Fensterln mit dem Mac

Crossover Office bringt Windows-Applikationen auf den Intel-Mac – ohne Komplett-Virtualisierung und mit durchzogenem Erfolg.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/03

     

Kaum ein Jahr nach Beginn des Intel-Switches besitzen Mac-Anwender alle erdenklichen Möglichkeiten, Windows-Applikationen auf ihrem Apfel laufen zu lassen. Nachdem man Windows bereits direkt auf den Computern installieren oder eine Virtualisierungssoftware nutzen kann, bietet Codeweavers mit Crossover Office for Mac nun eine weitere Option an, bei der die Windows-Applikationen innerhalb von MacOS X betrieben werden.


Kompatibilitätsschicht

Die Grundlage von Crossover Office bildet WINE (WINE Is Not an Emulator). Bei WINE handelt es sich um eine Kompatibilitätsschicht, die es erlaubt, Windows-Programme auf dem X-Window-System ablaufen zu lassen. Da WINE die Systemaufrufe von Windows zur Verfügung stellt, laufen die Applikationen auf WINE fast gleich schnell wie auf dem Originalsystem. Die Entwicklung von WINE begann zwar schon 1993 und diente damals vor allem dazu, Windows-3.1-Applikationen unter Linux zu betreiben, allerdings ist nach wie vor nur ein kleiner Teil der Windows-APIs implementiert. Dies führt dazu, dass sich nur ein Teil der Windows-Applikationen mit WINE ausführen lassen.






Crossover Office erweitert WINE nun um einige Patches zur besseren Kompatibilität mit diversen Applikationen sowie komfortablen Administrationswerkzeugen, war bislang aber nur für Linux auf x86 erhältlich. Ein Betrieb auf anderen Architekturen ist nicht möglich, da WINE keine Emulationsfunktionen mitbringt. Apples Umstieg auf x86 ermöglichte es Codeweavers aber, nun auch die Anwender von MacOS X zu bedienen.


Alles in Flaschen

Crossover Office kommt als Disk Image daher und lässt sich durch einfaches Verschieben in den Applications-Ordner installieren. Sollte man noch keinen X-Server installiert haben, fragt Crossover Office beim ersten Start nach der ersten Installations-CD von MacOS X, um benötigte Komponenten zur besseren Integration in MacOS X nachladen zu können.
Sobald dies erledigt wurde, will Crossover Office bereits wissen, welche Software man installieren möchte. Dabei kann man aus einer Liste voll unterstützter Applikationen wie Internet Explorer oder Microsoft Office und der Installation einer nicht unterstützten Software wählen. Die Software kann direkt von CD oder von einem Installer auf der Festplatte aus installiert werden, wobei einige kostenlose Applikationen wie beispielsweise der Internet Explorer selbstständig von Crossover Office aus dem Internet heruntergeladen und installiert werden.








Die Installation erfolgt in virtuelle Windows-Umgebungen hinein, die in der Crossover-Terminologie Bottles heissen. Die Bottles verfügen alle über ihr eigenes Laufwerk C und eine unabhängige Registry. So können beispielsweise verschiedene Software-Versionen parallel installiert werden, was sonst nicht möglich wäre – man denke an verschiedene Internet-Explorer-Versionen. Die Bottles sind zudem in der Lage, die APIs von verschiedenen Windows-Versionen zwischen Windows 98 und XP nachzubilden.
Die Installation der verschiedenen Softwarepakete erfolgt, wie man es von Windows her kennt. Abgelegt werden die Programme in einem Ordner im Applications-Verzeichnis und lassen sich wie normale MacOS-X-Programme über einen Doppelklick aus dem Finder heraus starten.


Glückssache

Die Softwareprodukte, die von Crossover Office voll unterstützt werden (komplette Liste siehe www.codeweavers.com/compatibility) und die wir ausprobiert haben (unter anderem verschiedene Office-Versionen, Internet Explorer, Photoshop), liessen sich in der Regel problemlos installieren und betreiben. Copy and Paste funktioniert problemlos, ebenfalls Sonderzeichen, sofern man die im Einstellungsdialog von Crossover Office konfigurierten Tastenkombinationen verwendet, die nicht den Standardkombinationen von MacOS X entsprechen. Dies gilt auch für andere Shortcuts.



Dateien, die mit einem Windows-Programm erstellt wurden, lassen sich nur mittels Doppelklick vom Finder aus öffnen, wenn man die Programmzuordnung manuell auf ein Crossover-Hilfsprogramm ändert, das dann das Laden der Datei im passenden Programm übernimmt. Dateien mittels Drag and Drop in den Windows-Programmen zu laden, ist nicht möglich.
Enttäuschend ist, dass die unterstützte Software den aktuellen Produkten meist mehrere Generationen hinterherhinkt. Während durchaus verständlich ist, dass mit Office 2007 noch nicht viel zu wollen ist, wird beispielsweise Photoshop gerade mal bis und mit Version 7 unterstützt. Ähnlich sieht es auch mit diversen ehemaligen Macromedia-Produkten aus, deren Funktion wie bei Flash nur bis zur MX-Serie garantiert wird.






Wer versucht, nicht unterstützte Software zu installieren, begibt sich auf eine Reise mit ungewissem Ausgang. So gibt es Software, bei der bereits der Installer versagt (Adobe Creative Suite 2), während andere Produkte erst während der Benutzung abstürzen (OpenOffice.org 2.1) und wieder andere funktionieren. Immerhin wird kontinuierlich an der Erweiterung der unterstützten Produkte gearbeitet, bei der man auch beispielsweise mittels Spenden mithelfen kann.
Mässig Freude macht einem das Drucken: Während die meisten Applikationen tadellos mit dem Systemdrucker zusammenarbeiten, verabschieden sich andere wie der Internet Explorer 6 jedes Mal beim Start des Druckvorgangs.


Licht und Schatten

Wie man sieht, ist Crossover Office for Mac durchaus noch mit einigen Mängeln behaftet. Die Programme, die standardmässig unterstützt werden, laufen in der Regel problemlos, erreichen aber nicht die gleiche Funktionalität wie unter Windows und sind teilweise auch etwas hakelig zu benutzen. Die Ausführungsgeschwindigkeit soll laut Hersteller auch noch verbesserungsfähig sein, was sich mit den nächsten Versionen und einigen Verbesserungen seitens Apple am Betriebssystem ändern soll. Mit den nicht standardmässig unterstützten Applikationen ist in den meisten Fällen nichts zu wollen. Hier hilft nur der Griff zum Original-Windows. Dies dürfte ohnehin im Moment die beste Wahl für die meisten Anwender sein, insbesondere, wenn der Umstieg von Windows auf Mac sanft vonstatten gehen soll oder ein Windows für die Benutzung spezieller Hardware nötig ist. Crossover Office eignet sich mehr als Notlösung, wenn man als Webdesigner eine Webseite im Internet Explorer prüfen oder Dateien in nur auf Windows erhältlichen Programmen wie Visio öffnen muss. Und dies, obwohl die Integration in MacOS durchaus gelungen ist.




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