Editorial

Sutter Bits & Bytes: Das grosse Interview mit Bundesrat Leuenberger ade


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2014/09

     

Der frühere Bundesrat Moritz Leuen­berger zu Mobilkommunikation, Funkwellen, Geschwätzigkeit und Wasser­allergien.

Fritz Sutter:Herr Bundesrat ade, wir freuen uns, dass Sie sich unseren Fragen stellen.
Bundesrat Leuenberger:
Bitte schreiben Sie a.D. korrekt in zwei Buchstaben und mit Punkt, das D bitte gross in Majuskel.

FS:Wir werden in der nächsten Ausgabe ein Korrigendum machen. Zur Sache: Sie gelten als Erfinder der Handy-Bremse.
BR L:
Sie meinen die Handbremse? Sie überschätzen mich. Die wurde von Karl Benz für Autos und den Gebrüdern Shimano für Velos entwickelt.

FS: Nein, wir meinen wirklich die Handy-Bremse. Sie waren doch als damaliger Bundesrat verantwortlich für die bei der Mobilfunkverbreitung in der Schweiz zehnmal strengeren Grenzwerte als im Ausland. Das führt bekanntlich zu schlechterem Empfang und einer viel grösseren Zahl von Antennen.
BR L:
Äh … ich kenne mich in den Details nicht so aus, ich war mehr für das grosse Ganze zuständig, für die Wetterprognosen und so. Man fragt sich ohnehin, warum die Leute so viel schwatzen. In meinen Reden sagte ich eigentlich alles, was zu sagen ist. Von denen, die heute nichts zu sagen haben, ist kaum mehr einer still. Im übrigen benutze ich lieber mein altes Telefon, das an einer Schnur befestigt ist. Man verliert es weniger.


FS:Sie meinen das gute alte schwarze Festnetztelefon. Gibt es das noch?
BR L:
Bei mir funktioniert es, nur die Wählscheibe ruckelt hin und wieder.

FS: Zurück zur Mobilkommunikation. Die Netzbetreiber beklagen massive Verteuerungen und Verzögerungen beim Netzausbau, auch wegen Baurecht- und anderer Vorschriften.
BR L:
Man muss heutzutage vieles berücksichtigen. Heimatschutz, Datenschutz, Denkmalschutz, Vogelschutz und so weiter. Ich kenne einen Bau am Zürichsee, der redimensioniert werden musste wegen der Anflugschneise der dort ansässigen Feldlerche. Es bleibt uns gar nichts erspart.


FS: Das alles führt zu höheren Telefontarifen. Stört Sie das nicht?
BR L:
Einerseits ja, anderseits vielleicht doch nicht, ich meine es ganz reziplikativ. Wie ich schon immer sagte: Das Teure an mir war nicht der Bundesratslohn, sondern sind meine Folgeschäden. Den Preis bezahlen am Schluss die Handy-Nutzer. Im Gegenzug subventioniert der Bund die Stiftung für Konsumentenschutz und den Preisüberwacher, welche dann die hohen Tarife anprangern dürfen. So schliesst sich der Kreis in wunderbarer Weise. Ist das nicht schön?

FS:Obwohl seit Jahren geforscht wird, belegen inzwischen buchstäblich Tausende von Studien die Gefahrlosigkeit von Mobilfunkwellen. Oder der Nocebo-Effekt: Leute, deren Wohlsein tangiert wird in Blindversuchen, auch wenn keine Antenne eingeschaltet ist.
BR L:
Das verdanken wir den professionellen Angstmachern. Kommt dazu, dass es halt Leute gibt, die keine grösseren anderen Sorgen haben. Ist das nicht auch schön? Ich muss aber in diesem Zusammenhang auf die Langzeit­effekte hinweisen. Es gibt beispielsweise viele Leute, die unter Wasserallergie leiden.


FS: Das gibt es? Wie wirkt sich das aus?
BR L:
Das weiss man nicht, man ahnt es nur. Die Stringenz der Syndrome ist frappant. Sie spüren bisher nichts. Noch nichts. Es braucht für den Nachweis seriöse Langzeitstudien.

FS: Sollte man das Wassertrinken deshalb vorläufig einschränken oder ganz verbieten?
BR L:
Ja, jedenfalls staatlich regulieren, mindestens bis zum Vorliegen klarer wissenschaftlicher Erkenntnisse. Man sollte den Grenzwert von Wasser nachhaltig halbieren, von H2O auf H1O. Oder sich mit Bier und Wein behelfen, weil man dann weiss, was man davon hat. Ich war schon immer ganz meiner Meinung: No risk, no fun!


FS: Wir danken Ihnen für das Gespräch, Herr Bundesrat. Ade.



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