auflösungsgefühle bei digitalen Kompaktkameras. Wichtig für den Kaufentscheid sind aber noch andere Faktoren.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/12

     

Die digitale Fotografie ist endgültig auf dem Siegeszug: Laut neuesten Zahlen der GfK/Prophoto wurden 2003 in Deutschland 4,9 Millionen Digitalkameras verkauft, das entspricht einem Anteil von über 70 Prozent am Gesamtkameramarkt. Die aktuelle Generation von kompakten Digicams hat zudem die meisten Kinderkrankheiten hinter sich: Die Modelle der meisten Hersteller sind ausgereift, besitzen stabile Gehäuse mit guter Verarbeitung, vermögen mit hochwertigen Objektiven zu überzeugen, und auch Probleme wie lange Aufstartzeiten und hohe Auslösungsverzögerungen bekommen die Entwickler langsam in den Griff. Und das beste: Die Preise sinken, wie unsere Rubrik «Street Prices» regelmässig belegt. Die Topmodelle des vergangenen Jahres kosten heute bis zu einem Drittel weniger (so sie denn überhaupt noch auf dem Markt sind), und die aktuellen Flaggschiffe der wichtigsten Hersteller bieten bei ähnlichem Preis gegenüber ihren Vorgängern eine wesentlich bessere Leistung und Ausstattung.


Auflösung auf die Spitze getrieben

Wer vor einem Jahr davon ausgegangen ist, dass das Ende der Auflösungsfahnenstange bei fünf Megapixeln erreicht wäre, sieht sich inzwischen getäuscht. Momentan sind 8 Megapixel das höchste der Auflösungsgefühle im Bereich der Consumerkameras, und an der nächsten Generation der CCD-Chips mit noch höherer Auflösung wird bereits getüftelt.
Ob dies überhaupt Sinn macht, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Denn wie verschiedene Tests gezeigt haben, entwickelt sich die Optik immer mehr zum limitierenden Faktor. Mit den herkömmlichen Technologien für das optische System lässt sich das Auflösungsvermögen der CCDs schon heute kaum noch adäquat bedienen. Dieses Problem lässt sich zwar mit Spezialkonstruktionen und hochwertigen Gläsern umgehen, was sich aber wiederum im Preis niederschlägt - nicht per Zufall ist die Powershot Pro1 von Canon die teuerste Kamera in der Übersicht, ist sie doch mit einem speziell vergüteten Objektiv ausgestattet und glänzt in Tests mit ihrer ausgezeichneten Bildqualität.





Ein anderes Problem ist die Grösse des Chips respektive das daraus resultierende schlechte Rauschverhalten. Die Bildfläche eines 8-Megapixel-2/3-Zoll-CCDs beträgt gerade einmal 58 Quadratmillimeter - die einzelnen Sensorelemente verlieren mit abnehmender Grösse aber auch an Lichtempfindlichkeit und bedingen dadurch eine höhere Signalverstärkung, mit der gleichzeitig die Rauschgefahr zunimmt. Gemäss Tests sind alle Kameras in der Übersicht bei niedrigster Empfindlichkeitseinstellung im Rauschverhalten akzeptabel, bei höheren Empfindlichkeiten (respektive höherer Signalverstärkung) werden die Bilder aber schnell unansehnlich.


Brückenkameras

Die in unserer Marktübersicht aufgeführten Kameras zählen zur neu geschaffenen Kategorie der «Bridge Cameras» (oder «Neo-SLRs»): Umfangreiche Ausstattung und hohe Qualität positionieren sie noch über den «Prosumer»-Kameras und lassen sie die Brücke zwischen Kompakt- und Spiegelreflexkameras (SLR) schlagen. Das typische Merkmal aller Spiegelreflexmodelle - das austauschbare Objektiv - bleibt diesen aber vorbehalten.





Ansonsten aber bieten die Brückenkameras weitgehend ein mit den SLRs vergleichbares Look&Feel. Das beginnt schon bei den dominanten Objektivtuben und zieht sich über eine vergleichbare Ausstattung bis hin zur bei einigen Modellen ähnlichen Bedienung mit Drehrädern statt Knöpfen. Auch die vorhandenen manuellen Einstellungsmöglichkeiten für Blende, Verschlusszeit, ISO-Empfindlichkeit und andere Funktionen sowie Features wie kürzeste Verschlusszeiten, Systemblitzanschlüsse und die Möglichkeit für Belichtungskorrekturen rücken die Brückenmodelle in die Nähe der professionellen Geräte. Diese haben ihren Verfolgern «nur» noch die bessere Systemkompatibilität mit Wechselobjektiven und anderem Zubehör, die wesentlich höhere Geschwindigkeit für Serienbilder und die insgesamt bessere Bildqualität voraus.


Auswahlkriterien

Wie aus dem Gesagten bereits hervorgeht, sind die Zeiten definitiv vorbei, als es genügte, Digitalkameras nach der Auflösung in Megapixeln auszusuchen. Wer heute mit dem Kauf einer Digicam liebäugelt, muss zahlreiche weitere Kriterien in Betracht ziehen - und diese Kriterien sind nicht nur für High-end-Modelle wie diejenigen in der Marktübersicht gültig.



• Optik: Ein hochwertiges optisches System ist die Grundvoraussetzung für eine hervorragende Bildqualität - schliesslich wird das Bild vom Objektiv gemacht.
Angesichts der Probleme mit dem Pixelrauschen bei höheren Empfindlichkeiten ist es von Vorteil, wenn schon das Objektiv möglichst lichtstark ist; so bleiben Reserven auch bei weniger Licht. Diesbezüglich geben sich die Brückenkameras keine Blösse, der höchste Wert ist 2,8 im Weitwinkelbereich. Klar die Nase vorn hat hier Sony mit einer Anfangsöffnung von 2,0.
Je nach fotografischen Vorlieben kann auch der Zoombereich zum Kriterium werden: Wer gerne Weitwinkelaufnahmen macht, dürfte die anderen Geräte dem Nikon-Modell vorziehen; letzteres kann dafür mit einem vergleichsweise langen Tele auftrumpfen.





• Monitor/Sucher: Einen grossen und hochauflösenden Monitor bieten alle der High-end-Modelle. Bei allen Geräten lässt sich der Monitor ausserdem zur Kamera verschwenken: Bei Konica Minolta und Olympus lediglich nach oben und unten, bei Canon und Nikon dagegen lässt er sich auch ausklappen und drehen. Bei der F828 schliesslich ist der komplette Body in bezug zur Objektiveinheit schwenkbar. Die beweglichen LCD sind immer dann praktisch, wenn Fotos aus ausgefalleneren Blickwinkeln gemacht werden wollen.
Wer auf das Spiegelreflex-Feeling steht, verzichtet auf den Monitor und benutzt den integrierten «optischen» Sucher; dieser besteht allerdings aus technischen Gründen bei allen Modellen aus einem (Mini-) LCD, das insbesondere bei hellem Sonnenlicht nützlich ist.



• Geschwindigkeit: Gleich drei Werte fallen in Sachen Performance ins Gewicht: die Startzeit, die Auslöseverzögerung und die Serienbildfolgezeit. Wenn sich die Digicam etwa fast soviel Zeit fürs Booten lässt wie ein ausgewachsenes Windows-System, werden dadurch Schnappschüsse effizient verhindert. Dieses Problem haben die meisten Hersteller mittlerweile in den Griff bekommen, Einschaltzeiten zwischen einer und zwei Sekunden sind durchaus akzeptabel. Ärgerlich ist dagegen die nach wie vor weitverbreitete Ausschaltung des Aufnahmemodus während der Bildspeicherung; Zweiwegbufferspeicher, in die auch geschrieben werden kann, während die vorhandenen Daten auf die Speicherkarte geschrieben werden, lösen dieses Problem, werden bisher aber nur in wenige Modelle wie der Powershot Pro1 eingebaut.
Als Auslöseverzögerung wird die Zeitspanne zwischen dem Ablauf der Kamera-internen Messungen für Autofokus und Belichtung und der eigentlichen Auslösung des Verschlusses bezeichnet, während der die Kamera den Sensor von Live-Vorschau auf Aufnahme umschaltet, damit die Daten ausgelesen werden können. Mit Werten von rund 0,2 Sekunden reagieren beispielsweise die F-828 und die A2 ansprechend schnell, während sich die Pro1 mitunter inakzeptable Denkpausen von über einer Sekunde erlaubt.
Mit einer Bildfolgezeit von rund 2,5 Bildern pro Sekunde geben sich alle Kameras in der Übersicht angemessen serienbildtauglich, einzig die C-8080 scheint mit 1,6 Bildern pro Sekunde eher behäbig. Das wird allerdings relativiert durch die geringen Buffergrössen: Bei der A2 ist bereits nach einer Sekunde und 3 Bildern Schluss mit Serienaufnahmen, bei den anderen Modellen ist der Zwischenspeicher nach rund 2 Sekunden voll.



• Handhabung: Ein äusserst wichtiges Auswahlkriterium ist die Handhabung der Kamera. Und dies ist durchaus wörtlich gemeint: Das Gerät muss dem Anwender gut in der Hand liegen - und das ist längst nicht bei allen Modellen so. Die besten technischen Daten nützen wenig, wenn die Kamera für die Hand des Fotografen zu klein oder die Bedienung durch zu kleine und zu eng beieinanderliegende Knöpfe und Tasten oder komplexe Menüstrukturen zu umständlich ist.



• Stromversorgung: Digitalkameras gelten als Stromfresser. Allerdings haben die Hersteller das Problem in letzter Zeit durch diverse Stromsparmassnahmen entschärfen können. Mit den mitgelieferten Akkus der in der Übersicht aufgelisteten Kameras liegen durchaus einige hundert Bilder drin. Einzig die Coolpix 8700 ist allerdings in der Lage, anstelle des Akkus auch eine Batterie des Typs 2CR5 aufzunehmen - praktisch, wenn keine Lademöglichkeit zur Verfügung steht. Ladegeräte werden zu allen Kameras mitgeliefert, bei der F-828 ist es allerdings eher ein Netzteil, da der Akku in der Kamera geladen wird.


• Speichermedium: Zwei Modelle, die C-8080 und die F-828, lassen dem Anwender die Wahl, welches Speichermedium er nutzen will; zusätzlich zum originären xD- respektive MemoryStick-Slot wurde jeweils ein Slot für CompactFlash-Karten eingebaut. Die anderen Hersteller setzten bloss auf CompactFlash. Dies ist keine schlechte Wahl, bieten doch CF-Karten nicht nur die derzeit höchste Kapazität, sondern auch das mit Abstand bessere Preis/Leistungsverhältnis als die Konkurrenten. Ausserdem können in CF-Slots auch Microdrives eingesetzt werden.
Bloss zwei der fünf Hersteller legen ihren Kameras ein Speichermedium in den Verkaufskarton: Olympus eine xD-Card mit relativ mageren 32 MB, Canon eine CF-Karte mit immerhin 64 MB Kapazität. Bei allen anderen Herstellern müssen zum Kamerapreis noch die Kosten fürs erste Speichermedium ins Budget genommen werden, was die im Vergleich zu Canon günstigeren Preise teils wieder relativiert.



• Besonderheiten: Je nach fotografischem Anspruch lohnt es sich, neben den Standardfeatures vor dem Kauf auch die Besonderheiten der Kameras zu vergleichen. So bietet etwa die A2 einen innovativen Bildstabilisator, der auch bei schwächerem Licht noch zu scharfen Aufnahmen verhelfen kann. Sogar in kompletter Dunkelheit macht die F-828 dank ihren Nightshot-Modi und dem lasergestützten Autofokus noch Bilder.
Ebenfalls einen Blick wert sind die Listen für optionales Zubehör. So können beispielsweise Nahlinsen, Weitwinkel- und Televorsätze oder Filter das fotografische Spektrum entscheidend erweitern. Leider bietet aber nicht jeder Hersteller für seine Kameras derartiges Zubehör an.


Nicht nur High-end

Natürlich basteln die Hersteller nicht nur an ihren High-end-Digicams. Im Gegenteil: Der Markt bietet eine unübersichtliche Fülle von Modellen, es gibt eigentlich für jeden Anspruch das passende Gerät zu finden. Und generell gilt auch hier, dass bei ständig sinkenden Preisen die Qualität und die Ausstattung der Kameras immer besser werden. So gibt es unzählige handliche Einsteigerkameras ohne viel Schnickschnack und mit 3 Megapixeln bereits ab wenigen hundert Franken. Wer höhere Ansprüche an das Design stellt, greift zu den sogenannten Edel-Minis - gestylte Gerätchen mit Metallgehäuse im Zigarettenpackungsformat, wie sie etwa Canon, Minolta oder Olympus herstellen. Für die Liebhaber der Telefotografie gibt es beispielsweise von Canon, Olympus und Panasonic Modelle mit langen Brennweiten und Bildstabilisator. Wer Spass an elektronischen Spielereien findet, kommt mit den neuesten Modellen von HP sicher nicht zu kurz. Und zwischen diesen Spezialitäten findet sich bei fast jedem Hersteller eine ganze Reihe von «normalen» Modellen, die die gesamte Bandbreite zwischen den Einsteigerknipsen und den anspruchsvollen Brückenkameras abdecken. Eine durchsuchbare Marktübersicht über alle erhältlichen Modelle bietet die Website Digitalkamera.de (www.digitalkamera.de), Testberichte über viele Geräte finden sich auf DPreview (www.dpreview.com), allerdings in englischer Sprache.





8-Megapixel-Kompaktkameras im Überblick




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