Glasfaser ist nicht gleich Glasfaser
Quelle: EWZ

Glasfaser ist nicht gleich Glasfaser

Von Roman Leiser

Seit einigen Jahren schiessen Rechenzentren in der Schweiz wie Pilze aus dem Boden. Die Anbindung ist dabei für viele Unternehmen eine grosse Herausforderung.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2014/07

     

Erdbebensicher, brandsicher, klimatisiert, mit Notstromaggregaten versorgt, mit schnellen und sicheren Leitungen verbunden, videoüberwacht, vor Spionen oder gar Flugzeugangriffen geschützt müssen sie sein. Die Rede ist nicht etwa von Atomkraftwerken – die bestimmt ähnliche Sicherheitsvorkehrungen benötigen – sondern von Rechenzentren. Seit ein paar Jahren findet in der Schweiz ein regelrechter Datacenter-Boom statt. Dass ausgerechnet die Schweiz ein beliebter Ort ist für die hochmodernen Sicherheitskomplexe, in denen Daten aus aller Welt gespeichert werden, ist natürlich kein Zufall. Die stabile politische Situation, eine ausgezeichnete IT-Infrastruktur, das geringe Risiko von Naturgefahren und der hohe Datenschutz (mehr dazu auf den Seiten 32 bis ) zählen zu den wichtigsten Faktoren und werden oft als Vermarktungspunkte für den Standort Schweiz genutzt.

Datenmengen im Quadrat

Die globale Datenmenge steigt weiterhin rasant an. Sie verdoppelt sich ungefähr alle zwei Jahre. Das bedeutet, dass auch die Anforderungen an Datentransport- und Speicherkapazitäten in den letzten Jahren enorm gestiegen sind. Beide Trends sollen sich gemäss Experten fortsetzen. Ursache dieser Zunahme sind einerseits die Endanwender: Ob Zuhause oder unterwegs, die klassische Einwegkommunikation wie zum Beispiel beim TV-Konsum (Empfang von Informationen) wird ersetzt durch interaktive Anwendungen. Social-Media-Plattformen und Apps beispielsweise verlangen neu symmetrische Bandbreiten, unabhängig vom Device.
Andererseits steigen die Datenmengen auch auf Seite der Unternehmen ungebremst. Das Zauberwort hier heisst seit einiger Zeit Cloud Computing. Ergänzt wird es immer häufiger durch das komplette Outsourcing der IT und von Daten, was den Unternehmen zahlreiche Vorteile bringt. Werden die Software und Daten eines Unternehmens nämlich in einem externen Rechenzentrum untergebracht, liegt das Fachwissen bei Experten, und das Unternehmen kann sich auf sein eigentliches Kerngeschäft konzentrieren. Zudem können so Kapazitätsengpässe vermieden werden.
Nicht zuletzt spielen selbstverständlich auch die Kosten eine tragende Rolle. Bau und Betrieb einer redundanten und effizienten Server-Infrastruktur oder eines eigenen Datacenters sind nämlich mit enormen Kosten verbunden. Dabei darf man die Auslagen für Strom nicht unterschätzen, die hauptsächlich für die Kühlung der Server notwendig sind. Werden mehrere Unternehmen in einem Rechenzentrum untergebracht, können diese Betriebs­kosten aufgeteilt werden. So wird Technologie zu einer Dienstleistung.

Glasfasernetze sind gefragt

Datacenter als Teil des Cloud Computing erlauben also eine flexible und skalierbare Form der Datenverwaltung und -verarbeitung. Ein weiterer wichtiger Aspekt dabei ist der Datentransport. Wie kommen die Daten vom Unternehmen ins Datacenter und wieder zurück? Und wie schnell geschieht dies?
Unbestritten ist heute, dass nur Glasfasernetze die langfristige Lösung sein können. Glasfasern erlauben weitaus höhere Bandbreiten als andere Technologien, zudem sind sie symmetrisch. Das heisst, es können gleich schnell Daten hoch- und runtergeladen werden. Derzeit stehen für solche Punkt-zu-Punkt Glasfaserverbindungen Bandbreiten mit bis zu 100 Gbit/s zur Verfügung, zudem ist man dabei, Lösungen für die Standardisierung von Bandbreiten, die grösser als 100 Gbit/s sind, in die Wege zu leiten.

Bau und Unterhalt anspruchsvoll

Die Anbindung eines Unternehmens an ein Datacenter bringt diverse Herausforderungen mit sich. Bereits beim Bau der Leitungen können erste Sicherheitsprobleme auftauchen, denn nicht alle Anbieter haben ihre Fasern tief genug im Boden verlegt. Optimal ist, wenn Glasfaserkabel gemeinsam mit den Stromleitungen in Beton-Rohrblocks in einer Tiefe von 60 bis 120 cm oder gar tiefer verlegt sind. Bauarbeiter kommen so nur in seltenen Fällen mit diesen Kabeln in Kontakt. Diese Methode ist zwar kostenintensiver, dafür wird dadurch gewährleistet, dass die Verbindungen sehr zuverlässig sind und eine extrem hohe Verfügbarkeitsgarantie bieten.
Ein wichtiger Faktor bei der Wahl der besten Anbindung an ein Rechenzentrum ist auch, wie gut das Glasfasernetz des Anbieters bereits ausgebaut ist. Je nachdem muss weniger neu gebaut werden. Idealerweise fehlt nur das letzte Stück von der Strasse bis ins Gebäude des Unternehmens. Dies hat zwei Vorteile: Einerseits sinken die Kosten für den Kunden, andererseits kann dadurch der ganze Anbindungsprozess beschleunigt werden. In der Stadt Zürich ist eine Verbindung an ein Data Center im Optimalfall innerhalb von vier bis zwölf Wochen realisierbar.
Einige Betreiber von Rechenzentren bieten auch das sogenannte Peering an, also einen Zusammenschluss von gleichrangigen internationalen Datacenter-Netzwerken, die Daten untereinander austauschen. Diese bringen den Vorteil mit sich, Daten auch international in einem geschlossenen System verfügbar zu machen. Ihr vermeintlicher Vorteil kann gleichzeitig aber auch ein Nachteil sein, die Daten verlassen dann nämlich das Schweizer Rechtssystem. Für gewisse international tätige Unternehmen ist eine Peering-Lösung jedoch unumgänglich.

Es braucht komplett getrennte Netze

Um grösstmögliche Sicherheit und maximale Verfügbarkeit zu garantieren, werden Unternehmen in der Regel redundant an ein Datacenter angebunden. Zur «normalen» Leitung wird also eine zusätzliche, geographisch getrennte Wegführung erstellt. Dabei muss beachtet werden, dass sich die Verbindungen nicht kreuzen. Ist eine Leitung defekt, können die Daten so noch immer über die zweite Leitung übertragen werden.
Eine umfassende und übersichtliche Dokumentation über die komplette Anbindung schafft Transparenz und erleichtert die Störungsbehebung. Am besten lässt man sich darum einen genauen Streckenplan zeigen oder aushändigen, der die Trasseeführung der Leitungen offen legt. Dieser Plan ist insbesondere bei Redundanzprojekten sehr wichtig.

Verschlüsselung beim Transport

Eine weitere Herausforderung beim Anschluss an ein Rechenzentrum ist die Datensicherheit. Es gibt verschiedene Strategien, um die Sicherheit von Daten zu gewährleisten. Aber es ergibt wenig Sinn, die Daten im Rechenzentrum maximal zu schützen, während sie auf dem Weg dorthin gefährdet sind.
Um auch auf dem Transportnetzwerk die Datensicherheit zu erhöhen, gibt es grundsätzlich folgende Möglichkeiten: Erstens kann man eine durchgehende Glasfaserverbindung (Dark Fiber) wählen, die einem exklusiv zur Verfügung steht. Zweitens sollte das Unternehmen sich mittels Service Level Agreements (SLAs) ein möglichst hohes Service Level zu­sichern lassen. Drittens bietet wie erwähnt eine Redundanz mit zwei unabhängigen Wegführungen eine zusätzliche Sicherheit.
Schliesslich können die Daten auf ihrem Weg zwischen dem Unternehmen und dem Rechenzentrum auch im optischen Transport-Layer verschlüsselt werden. Es handelt sich dabei um eine integrierte Verschlüsselung im Datenübertragungsgerät, welche der Netzwerkanbieter zur Verfügung stellt. Diese integrierte Verschlüsselungslösung ist sehr kosteneffizient und bietet neben der zusätzlichen Sicherheit zwei weitere Vorteile: Einen 100-prozentigen Datendurchsatz («Leitungsgeschwindigkeit») und tiefe Latenzzeiten bei der Datenübertragung.





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