Office geht auch ohne Office

Browserbasierte Office-Dienste bieten heute genügend Power und Funktionalität für die schnelle Büroarbeit zwischendurch.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/06

     

Die tägliche Büroarbeit lässt sich auch ohne Installation einer Office-Suite erledigen – und damit ist nicht etwa der Rückgriff auf Papier und Bleistift gemeint: Zumindest wenn es nach den Versprechen der immer zahlreicheren Anbieter Web-basierter Office-Anwendungen geht, genügen als Startrampe für die Büro-arbeit künftig ein Browser und ein schneller Internetanschluss.


Viele Einzelapplikationen, einige Suiten

Unsere Marktübersicht zeigt, welche Office-Anwendungen aktuell als kostenlose oder abonnierbare Web-Dienstleistung verfügbar sind. Nicht berücksichtigt sind Office-orientierte Intranet-lösungen, die auf einem Server im eigenen Haus installiert werden – genau aus diesem Grund erscheint auch der Kollaborationsserver Zimbra, der eigentlich als Musterbeispiel für den gekonnten Einsatz der AJAX-Technik für benutzerfreundliche Browser-Anwendungen gilt, nicht in der Tabelle.





Die meisten Browser-gestützten Office-Lösungen befassen sich mit einer Einzelaufgabe: Es gibt Textverarbeitungsprogramme, Spread–sheets, Kalender, Anwendungen fürs Projektmanagement und andere kollaborative Aktivitäten.
Nur zwei Anbieter offerieren ganze Suiten: Thinkfree, schon länger bekannt mit einer preisgünstigen, als konventionelles Paket erhältlichen Bürosuite, stellt seine Java-basierten Applikationen Write (Textverarbeitung), Calc (Tabellenkalkulation) und Show (Präsentation) seit kurzem auch als Online-Service zur Verfügung, in der Grundversion inklusive 30 Megabyte Online-Speicherplatz völlig kostenlos. Die Thinkfree-Suite ist von der Bedienung her stark an Microsoft Office angelehnt, funktioniert einwandfrei und eignet sich durchaus als Office-Ersatz.






Bei gOffice ist das Präsentationsprogramm erst in Entwicklung, dafür gibt es neben den obligaten Text- und Tabellenfunktionen eine Desktop-Publishing-Anwendung mit Vorlagen für Visiten- und «Thank You»-Grusskarten; später sollen weitere Dokumententypen von der Speisekarte bis zum Lebenslauf hinzukommen.
Für die Weiterverwendung generiert gOffice ein hochauflösendes PDF-File, das lokal gesichert, betrachtet und gedruckt werden kann. In Microsoft-kompatiblen Formaten wie doc und xls lassen sich gOffice-Arbeiten nicht sichern – dieses für jede ernsthafte Nutzung unabdingbare Feature wird auf der gOffice-Website zwar in Aussicht gestellt, ist bisher aber offenbar nicht implementiert worden.
Auch der eher dürftige Editor, der mit seiner Beschränkung auf HTML-Formate statt freier Wahl von Schriftart und -grösse wenig zum Experimentieren einlädt, schmälert die Attraktivität.


Beta ist Standard

Der Status von gOffice zeigt exemplarisch, wie jung der Grossteil der Browser-Officelösungen noch ist: Praktisch alle aufgeführten Anbieter bezeichnen ihre Produkte als Betaversionen und weisen darauf hin, man sei noch an der Entwicklung. Nicht zuletzt deshalb kosten die meisten Dienste (noch) nichts. Dennoch lassen sich die Applikationen stabil und mit erträglicher Geschwindigkeit nutzen, und ausser gOffice können praktisch alle Lösungen Dokumente im MS-Standard öffnen und sichern.
Ausser Thinkfree Office Online, das als Java-Applet daherkommt, und dem Flash-basierten goowy wurden alle Anwendungen auf AJAX-Basis programmiert und reizen die JavaScript-Fähigkeiten des Browsers bis ins letzte aus.
Nicht alle Lösungen funktionieren deshalb auf allen Plattformen gleich gut. Mit Internet Explorer 6 liegt der Windows- und mit Firefox der Mac- oder Linux-User im allgemeinen aber bestens im Rennen. Safari und der KDE-Browser dagegen machen meist Schwierigkeiten.


Text und Spreadsheet

In der Web-2.0-Szene figuriert die Online-Textverarbeitung Writely als Musterbeispiel für topmoderne Web-Applikationen. Vor kurzem hat sich Google den Hersteller Upstartle geschnappt – einerseits ein willkommenes Indiz dafür, dass das Web-basierte Office langsam in den Mainstream vorstösst, andererseits ärgerlich, weil bis auf weiteres keine neuen User aufgenommen werden. Wir konnten Writely deshalb nicht unter die Lupe nehmen – aber es stehen valable Alternativen bereit, auf die sich ein Blick lohnt.





Sowohl Zoho Writer als auch Writeboard warten mit einer umfassenden Versionsverwaltung auf. Mit Zoho Writer erstellte oder von Word importierte Texte lassen sich per Mausklick direkt in Blog-Systeme wie WordPress, Blogger und TypePad übertragen oder als PDF-, HTML- oder Word-Dokument exportieren. Writeboard erlaubt keinen Import und exportiert nur im Textformat, legt dafür aber besonderen Wert auf die Zusammenarbeit: Der Autor kann andere Teilnehmer zur gemeinschaftlichen Bearbeitung einladen. Darüber hinaus bietet Writeboard direkte Integration mit der interessanten Organizer-Anwendung BackPack, die ebenfalls von 37signals entwickelt wurde.






Auch Rallypoint und JotSpot Live stellen die Kollaboration in den Mittelpunkt. JotSpot Live ist eine Art Wiki-System mit besonders einfacher Bedienung. Auch Rallypoint basiert auf einem Wiki-artigen Kern und arbeitet mit «Seiten» statt «Dokumenten», bietet aber mehr WYSIWYG-Editiermöglichkeiten, ergänzt durch 25 Megabyte Gratis-Speicherplatz.
Guter Import und Export im Standardformat (.xls oder .csv) ist bei Spreadsheets noch wichtiger als bei der Textverarbeitung. Numsum und iRows brauchen sich diesbezüglich nicht zu verstecken; beide Services bieten umfassende Kalkulationsfunktionen und generieren sogar Charts. Während Numsum als Urmutter der Online-Spreadsheets gilt, kommt iRows in etwas modernerer Anmutung daher.





Auch Jotspot Tracker macht einen sehr aufgeräumten Eindruck, erlaubt gemeinschaftliches Editieren durch mehrere Teilnehmer und stellt Datums- und US-Adressangaben wahlweise auch als Kalender beziehungsweise via Google Maps als Karte dar.


Kalender, Kollaboration und mehr

Web-basierte Agenden gibt es zuhauf. Wir haben mit 30Boxes und CalendarHub nur die zwei bekanntesten Vertreter aufgeführt.
Goowy kombiniert Kalender, Kontaktverwaltung und Mail-Client und zeigt sich mit einer eleganten Flash-Oberfläche. Noch weiter geht Basecamp: 37signals hat mit diesem Online-Service den Massstab für Web-basiertes Projektmanagement gesetzt.
Auch in der Schweiz wird das Web-basierte Office vorangetrieben. Die Prologon AG hat eine Browser-Variante ihrer Büroadministrationssoftware Procash ins Netz gestellt, die im Endausbau neben den bereits fertigen Teil-bereichen Adressverwaltung und Dokumentenmanagement auch finanzorientierte Funktionen wie Einkauf, Verkauf und Fibu abdecken soll.
Wer mehr Individualität möchte, greift zu Zoho Creator. Mit diesem hochinteressanten Online-Applikationsgenerator erstellt man ohne HTML- oder PHP-Programmierung per Mausklick ansehnliche Web-Anwendungen mit AJAX-angereicherter Oberfläche und einer Datenbank im Hintergrund.





Achtzehn web-basierte Lösungen für die Büroarbeit

(ubi)


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