Manager geben MIS gute Noten

Schweizer Grossunternehmen sind mit ihren Management-Informationssystemen zufrieden. Künftig dürften auch KMU von Excel auf professionelle Systeme umsteigen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/09

     

Management-Informationssysteme (MIS) sind reifer geworden. Dieser klare Schluss kann aus einer Studie des Instituts für Rechnungswesen und Controlling der Universität Zürich und der Berater von KPMG gezogen werden. Demnach sind heute in den grösseren Schweizer Unternehmen rund 90 Prozent der Anwender mit der Leistung ihrer MIS zufrieden. Das war nicht immer so: In bezug auf ihr Kürzel waren sie lange als Miss-Management-Informationssysteme verschrien. Der in seiner Klarheit überraschende Befund findet sich in der Studie «Früherkennung und Überwindung von Unternehmenskrisen», für die KPMG Schweiz und das Institut für Rechnungswesen und Controlling der Universität Zürich schriftlich die CEOs der gemäss der Top-500-Liste der Handelszeitung 500 grössten Schweizer Unternehmen befragt haben. Die Rücklaufquote betrug dabei fast 30 Prozent.


Bei den Grossen Standard

Gemäss der Studie ist der Einsatz eines MIS in grossen Firmen heute praktisch Standard. 86 Prozent der Antwortenden nutzen demnach Informatiksysteme, die relevante Unternehmensdaten sammeln, aufbereiten und dem Management stufengerecht zur Verfügung stellen. Für Christian Kunz, der sich bei KPMG als Berater mit MIS befasst, ist dieser Wert auf den ersten Blick überraschend hoch. Aber es sei halt auch eine Frage, was man unter einem MIS genau verstehe. Er treffe in der Praxis viel Handgestricktes auf Excel-Basis an, so seine Erklärung. Bei den ganz grossen Unternehmen sind, laut Kunz, allerdings mehrheitlich integrierte Systeme im Einsatz. Und der Bedarf nach zeitnahen Informationen steigt auch bei den Mittelständlern. So muss beispielsweise ein Zulieferer heute schnell entscheiden, was eine Preisvorgabe eines grossen Herstellers für die Firma bedeutet, so Kunz. Auch der Mittelstand werde unter diesem Echtzeitdruck immer professioneller, was die Unternehmensführung angeht. Die Zeiten, in denen man noch mit Informationen aus der Vergangenheit, die vom Treuhänder geliefert wurden, habe planen können, sind demnach zumindest für Firmen, die im internationalen Konkurrenzkampf stehen, vorbei.


ERP bringt MIS in KMU

Die Studie selber gibt über die Art der MIS, die von den Unternehmen eingesetzt werden, keine Auskunft. Gerrit Tamm, Leiter des Kompetenzzentrums «Integriertes Informationsmanagement» der Universität St. Gallen und des Berliner Forschungszentrum Internetökonomie, bestätigt aber im wesentlichen die Erfahrungen des KPMG-Mannes Kunz. Während grössere Unternehmen Systeme ihrer ERP-Anbieter oder zusätzlich darin integrierte Business-Intelligence-Tools verwenden, herrschen bei KMUs zur Zeit noch Excel-Lösungen vor, so Tamm. Er erwartet aber, dass durch den derzeitigen Vorstoss von SAP und anderen High-end-ERP-Spezialisten in den KMU-Bereich innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre auch der Mittelstand vermehrt professionelle Systeme verwenden wird. Dass der MIS-Einsatz vor allem Frage der Unternehmensgrösse ist, zeigt auch eine feinere Aufschlüsselung der Untersuchungsergebnisse. So setzen bei den teilnehmenden Firmen mit einem Jahresumsatz bis zu einer Milliarde Franken rund 80 Prozent ein MIS ein. Liegt der Umsatz über einer Milliarde, sind es über 97 Prozent. Betrachtet man die einzelnen Branchen, scheren einzig die Energieversorger- und -Verteiler aus: Von ihnen haben nur 59 Prozent ein computergestütztes Informationssystem im Einsatz. Dies lässt sich allenfalls durch die halbstaatliche Herkunft dieser Firmen erklären. Als lokale Quasi-Monopolisten hatten sie sich bisher wenig um die Ertragsseite kümmern müssen. Mit der Liberalisierung des Strommarkts dürfte sich dies aber schon bald ändern.


Grosse Zufriedenheit

Fast noch überraschender als die starke Verbreitung der MIS ist die in der Studie festgestellte Zufriedenheit der Anwender mit den Systemen. Geht es um den Nutzen für den Geschäftsalltag und seine Planung wird ihre Wirksamkeit je nach spezifischer Frage von zwischen 86 und 93 Prozent der Antwortenden als hoch bis sehr hoch eingeschätzt (siehe Abbildung). Dieser hohe Zufriedenheitsgrad dürfte mit den Fortschritten der Standard-ERP-Systeme in diesem Bereich zusammen. Heute können die Daten aus deren mehrdimensionalen Datenbanken in verschiedenster Form und unmittelbar aufbereitet werden - im Gegensatz zu den langsamen, unflexiblen und aufwendigen früheren Verfahren.




Anwenderbeurteilung der Wirksamkeit von MIS


Nicht fit für Strategie

Einzig die Verwendbarkeit für die strategische Planung fällt hier klar ab. Dafür erachten "nur" 62 Prozent die MIS-Daten als wirklich nützlich. Die strategische Planung ist allerdings, laut Tamm, auch nicht die Kernfunktion eines MIS. Dieses ist heute auf die Erfassung der für die Unternehmenssteuerung relevanten Kennzahlen der Ergebnisrechnung wie Deckungsbeitrag, Umsatz, Cash-flow und Ergebnis ausgerichtet. Für eine strategische Planungsfähigkeit wäre aber eine ganzheitliche Betrachtung der Wertschöpfungssysteme inklusive der Erfassung von externen Markt- und Wettbewerbsdaten nötig, so Tamm. Solche Informationen kann aber beispielsweise ein ERP-System heute noch nicht liefern. Auch müssen die Systeme, laut Tamm, um Aussagen für die Zukunft zu machen, zusätzliche Methoden wie die Messung des Return on Investment und Balanced Scorecards integrieren. Interessanterweise bleibt aber die Intuition - trotz aller Zufriedenheit mit den von den computergestützten Systemen gelieferten Zahlen - eine wichtige Entscheidungsgrundlage für die Unternehmensführer. So geben in der Studie 49 Prozent der CEOs an, sich bei ihren Managemententscheiden im Endeffekt vor allem oder eher auf den eigenen Unternehmerbauch denn auf ein MIS zu verlassen. Nur 4 Prozent trauen demgegenüber ihrer Intuition überhaupt nicht, 47 Prozent setzen tendenziell eher auch auf die Resultate des MIS.


Infos

Die Studie kann auf dem Web heruntergeladen werden.




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